EngelsZorn - Im Blutrausch
geflochtenen Leine gefesselt worden war. Nur bei den ersten drei Opfern lagen Unterblutungen und Abschürfungen der Haut vor...“
Dumas unterbrach Clavel in seinen ausführlichen Erläuterungen. „Das würde dann ja mit anderen Worten heißen, dass Renard bereits tot war, als ihm die Fesseln angelegt wurden?“
„Ja, so seh‘ ich das auch.“
„Was soll das denn für einen Sinn gemacht haben ? Black Ange l tötet die anderen drei Opfer sozusagen auf einem selbst gebastelten Schafott und bei Renard macht er sich nicht einmal mehr die Mühe, so lange zu warten, bis er den Hinrichtungsplatz vorbereitet hat. Nein, er schlitzt ihm die Kehle gleich an Ort und Stelle auf. Renard muss wahrscheinlich von ihm ziemlich unerwartet überrascht worden sein. Und wieso benutzt er für Renard ein anderes Fesselwerkzeug?“ Dumas fing an zu grübeln.
Clavel sah wieder in seinen Bericht. „Hör‘ zu, Léon, es kommt noch viel härter. Man hat bei ihm nicht nur ein anderes Fesselwerkzeug benutzt, sondern für den Hinrichtungsplatz auch ein anderes Tuchmaterial gebraucht. Bei den ersten drei Opfern wurde ein Tuch aus Leinen verwendet, bei Renard hingegen eines aus Baumwolle.“
„Steht auch im Bericht, wie lange Renard schon tot war, als man ihm die Fesseln angelegt hat?“
Clavel überflog ein paar Zeilen . „Den Zeitraum zwischen Todeseintritt und anschließender Fesslung könne man allerdings wissenschaftlich nicht fassen , schreibt der Gerichtsmediziner hier. Zur Todeszeitbestimmung selbst, also dem Zeitraum zwischen Untersuchung und Todeseintritt, verwendete der Gerichtsmediziner die Temperaturmethode. Hier steht.. . durch Messen der Rektal- und Umgebungstemperaturen und anschließender Berechnung des Zeitintervals über verschiedene Formeln ergab, dass der Tod zwischen sechs und sieben Uhr abends am Sonntag, des 19. Oktober 2003 eingetreten sein musste . Als Renard gefunden wurde, musste er bereits zwölf Stunden tot gewesen sein.“
„Ha t Black Ange l die ersten drei Opfer nicht immer gegen Mitternacht getötet?“ Dumas sah Clavel fragend an.
„Das habe ich dir übrigens gestern auch schon gesagt!“, entgegnete Clavel trocken.
„Wie heißt die Kleine gleich noch mal, die ihn gefunden hat?“
„Die mit de m K. O. Gas?“ Clavel grinste.
„Ja, Mann, verdammt!“, erwiderte Dumas genervt. Er konnte es nicht mehr ertragen, seit gestern schon von allen seinen Kollegen deswegen auf die Schippe genommen worden zu sein.
„Isabelle Dion.“
„Ja, genau die. Als ich mit ihr unten im Treppenhaus gesessen bin und der Arzt gerade an meinen Augen rumgefummelt hat, hat sie irgendetwas davon gefaselt, dass sie es merkwürdig findet, waru m Black Ange l von seinem bisherigen Schema abgewichen ist. Die ersten drei Typen waren alle adliger Herkunft, nur der vierte nicht, hat sie gesagt.“ Dumas machte ein nachdenkliches Gesicht.
„Mir gegenüber hat sie das gestern Nachmittag auch erwähnt.“, erwiderte Clavel. „Es gibt noch weitere Unterschiede, Léon.“ Clavel sah zu seinem Partner hinüber, der immer noch vor Renards Schreibtisch stand. „Das Herz wurde bei Renard ebenfalls anders entfernt als bei den ersten drei Opfern. Der hat bei Renard einen senkrechten, tiefen Schnitt in den Brustkorb gemacht, um es herauszuholen und ich sag‘ dir eins, der hat dabei eine richtige Sauerei veranstaltet, steht hier. Der Schnitt ging fast bis zum Bauchnabel runter. Wenn du mich frägst, wusste der nicht, wo das Herz saß. Wer sucht es schon bei den Gedärmen!?... hör' zu, aber bei den ersten drei Opfern wurde ein präziser Schnitt unterhalb des Herzens vorgenommen. Wenn ich das hier, was der Gerichtsmediziner schreibt, richtig übersetze, dann würde ich sagen, im Mordfall Renard is t Black Ange l wie ein Metzger vorgegangen, wohingegen er aber bei de Custine, de Canclaux und de Coutelle einen sauberen Einschnitt vorgenommen hat, um das Herz zu entfernen, und zwar wie ein Chirurg, steht hier. Ja und dann hat er bei den ersten drei Morden wohl eine Mordwaffe benutzt, die so scharf war, wie ein Skalpell oder ein Rasiermesser, aber bei Renard hat’s wohl eher nur zu einem etwas stumpfen Küchenmesser gereicht. Die konnten das anhand des durchbrochenen Hautgewebes am Einschnitt feststellen. Du kannst das hier ja nachlesen. Weißt du, was noch komisch ist? Hier steht, dass das Geständnis, das bei Renard gefunden wurde, nicht von ihm selbst geschrieben, sprich handschriftlich verfasst worden ist. Bei den anderen war das
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