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Englische Liebschaften (Nancy Mitford - Meisterwerke neu aufgelegt) (German Edition)

Englische Liebschaften (Nancy Mitford - Meisterwerke neu aufgelegt) (German Edition)

Titel: Englische Liebschaften (Nancy Mitford - Meisterwerke neu aufgelegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Mitford
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zur Leichenhalle gebracht.«
    »Wie furchtbar«, sagte ich.
    »Oh, ich habe noch ganz andere Sachen gesehen.«
    Am Cheyne Walk öffnete mir Lindas nette Haushälterin, Mrs. Hunt, die Tür. »Es geht ihr gar nicht gut, Ma’am, können Sie sie nicht mit aufs Land nehmen? Es ist nicht richtig, dass sie hierbleibt, in ihrem Zustand. Ich mag es gar nicht mit ansehen.«
    Linda war im Bad, ihr war übel. Als sie herauskam, sagte sie: »Denk bloß nicht, der Luftangriff hätte mich umgeworfen. Luftangriffe gefallen mir. Ich bin schwanger, daran liegt es.«
    »Liebling, ich dachte, du könntest kein zweites Kind bekommen.«
    »Ach, Ärzte! Nichts wissen sie, diese Dummköpfe! Natürlich kann ich, und ich sehne mich einfach danach, dieses Baby wird ganz anders als Moira, du wirst sehen.«
    »Ich bekomme auch eins.«
    »Nein – wie herrlich – wann?«
    »Ungefähr Ende Mai.«
    »Oh, genau wie ich.«
    »Und Louisa im März.«
    »Waren wir nicht tüchtig?«
    »Hör mal, Linda, warum kommst du nicht mit mir nach Alconleigh? Was hat es für einen Sinn, hier auszuharren? Für dich und für das Baby kann das nicht gut sein.«
    »Es gefällt mir«, sagte Linda. »Hier bin ich zu Hause, und ich bin gern hier. Und außerdem könnte jemand hier auftauchen, bloß für ein paar Stunden, weißt du, der mich besuchen möchte, und hier kann er mich finden.«
    »Du wirst umkommen«, sagte ich, »dann kann er dich nicht mehr finden.«
    »Liebe Fanny, sei nicht albern. Hier in London wohnen sieben Millionen Menschen, glaubst du wirklich, dass sie jede Nacht alle getötet werden? Bei Luftangriffen wird niemand getötet, es gibt immer eine Menge Lärm und eine Menge Durcheinander, aber Menschen kommen dabei anscheinend kaum ums Leben.«
    »Kaum … kaum …«, sagte ich. »Na dann, toi, toi, toi! Es ist doch nicht nur die Lebensgefahr, es bekommt dir auch nicht. Du siehst schlecht aus, Linda.«
    »Wenn ich mich zurechtgemacht habe, ist es nicht so schlimm. Mir ist so furchtbar übel, das ist das Schlimme, aber es hat nichts mit den Angriffen zu tun, und diese Phase ist auch bald überstanden, dann geht es wieder besser.«
    »Überleg es dir«, sagte ich, »es ist sehr nett in Alconleigh, ausgezeichnetes Essen …«
    »Ja, das habe ich gehört. Merlin hat mich besucht, und seine Geschichten von karamelierten Karotten in Sahne ließen mir das Wasser im Mund zusammenlaufen. Er sagte, er sei drauf und dran gewesen, alle Moral in den Wind zu schlagen und diesen Juan zu bestechen, damit er nach Merlinford kommt, aber ihm sei noch rechtzeitig eingefallen, dass er dann auch die Hopse übernehmen müsse, da hat er es lieber bleiben lassen.«
    »Ich muss gehen«, sagte ich zögernd. »Ich möchte dich nicht allein zurücklassen, Liebling, komm doch mit!«
    »Vielleicht später, mal sehen.«
    Ich ging hinunter in die Küche, wo ich Mrs. Hunt fand. Ich gab ihr etwas Geld für alle Fälle und die Telefonnummer von Alconleigh und bat sie anzurufen, wenn sie glaubte, ich könne irgendwie helfen.
    »Sie lässt sich nicht umstimmen«, sagte ich. »Ich habe alles versucht, aber es nützt nichts, sie ist störrisch wie ein Maultier.«
    »Ich weiß, Ma’am. Sie geht nicht mal aus dem Haus, um ein bisschen Luft zu schnappen, sitzt Tag für Tag am Telefon und spielt Karten mit sich selbst. Ist auch wirklich nicht richtig, dass sie hier so ganz allein schläft, wenn Sie mich fragen, aber sie lässt sich nicht zur Vernunft bringen. Letzte Nacht, Ma’am, uuih!, es war schrecklich, das Gedröhne die ganze Nacht, und diese miese Abwehr hat nicht einen runtergeholt, egal, was sie in den Zeitungen schreiben. Wenn Sie mich fragen, die haben Frauen an den Geschützen, und wenn’s so ist, kein Wunder … Frauen!« Eine Woche später rief mich Mrs. Hunt in Alconleigh an. Lindas Haus hatte einen Volltreffer bekommen, und sie suchten noch in den Trümmern nach ihr.
    Tante Sadie war frühmorgens mit dem Bus nach Cheltenham gefahren, um Einkäufe zu machen, Onkel Matthew war nirgendwo zu finden, deshalb nahmen Davey und ich einfach seinen Wagen, der mit Heimwehrbenzin vollgetankt war, und rasten nach London.
    Das kleine Haus war völlig zerstört, aber Linda und ihre Bulldogge waren unverletzt geblieben, man hatte sie gerade geborgen und im Haus eines Nachbarn zu Bett gebracht. Linda war ganz aufgeregt und außer sich und redete ununterbrochen.
    »Siehst du«, sagte sie. »Was habe ich dir gesagt, Fanny? Luftangriffe bringen niemanden um. Da sind wir und haben keine Schramme

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