EngelsZorn - Im Blutrausch
Dumas antworten konnte, war der Arzt mit zwei Sanitätern ins Treppenhaus gestürmt. Dumas und Isabelle wurden sofort verarztet. Nachdem die Verstärkung eingetroffen war, hatte Dumas sofort den Befehl erteilt, den Eingangsbereich sowie auch den Hintereingang der Renard S.A.R.L. abzusperren. Einige seiner Leute schickte er in die oberste Etage, die anderen ließ er außerhalb des Gebäudes Stellung beziehen.
Plötzlich tauchte Raoul Lélias im Treppenflur auf. Er war Prokurist der Renard S.A.R.L. Schon vor fünf Jahren hatte er die Prokura bekommen. Da war er gerade mal erst dreißig Jahre alt. Dieses Jahr rechnete Lélias fest mit einer Partnerschaft im Unternehmen. Für ihn gab es in der Tat nur eine einzige Beschreibung, die auf ihn zutraf: Workaholic. Lélias sah entsetzt zu Isabelle hinüber. „Was ist denn passiert? Wieso sind Sie verletzt? Wo ist Monsieur Renard?“
„Wer zum Teufel sind Sie? Haben Sie die Absperrung nicht gesehen?! Zutritt verboten! Wer hat Sie überhaupt durchgelassen?“, fauchte ihn Dumas schroff an. Es ärgerte ihn, dass man so leicht die Absperrung durchbrechen konnte. „Den pack‘ ich mir...“, murmelte er verärgert.
„Hören Sie, ich bin hier Prokurist! Eigentlich stehen ja Sie in der Erklärungspflicht! Wer sind Sie überhaupt?“, entgegnete Lélias trocken.
„Was heißt hier...“, setzte Dumas schon zum Wortgefecht an, als er jäh von Isabelle unterbrochen wurde. Sie wollte damit vermeiden, dass er sich an Lélias ausgelassen hätte. Seine schroffe Art war ihr inzwischen wohl bekannt und sie wollte ihm diese Tuchfühlung mit Dumas ersparen.
„Monsieur Renard ist ermordet worden!“, stieß Isabelle aus.
„Oh Gott nein!“, rief Lélias laut aus. „Jetzt kann ich die Partnerschaft in den Wind schießen! Alles für die Katz‘! All die Jahre umsonst geackert!“, murmelte er und ließ sich mutlos auf die Wand zurückfallen.
„Wie können Sie denn jetzt an so etwas denken? Haben Sie denn überhaupt kein Feingefühl?
Monsieur Renard ist tot!“, stieß Isabelle entsetzt aus.
Doch Lélias schenkte ihr keinerlei Beachtung mehr. Zutiefst enttäuscht war er darüber, dass er kostbare Zeit in die Renard S.A.R.L. investiert hatte, und nun all die Jahre vergeudet waren. Dass dies das Ende der Firma bedeutete, war ihm wohl bewusst.
Ein Sanitäter nahm Isabelle gerade Forts provisorischen Verband herunter. Der Arzt begutachtete die Wunde und holte anschließend eine Spritze aus seiner Arzttasche heraus.
„Wollen Sie gar nicht wissen, wer’s war?“ Isabelle sah zu Lélias hinüber, der immer noch mit geschlossenen Augen angelehnt an der Wand stand und sich selbst bedauerte.
Er öffnete die Augen. „Weiß man’s denn schon?“
Isabelle nickte. „Möglicherweis e Black Angel...“
„Black Angel? Wer ist das?“ , fragte Lélias.
Isabelle hatte auf irgendeine Art und Weise Mitleid mit Lélias. Für ihn war sein Job vor Jahren schon zum Mittelpunkt seines Lebens geworden, so dass nichts anderes mehr für ihn eine Rolle spielte und er für nichts anderes mehr Interesse zeigte, außer für die Firma. Solche Menschen bedauerte sie sehr. „Der Serienmörder! Haben Sie noch nie was von ihm gehört?“, erwiderte sie. „Die Zeitungen sind voll von ihm.“
Lélias sah sie verwundert an und schwieg.
„Wobei ich noch immer nicht verstehen kann, wieso er unseren Monsieur Renard getötet hat. Er war kein Adeliger... und was, wenn er’s nicht war?“ Sie sah zu Dumas hinüber. Der Arzt stand gerade bei ihm und sah sich die Augen an. Isabelle war sich nicht sicher, ob er sie gehört hatte. Sie richtete ihren Blick wieder auf Lélias. Er hatte seine Augen bereits wieder geschlossen und war nicht mehr ansprechbar. Dumas wurde auf die Trage gehievt und aus dem Treppenhaus hinausgerollt.
Auf dem Parkplatz wimmelte es inzwischen von Schaulustigen.
Jules Duval war bereits auf dem Gelände der Renard S.A.R.L eingetroffen und wartete sensationslüstern auf Inspektor Dumas. Duvals schmächtiger Körperbau und sein unappetitliches Aussehen lösten bei den meisten oftmals eine unbegründete Antipathie gegen ihn aus. Über seiner gekrümmten Nase trug er eine schwarze Hornbrille und es war nicht leicht, das Graublau als Augenfarbe zu erkennen, da die Gläser dunkel getönt waren. Sein fettiges Haar fiel ihm in die Stirn und sein verquollenes Gesicht war mit tiefen Narben übersät, die ihm als Andenken an seine Windpocken in der Kindheit geblieben waren. Das
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