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Engpass

Engpass

Titel: Engpass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Diechler
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Anna an, als könne sie ihm eine Antwort auf eine nicht gestellte Frage geben.
    »Echt?« Anna lässt den Stein fallen, den sie gerade übers Wasser hüpfen lassen wollte. Sie nimmt all ihren Mut zusammen. »Ich hab nachgedacht, Dino. Sag mal, hat irgendwer von deiner Familie …«
    »… was mit dem Mord an der Bramlitz zu tun?« Dino schaut Anna frontal an. Er will ihr nicht ausweichen, das erscheint ihm lächerlich. Dabei ist er ängstlich wie ein kleines Kind, das man zu früh alleingelassen hat.
    »Und? Weißt du was?«, bohrt Anna nach.
    Statt zu antworten, wirft Dino seinen Stein übers Wasser. Er springt sechsmal, bevor er untergeht.
    »Vielleicht«, sagt er dann, ohne Anna noch einmal anzusehen.

     
    Es gab eine Zeit, da hatte Degenwald sich gewünscht, es gäbe Fred Maihauser nicht. Gewaltiger als je zuvor hatte er die Liebe empfunden, seine Liebe zu Silke. Eine Beziehung wie eine Einbahnstraße. Man konnte hineinfahren, kam aber nicht mehr heraus.
    Jetzt musste er mit Maihauser reden, um sicherzustellen, dass der nicht an dem Mord an Aurelia Bramlitz beteiligt war. Ihm wäre lieber, wenn er Götz Bramlitz dafür verantwortlich machen könnte. Eine Voreingenommenheit, die ihm nicht zustand. Er hasste sich für dieses Gefühl. Schon auf dem Weg in Maihausers Baufirma entscheidet er sich um. Er will zuerst Hanne einen Besuch abstatten. Nur ein Gefühl, beruhigt Degenwald sich. Schnell mal Guten Tag sagen. Was sollte er bei der ruhigen, besonnenen Hanne schon groß erfahren?

     
    Er bleibt bei ihr, bis die Dämmerung einsetzt. Dann hat er sie so weit. Erfährt alles, was er sich, selbst in seinen kühnsten Träumen, nicht hätte vorstellen können. Ohne Umschweife gesteht Hanne.
    »Selbstmitleid? Das hab ich längst hinter mir«, meint sie verbittert.
    Sie sei zu Aurelia gefahren, nachdem sie das von Freds Affäre gehört hatte. »Ich hab wissen wollen, ob mein Mann die Scheidung will.« Da sie sich nicht getraut hatte, ihn zu fragen, war ihr nur Aurelia geblieben.
    »Ich wollte Fred nicht verlieren, Karl. Um seine Liebe hätte ich notfalls auch gebettelt.«
    »Ja«, ist alles, was Degenwald entgegnet. Er spürt, wie eine seltsame Trauer in ihm aufsteigt. Darüber, Hanne Maihauser in diesem Zustand vor sich sitzen zu sehen. Unglücklich, verloren, schuldig.
    »Zur Rede wollt ich’s stellen. Mehr nicht. Du verstehst das doch?«
    Erneut nickt Degenwald. Er wartet auf die entscheidende Phase ihres Geständnisses. Darauf, wie weit sich ihre Schuld ausdehnt.
    »Ich bin in der Küche gewesen, hab einen Laib Brot in zwei Hälften geschnitten, weil ich eine einfrieren wollte. Da ist mir das Messer aufgefallen. Zum ersten Mal bewusst aufgefallen. Ich hab es eingesteckt, in meine Handtasche. Nur für den Notfall, hab ich mir gesagt. Ich wollte ihr zeigen, wie ernst es mir ist. Sie abhalten, mir meinen Mann wegzunehmen und Dino den Vater, den er endlich gefunden hatte.«
    »Hatte er denn nach einem gesucht?« Degenwald schaut Hanne eindringlich an.
    »Nein, natürlich nicht«, fällt ihr plötzlich auf. »Ich hab einen Vater für ihn gewollt.«
    »Was ist danach passiert? Als du bei Aurelia angekommen bist?«
    »Ich bin sofort zum Thema gekommen, als wir miteinander sprachen. Es lief gut anfangs. Sie sagte, es werde keine Scheidung geben. Das habe Fred ihr von Anfang an gesagt. Das hat mich beruhigt.«
    »Was hat dich dann aus der Fassung gebracht?«
    Hanne schwitzt plötzlich. Sie wischt sich die Hände ins T-Shirt, druckst eine Weile herum, bevor sie weiterspricht.
    »Aurelia sagte, dass sie sich ab jetzt wieder Anong nennen werde. Ihre Ehe sei nicht mehr glücklich. Schon lange nicht mehr.«
    Hanne, die die ganze Zeit über zu Boden geblickt hat, schaut plötzlich auf. Ihr Mund sträubt sich gegen die Wahrheit. Zumindest glaubt Karl Degenwald genau das wahrzunehmen.
    Draußen sind dunkle Wolken aufgezogen, die den Sommer aufzuhalten versuchen, wie Hanne ihre Geschichte.
    Degenwald schaut sie auffordernd an. Er weiß, was kommt. Er sieht es ihr am Gesicht an. Das ganze, furchtbare Drama.
    »Ich wusste, wenn sie unglücklich ist, wenn Aurelia nicht länger Aurelia bleiben will, sondern wieder sie selbst sein möchte, wird Fred mich verlassen. Er wird nicht zusehen, wie die Frau, die er liebt, unglücklich und allein ist. Vorher verlässt er mich und Dino.« Hanne schluckt verzweifelt ihre Tränen hinunter. Tapfer sieht sie Degenwald an, als sie den entscheidenden Satz ausspricht.
    »Dann hat das Messer, mein

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