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Engelstation

Engelstation

Titel: Engelstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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wie ein Schlag. Dies war kein Traum: Sie hatten ihren Wärtern und Wachposten ein Schnippchen geschlagen und waren an dem Ort, an den sie gehörten. Ubu lachte erneut und schüttelte seine langen Haare aus, dann streifte er den Raumanzug ab und befreite seine unteren Arme. Er dehnte seine verkrampften Schultermuskeln und betrat das Schiff. Hoffnung wallte in ihm auf. Er wagte kaum, es zu glauben.
    Sie befanden sich achtern von der Zentrifuge, im Lagerbereich des dicken Rumpfs, wo Proviant, medizinische Ausrüstung und persönliches Inventar untergebracht waren. Ubu wandte sich an Maria.
    »Warum haut ihr beiden nicht ab und amüsiert euch ein bißchen?« sagte er. »Wir müssen ein paar Treibstoffzellen aufladen, damit wir unseren Computer anschmeißen und einige Daten rauskopieren können, aber das schaffe ich auch alleine.« Er grinste. »Irgendwie wäre ich sowieso gern mal für ‘ne Weile allein.«
    Maria sah Kit an und streckte eine Hand aus. »Klar«, sagte sie. »Danke.«
    Kit wirkte überrascht. »Danke, Schiffsführer«, sagte er. Er nahm Marias Hand, und die beiden schwebten nach achtern.
    »Wo wir gerade hier sind«, sagte Maria, »laß uns ein paar von meinen Lieblingshormonen holen.« Sie führte ihn zum Schiffslazarett.
    Ubu drehte sich um und stieß sich in den Korridor ab, der zur Nabe der Zentrifuge führte. Warme Luft strich über seine Haut und seine Haare. Er war daheim und in Bewegung.
    Er sank von der Nabe zum Boden der Zentrifuge hinab, trat in den Kommandokäfig und nahm auf dem gepolsterten Liegesessel Platz.
    Die Kontrolltafel für die Schiffssysteme lag unter einer dünnen Schicht aus abgeblättertem Lack, der von den zerfallenden polymerisierten Innenwänden der Zentrifuge herabgerieselt war. Reihen roter Lampen starrten ihn leer an. Ubu streckte alle vier Hände aus, betätigte Kontrollen und begann mit der Initialisierung der Treibstoffzellen.
    Der Trick bestand darin, das Schiff startklar zu machen, ohne so viel Strom über die Versorgungsleitung der Station zu beziehen, daß der Verbrauch Aufmerksamkeit auf das Schiff lenkte; das hieß, daß es langsam und behutsam aus eigener Kraft in Betrieb genommen werden mußte, von den Treibstoffzellen über die Druckluftzufuhr für das Steuersystem bis zum Singularitätsantrieb und schließlich zum Reaktionsantrieb. Zwischendurch mußten die nötigen Schiffssysteme aufgeweckt werden, vor allem der Computer und das Lebenserhaltungssystem.
    Die Treibstoffzellen sprangen auf Betriebsbereitschaft. Ubu schaltete das Trägheitsnavigationgerät samt der dazugehörigen Meßinstrumente sowie den Torvald-Hauptcomputer ein, dann lud er die wichtigste Steuersoftware. Er aktivierte das Funkgerät und die mit der Station gekoppelten Kommunikationseinrichtungen und lauschte eine ganze Weile. Er hörte keinen Alarm. Er lehnte sich zurück und wartete in der zunehmenden Stille.
    Aus der Nabe ertönte ein klagendes Miauen, und er schaute auf und sah, wie Maxim von der Leiter zur Nabe absprang. Seine Vorderpfoten waren direkt auf Ubus Brust gerichtet. Ubu grinste; ihm wurde leichter ums Herz. Er stützte sich ab, um den Aufprall abzufangen.
    Der Reflex kam daher, daß er zuviele Tage bei einer Schwerkraft von einem G gelebt hatte. Maxims Pfoten trafen ihn unerwarteterweise so leicht wie eine Feder. Eine blasse Wolke loser Haare stieg bei der Kollision auf wie Trümmer, die bei einer Explosion in alle Richtungen flogen, und der Kater prallte ab. Ubu lachte und fing ihn ungeschickt wieder ein. Maxim stellte sich auf seine Brust, beugte sich mit geschlossenen Augen vor und stieß mit dem Kopf an Ubus Stirn. Sein Schnurren war dröhnend laut. Er machte es sich auf Ubus Brust bequem, während Ubu ihn mit den unteren Armen von oben bis unten streichelte. Ubu rückte seinen Sessel in den Schienen weiter nach vorn. Seine oberen Arme bewegten sich über die Kontrolltafel für die Schiffssysteme und fuhren fort, sie zu aktivieren.
    Endlich hatte er das Gefühl, wieder hoffen zu können. Am liebsten hätte er seine Freude laut herausgeschrien. Seine Mannschaft war wieder beisammen, es gelang ihm, das Schiff unbemerkt startklar zu machen, und bald – in ein paar Stunden – würde es wieder ihm gehören. Das Schiff erwachte zum Leben, und er mit ihm.

    Maria sprang in der geringen Schwerkraft hoch und zog ihre Shorts an. Kit schaukelte in ihrer Koje hin und her, streckte die Hand zu einer Gebläsedüse aus und richtete einen Strahl kühler Luft auf seine nasse Haut.
    »Ubu

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