Entbrannt
mitgebracht. Allerdings würde ich sehr gern am Kampftraining und dem zusätzlichen Sportunterricht teilnehmen, weil ich bestimmt einiges verpasst habe, während ich weg war.«
Er lächelte nicht einmal dabei, das musste man ihm lassen. Er hielt seine vorbereitete Rede mit so aufrichtiger Miene, dass sogar Josephine nichts entgegenhalten konnte.
Wie lange er das wohl schon übt?
»D as besprechen wir später noch«, zischte Josephine. »I hr beide könnt jetzt die Taschen in eure Zimmer bringen und euch einrichten.« Sie entließ ihn und Zoe, indem sie mit der Hand wedelte.
Warum ist sie so scharf darauf, Zoe und Spence loszuwerden?
Ich warf Lincoln einen Seitenblick zu, aber er schüttelte den Kopf– eine diskrete Bitte an mich, es gut sein zu lassen. Ich gehorchte.
Josephine nahm sich Zeit, mir ihre Geringschätzung deutlich zu zeigen, bevor sie sich Griffin und Lincoln zuwandte und sie mit scheinheiligen Küssen bedeckte. Ihre Theatralik erinnerte mich an Onyx.
Gleiches Drama. Anderer Sendekanal.
»U nd Sie sind wohl der Mensch…«, sagte sie, und wandte ihre Aufmerksamkeit endlich Dad zu. Sie machte sich nicht die Mühe, ihre Abneigung zu verbergen. Das erinnerte mich auf seltsame Weise an den Ekel, den Verbannte uns gegenüber an den Tag legten.
Dad nickte. »J ames Eden«, sagte er und streckte seine Hand aus. Josephine ignorierte sie.
»J ames, entschuldigen Sie bitte, wenn ich nicht so tue, als wäre ich froh, Sie an meiner Akademie zu haben. Innerhalb dieser Mauern herrschen gewisse Regeln, und indem Sie darauf bestanden haben, hierher zu kommen, haben Sie diese Regeln verletzt. Draußen auf der Straße dulde ich Menschen– ich habe mein ganzes Leben eurem Überleben gewidmet–, aber ich bin jetzt schon so lange eine Grigori, dass ich die Gesellschaft der Meinen bevorzuge, es sei denn, es dient dem Allgemeinwohl.«
»U nd ich bin nur ein Mensch«, erwiderte Dad.
»G enau«, bestätigte Josephine, ohne sich zu schämen.
»E r ist mein Vater, Josephine«, sagte ich und trat vor, aber Dad hob die Hand, um mich aufzuhalten.
»S chon gut. Ich selbst habe auch nichts für Heucheleien übrig. Ich glaube, Ihnen wurde erklärt, Josephine, dass ich als Evelyns Begleiter hier bin, und ich erwarte, dass ich jederzeit bei ihr sein kann.«
Josephine lachte. »U nd was vermittelte Ihnen den Eindruck, ich würde das erlauben?«
Dad wurde wütend. »S ie werden mich jetzt zu Evelyn bringen. Wenn sie eingesperrt ist, erteile ich Ihnen die Erlaubnis, mich mit ihr einzusperren, unter der Bedingung, dass meine Tochter Zugang zu mir hat…« Er warf mir einen Blick zu. »W enn sie mich sehen möchte. Und Sie werden aus demselben Grund für diese Dinge sorgen, aus dem Sie mich in ihre kostbare Akademie gelassen haben. Sie wollen Evelyn, Sie brauchen Violet und ohne mich können Sie nicht sicher sein, auch nur eine von beiden zu kriegen.«
Josephine machte große Augen und räusperte sich.
Ein Punkt für den Menschen.
Schließlich gab sie dem Wächter, der still an der Eingangstür stand, ein Zeichen. »B ring ihn hinunter zu den Arrestzellen.«
»D ad?«, begann ich, als sie kamen, um ihm Handschellen anzulegen.
Er schüttelte den Kopf. »S chon gut, Liebes. Tu, was du tun musst, und besuch mich mal… wenn du bereit dafür bist.« Dann heftete er seinen Blick auf Lincoln. »I ch vertraue darauf, dass du auf sie aufpasst.«
Lincoln nickte. »D as werde ich.« Er sagte das, als würde er einen Eid ablegen, und das machte mich nervös.
Als die Wachen Dad weggeführt hatten, wandte sich Josephine wieder an uns. »D ann waren es nur noch drei«, sagte sie, und als sie meine Haltung sah– Hände in die Hüften gestemmt und den Kopf gesenkt, als wollte ich sie gleich anfallen–, kicherte sie ein wenig. »S par dir deine Vorführungen für ein ordentliches Publikum. Es wäre doch schade, wenn du schon erschöpft wärst, bevor die Hauptvorstellung losgeht.« Sie streckte ihre perfekt manikürte Hand aus. »D er Rat erwartet euch.«
»D er ganze Rat?«, fragte Griffin.
Josephine lächelte wissend und antwortete langsam. »B is hin zum letzten Mitglied.«
Griffin wurde blass. Lincoln blickte weg.
Oh, das bedeutet nichts Gutes.
Kapitel Dreizehn
»H üte dich vor den dunklen und geheimen Dingen.«
Sir John Clark
Josephine führte uns in einen großen, ovalen Raum. Wieder bestand die komplette Außenwand aus Glas, doch dieses Mal war es blickdicht, sodass man keine Aussicht hatte. Der Raum war fast leer,
Weitere Kostenlose Bücher