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Enigma

Enigma

Titel: Enigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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kalte Geruch nach Kerzenwachs und Feuchtigkeit und Weihrauch beschwor Kindheitserinnerungen herauf. Ihm war, als könnte er auf einer Bank in der Nähe des Altars einen Kopf erkennen, und er ging darauf zu.
    »Miss Wallace?« Seine Stimme klang hohl und schien über eine große Entfernung zu tragen. Aber als er näher kam, sah er, daß es kein Kopf war, sondern ein über die Rückenlehne der Bank gelegtes Priestergewand. Er ging durch das Kirchenschiff zum Altar. Links davon stand ein steinerner Sarkophag mit einer Inschrift, rechts davon das Bildnis von Richard Lord Grey de Wilton, seit fünfhundert Jahren tot, in voller Rüstung hingestreckt, der Kopf auf seinem Helm ruhend und die Füße auf dem Rücken eines Löwen.
    »Die Rüstung ist besonders interessant. Aber schließlich war im fünfzehnten Jahrhundert Kriegführen die vornehmste Beschäftigung für einen Gentleman…«
    Er wußte nicht, wo sie hergekommen war. Als er sich umdrehte, war sie einfach da, ungefähr drei Meter hinter ihm.
    »Und das Gesicht ist gleichfalls gut, wenn auch nicht außergewöhnlich. Ich hoffe, es ist Ihnen niemand gefolgt?«
    »Nein. Ich glaube nicht, nein.«
    Sie tat ein paar Schritte auf ihn zu. Mit ihrem bleichen Gesicht und den langen, weißen Fingern hätte sie selbst eine Alabasterfigur sein können, herabgestiegen von Lord Greys Grabmal.
    »Vielleicht ist Ihnen das königliche Wappen über dem Nordportal aufgefallen?«
    »Seit wann sind Sie schon hier?«
    »Das Wappen von Königin Anne, aber - erstaunlicherweise - noch in der bei den Stuarts gebräuchlichen Form. Das Wappen von Schottland wurde erst im Jahre 1707 hinzugefügt. Das ist wirklich selten. Ungefähr zehn Minuten. Die Polizei ging gerade, als ich ankam.« Sie streckte die Hand aus. »Darf ich bitte meine Nachricht zurückhaben?«
    Als er zögerte, hielt sie ihm abermals die offene Hand hin, diesmal nachdrücklicher.
    »Die Nachricht bitte, seien Sie so gut. Ich ziehe es vor, keinerlei Spuren zu hinterlassen. Danke.« Sie nahm den Brief und verstaute ihn auf dem Grund ihrer riesigen Tasche. Ihre Hände zitterten so sehr, daß sie Mühe hatte, den Verschluß zuzumachen. »Wir brauchen übrigens nicht zu flüstern. Wir sind völlig allein hier. Abgesehen von Gott natürlich. Und der steht bekanntlich auf unserer Seite.«
    Er wußte, daß es vernünftig wäre, zu warten, ihr Zeit zu lassen, aber er brachte es nicht fertig.
    »Sie haben es überprüft?« sagte er. »Das Rufzeichen?« Endlich hatte sie es geschafft, den Verschluß zuzuklappen.
    »Ja. Ich habe es überprüft.«
    »Ist es Heer oder Luftwaffe?«
    Sie hob einen Finger. »Geduld, Mister Jericho. Geduld. Vorher gibt es ein paar Informationen, die ich von Ihnen haben möchte, wenn´s recht ist. Fangen wir damit an, wie Sie auf diese drei Buchstaben gekommen sind.«
    »Sie würden es nicht wissen wollen, Miss Wallace. Glauben Sie mir.«
    Sie hob die Brauen himmelwärts. »Gott behüte mich. Schon wieder einer.«
    »Wie bitte?«
    »Ich scheine mich in einem endlosen Kreis zu bewegen, Mister Jericho, von einem herablassenden männlichen Wesen zum nächsten, und immer wird mir gesagt, was ich wissen darf und was nicht. Nun, damit ist der Fall erledigt.« Sie deutete auf den Steinboden.
    »Miss Wallace«, sagte Jericho, um den gleichen Ton kühler Sachlichkeit bemüht, »ich bin auf Ihre Nachricht hin gekommen. Ich interessiere mich nicht für Alabasterfiguren - weder für mittelalterliche noch für viktorianische, und für altchinesische auch nicht. Wenn Sie mir sonst nichts zu sagen haben, dann wünsche ich Ihnen einen guten Morgen.«
    »Dann guten Morgen.«
    »Guten Morgen.«
    Er machte kehrt und eilte durch den Mittelgang auf die Tür zu. Du Idiot, sagte eine Stimme neben seinem inneren Ohr, du blöder, eingebildeter Idiot. Als er ungefähr die halbe Strecke zurückgelegt hatte, wurden seine Schritte langsamer, und als er beim Taufbecken angekommen war, blieb er stehen. Seine Schultern sackten herunter.
    »Schachmatt, scheint mir, Mister Jericho«, rief sie ihm fröhlich von den Altarstufen zu.
    »ADU war das Rufzeichen auf einer Serie von vier aufgefangenen Funksprüchen, die unsere gemeinsame Freundin aus Baracke 3 gestohlen hat.« Seine Stimme war verdrossen.
    »Woher wissen Sie, daß sie sie gestohlen hat?«
    »Sie waren in ihrem Schlafzimmer versteckt. Unter den Dielenbrettern. Soweit ich weiß, sieht man es nicht gern, wenn wir unsere Arbeit mit nach Hause nehmen.«
    »Wo sind sie jetzt?«
    »Ich habe sie

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