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Engelstation

Engelstation

Titel: Engelstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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noch fünfzig Meter betrug. Frachttore glitten auf. Frachtschlepper, die kein Bewußtsein besaßen – der Geliebten war klar, daß intelligente Wesen von der fremdartigen Umgebung der Runaway möglicherweise zu sehr erschreckt werden würden –, beförderten die Behälter zum wartenden Laderaum der Runaway und zurrten sie fest.
    Eine KI nach der anderen wanderte in die entgegengesetzte Richtung. Zwölf wußte, daß eine davon nicht an andere Clans verkauft werden würde. Die Geliebte wollte sie sezieren und herausfinden, wie sie funktionierte.
    Die Laderäume der Runaway begannen sich zu füllen. Der Austausch näherte sich seinem Ende.
    Die Freude der Geliebten durchströmte das ganze Schiff, so gewaltig, unbarmherzig und zielbewußt wie all ihre starken Gefühle.

14. KAPITEL

    Holographische Sterne schimmerten sanft auf Ubus Navigationsschirm. Neben den Sternen hingen Schriftzeichen im Raum – Codes, die von Menschen bewohnte Systeme kennzeichneten.
    Die Zivilisation.
    Irgendwo in seinem Innenohr nahm Ubu ein fernes Wispern von Traurigkeit wahr. Er plante den Rückflug der Runaway . Sobald sie die letzten paar Frachtbehälter verstaut, Zwölf an Bord genommen und die letzte KI abgeliefert hatten, würde es Zeit sein, Maria der Schönen adieu zu sagen …
    Ein rotes Lämpchen leuchtete an der Tafel auf. Der Navigationscomputer speicherte automatisch den Kurs.
    Während Ubu an der Navigationstafel arbeitete, handelte die schöne Maria an Bord des Schiffes der Geliebten den Vertrag für die nächste Lieferung aus: verbesserte KIs und bessere Software, zum Teil für Singularitätsschüsse, zum Teil für andere Zwecke gedacht, im Austausch gegen eine weitere Ladung pharmazeutischer Präparate.
    Sie hatte die Geliebte auch überredet, einen Vertrag zu unterzeichnen, wobei Zwölf als ihr Agent fungierte. Wenn die Behörden wissen wollten, wie die Runaway an ihre Fracht gekommen war, konnten sie einen rechtmäßigen, bindenden Kontrakt vorweisen, selbst wenn er unglaubwürdig wirken mochte. Da der ›Daumenabdruck‹ eindeutig nicht menschlich sein würde, hatte Maria eine Mikrokamera mitgenommen, um eine von Zwölfs Retinas zu photographieren. Zwölfs Augen waren ihrer Struktur nach menschlich genug, um akzeptiert zu werden, besonders wenn es Maria gelang, ein paar Einzelheiten etwas unscharf zu machen und die computergesteuerte Farbverstärkung einzusetzen.
    Die Rhythmen der Geliebten schlugen in Ubus Herz. Die hellen, holographischen Lichtpunkte leuchteten in ihrem Würfel aus Dunkelheit. Codeziffern standen für Angelica, Bezel, China Light und Salvador, die sämtlich nicht nur im Computer, sondern auch in Ubus Gedächtnis codiert waren, alles Schauplätze der einen oder anderen Niederlage …
    Er wollte nicht zurück.
    Bei seiner Rückkehr würde sich alles ändern, das war ihm klar. Ubu wollte das sonderbare, unsichere Glück, das er gefunden hatte, nicht verlieren. Er wußte, wie zart die Blase der Zufriedenheit war, die in diesen letzten Wochen in ihm aufgestiegen war, und er fürchtete, sie könnte unter der Belastung platzen, die es für ihn bedeuten würde, wieder unter anderen Angehörigen seiner räuberischen, unversöhnlichen Spezies zu leben.
    Er hatte alles, was er wollte – hier und jetzt. In dem von Menschen besiedelten Raum würde er es nur verlieren.
    Auch Maria.
    Von der Kommunikationstafel kam ein metallisches Klingeln. Maria hatte ihre Verhandlungen abgeschlossen und schickte Ubu nun die Aufzeichnung davon, damit er sie sich ansehen konnte. Ubu speicherte seinen Steuerkurs und trat an die Kommunikationstafel, wo er sich vergewisserte, daß die Aufzeichnung heil angekommen war.
    Aus dem Augenwinkel sah er, wie eine der Luftschleusenanzeigen von Grün auf Rot umsprang. Maria kam zurück.
    Ubu machte sich auf den Weg in die Kombüse. Er war spät dran mit der Zubereitung des Abendessens.
    Panik wimmerte flehentlich in Zwölfs Blut; die Lautstärke stieg hin und wieder zu einem klagenden Winseln völliger Verzweiflung an. Das Menschenschiff, das nur aus scharfen Winkeln und kaltem zernarbten Metall bestand, wurde mit jeder Sekunde größer, fremdartiger und überwältigender. Zwölf rang um Selbstbeherrschung, kämpfte mit dem unhandlichen Gurtzug des Anzugs und schaffte es nur mit knapper Not, seinen Flug noch rechtzeitig abzubremsen, um nicht mit dem Kopf voran in die silberne Flanke der Runaway zu krachen.
    Mit seinen klobigen Handschuhen betätigte er ungeschickt die Schleusenkontrollen,

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