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Englische Liebschaften (Nancy Mitford - Meisterwerke neu aufgelegt) (German Edition)

Englische Liebschaften (Nancy Mitford - Meisterwerke neu aufgelegt) (German Edition)

Titel: Englische Liebschaften (Nancy Mitford - Meisterwerke neu aufgelegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Mitford
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verliebt hatte. Linda war viel zu romantisch, als dass sie ohne Liebe geheiratet hätte, und ich, die ich bei der ersten Begegnung der beiden und während der Zeit ihrer ersten Liebe meist zugegen war, habe eigentlich immer verstanden, warum es so gekommen ist. Uns biederen Mädchen vom Lande erschien Tony damals wie ein Wesen aus einer anderen, glanzvollen Welt. Als wir ihn zum ersten Mal sahen, bei Lindas und meinem Einführungsball, machte er gerade sein letztes Jahr in Oxford, ein famoser junger Mann mit einem Rolls-Royce, ein paar prächtigen Pferden, erlesener Kleidung und einer großen luxuriösen Wohnung, wo er sich als großzügiger Gastgeber betätigte. Er war groß und blond, etwas korpulent, aber mit einer wohlproportionierten Figur; schon damals spielte er sich gern ein wenig auf, doch Linda, der so etwas noch nie begegnet war, fand es nicht unattraktiv. Kurzum, sie sah ihn so, wie er gesehen werden wollte.
    Was ihm in ihren Augen sofort hohes Ansehen verlieh, war die Tatsache, dass er mit Lord Merlin zum Ball gekommen war. Das aber war eigentlich bloß ein unglücklicher Zufall gewesen, denn Lord Merlin hatte ihn erst in allerletzter Minute hinzugebeten, als Lückenfüller.
    Lindas Ball war bei Weitem kein solches Fiasko wie der von Louisa. Louisa, die jetzt eine Dame der Londoner Gesellschaft war, trieb eine ganze Anzahl junger Männer für das Fest auf, meist etwas schwerfällige blonde Schottenjungen mit ordentlichen Manieren; nichts, woran Onkel Matthew hätte Anstoß nehmen können. Mit den schwerfälligen dunkelhaarigen Mädchen, die Tante Sadie eingeladen hatte, kamen sie gut zurecht, und die Gäste schienen durchaus zueinander zu »passen«, auch wenn Linda die Nase sehr hoch trug und erklärte, allesamt seien sie unsäglich langweilig. Seit Wochen hatte Tante Sadie Onkel Matthew angefleht, nur ja freundlich zu den jungen Leuten zu sein, niemanden anzuschreien, und er war tatsächlich ganz zahm; man hätte ihn fast bemitleiden können, wie er da, voll des guten Willens und um Artigkeit bemüht, im Haus herumschlich, als läge oben ein Kranker.
    Auch Davey und Tante Emily waren gekommen, sie wollten meine Einführung in die Gesellschaft miterleben (Tante Sadie hatte sich erboten, mich zusammen mit Linda einzuführen und für uns eine gemeinsame Londoner Saison auszurichten, ein Angebot, das Tante Emily dankbar annahm), und Davey schwang sich zum Leibwächter von Onkel Matthew auf, um ihn so weit wie möglich vor weniger erträglichen Belästigungen abzuschirmen.
    »Ich werde ganz allerliebst zu ihnen sein, aber ich will diese Gullis nicht in meinem Geschäftszimmer sehen«, hatte Onkel Matthew nach einer der langen Mahnreden von Tante Sadie erklärt, und tatsächlich schloss er sich während des Wochenendes (der Ball fand am Freitag statt, und die Gäste blieben bis Montag) die meiste Zeit über dort ein und spielte 1812 und Der verwunschene Ballsaal auf dem Grammofon. Mit der menschlichen Stimme hatte er es in diesem Jahr nicht so.
    »Was für ein Jammer«, meinte Linda, während wir uns in unsere Ballkleider zwängten (richtige aus London diesmal, ohne flatternde Einsätze), »dass wir uns hier schön machen und herausputzen, und alles bloß für diese fürchterlichen Kerle, die Louisa da angeschleppt hat. Verschwendung nenne ich das.«
    »Auf dem Land kann man nie wissen«, erwiderte ich, »vielleicht kommt der Prinz von Wales ja doch noch.«
    Linda warf mir einen wütenden Blick zu. »Übrigens«, sagte sie, »ich setze große Hoffnungen auf die Gäste von Lord Merlin. Er bringt bestimmt ein paar wirklich interessante Leute mit.«
    Lord Merlin und seine Gäste kamen, wie beim letzten Mal, sehr spät und sehr gut gelaunt. Sofort fiel Linda ein großer, blonder junger Mann in einem prächtigen roten Jagdrock auf. Er tanzte mit einem Mädchen namens Baby Fairweather, das oft in Merlinford zu Gast war und ihn nun mit Linda bekannt machte. Er bat sie um den nächsten Tanz, sie ließ einen von Louisas Schottenjungen stehen, dem sie den Tanz schon versprochen hatte, und schwang sich in einem flotten One-Step davon. Wir hatten Tanzstunden genommen, und wenn wir auch nicht gerade durch den Raum schwebten, so waren unsere Bewegungen doch bei Weitem nicht mehr so peinlich ungelenk wie früher.
    Auch Tony war guter Laune, angeregt durch Lord Merlins guten Brandy, und Linda stellte voller Freude fest, wie gut und leicht sie mit diesem Mitglied aus dem Kreis von Merlinford zurechtkam. Was sie auch sagte,

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