Englische Liebschaften (Nancy Mitford - Meisterwerke neu aufgelegt) (German Edition)
gewickelt, auf dem Sofa.
»Ich habe immer gelacht, wenn Fabrice sagte, er kaufe mir alle diese Sachen, weil sie mir im Krieg nützlich sein würden, denn dann würde es schrecklich kalt werden, sagte er immer, und jetzt sehe ich, wie recht er hatte.«
Lindas Besitztümer erfüllten die anderen Frauen im Haus mit einer Art zorniger Bewunderung.
»Ich finde das wirklich unfair«, sagte Louisa eines Nachmittags zu mir, während wir unsere beiden Jüngsten in ihren Kinderwagen draußen herumschoben. Beide trugen wir steife schottische Tweedkostüme, die sich mit den leicht fallenden, anschmiegsamen französischen Kleidern nicht messen konnten, außerdem Wollstrümpfe, derbe Schuhe und selbst gestrickte Pullover in sorgfältig ausgewählten Farben, die auf Jacke und Rock zwar »abgestimmt« waren, aber doch nicht zu ihnen »passten«. »Linda läuft weg, erlebt diese herrliche Zeit in Paris und kommt überladen mit teuren Pelzen zurück, während du und ich – was haben wir davon, dass wir ein Leben lang denselben langweiligen alten Ehemännern treu sind? Schurwolle drei Viertel lang.«
»Alfred ist kein langweiliger alter Ehemann«, sagte ich als loyale Ehefrau. Aber ich wusste natürlich, was sie meinte.
Tante Sadie fand Lindas Kleider über die Maßen hübsch. »Wie geschmackvoll, Liebling«, sagte sie, wenn wieder einmal ein neues, hinreißendes Stück zum Vorschein kam. »Ist das auch aus Paris? Wirklich wunderbar, was man dort bekommen kann, und sogar fast umsonst, wenn man es geschickt anstellt.«
Woraufhin meine Mutter jedem, den sie mit ihren Blicken erreichen konnte, auch Linda selbst, heftig zuzwinkerte. In solchen Augenblicken wurde Lindas Gesicht zu Stein. Sie konnte meine Mutter nicht ausstehen; sie spürte, dass sie sich vor der Begegnung mit Fabrice auf dem gleichen Weg wie meine Mutter befunden hatte, und war entsetzt darüber, was sie am Ende dieses Weges erblickte. Meine Mutter hatte sich Linda in einer Haltung zu nähern versucht, die im Grunde besagte: »Machen wir uns nichts vor, meine Liebe, wir sind zwei gefallene Frauen.« Aber damit hatte sie überhaupt keinen Erfolg. Linda verhielt sich nicht nur kühl und reserviert, sondern direkt grob zu der armen Hopse, die nicht verstehen konnte, womit sie Linda beleidigt hatte, und deshalb anfangs sehr verletzt war. Dann begann sie, auf ihre Würde zu pochen, und erklärte, es sei eine Frechheit von Linda, sich so aufzuführen; sie sei doch auch bloß ein besseres Flittchen, und deshalb sei es sogar äußerst heuchlerisch und scheinheilig von ihr. Ich versuchte ihr Lindas schwärmerische Haltung zu Fabrice und zu den Monaten, die sie mit ihm gelebt hatte, zu erklären, aber die Gefühle der Hopse waren mit der Zeit zu sehr abgestumpft, sie konnte oder sie wollte es nicht verstehen.
»Sie hat mit Sauveterre zusammengelebt, stimmt’s?«, fragte mich meine Mutter, kurz nachdem Linda in Alconleigh eingetroffen war.
»Woher weißt du das?«
»An der Riviera wusste es jeder. Über Sauveterre wusste man irgendwie immer Bescheid. Es war eine ziemliche Sensation, weil es vorher so aussah, als hätte er sich für immer mit dieser öden Lamballe eingelassen; aber dann musste sie wegen geschäftlicher Dinge nach England, und die schlaue Linda schnappte sich ihn. Wirklich, ein guter Fang, Lippling, aber ich begreife nicht, warum sie die Nase deshalb so hoch trägt. Sadie weiß nichts, das habe ich schon gemerkt, und natürlich würden mich keine zehn Pferde dazu bringen, es ihr zu verraten, so bin ich ja nun nicht, aber ich finde, wenn wir alle zusammen sind, könnte Linda ein kleines bisschen netter zu mir sein.«
Die Radletts glaubten immer noch, Linda sei die treue Gemahlin von Christian, der sich jetzt in Kairo aufhielt, und natürlich war ihnen nie der Gedanke gekommen, das Kind könnte nicht von ihm stammen. Sie hatten ihr einigermaßen verziehen, dass sie Tony verlassen hatte, und hielten sich deshalb für außerordentlich tolerant. Von Zeit zu Zeit fragten sie Linda, was Christian denn so mache – nicht, weil es sie interessiert hätte, sondern damit Linda sich nicht ausgeschlossen fühlte, wenn Louisa und ich über unsere Ehemänner sprachen. Linda war dann genötigt, ein paar kleine Neuigkeiten aus imaginären Briefen von Christian zu erfinden.
»Sein Brigadekommandeur gefällt ihm nicht besonders«, oder: »Er schreibt, Kairo sei sehr lustig, aber es könne einem dort auch zu viel werden.«
In Wirklichkeit bekam Linda nie einen Brief. Seit
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