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Entbrannt

Entbrannt

Titel: Entbrannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Shirvington
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neigte mein Gesicht nach oben zu seinem. »K onzentrier dich, Vi. Steuere deine Sinne«, murmelte er, während er meine Sinneswahrnehmungen umging und mich fand. Aber es waren so viele, so viele. Ich versuchte, ihm zu sagen, dass er fliehen sollte, doch ich konnte nicht sprechen.
    Ich sah, dass er wieder etwas sagte, aber ich konnte es wegen des Geräusches schlagender Flügel nicht hören.
    Ich fing an zu zittern.
    Zu viele.
    Wir konnten unmöglich gegen alle kämpfen. Hatte Lilith eine Armee geschickt, um uns zu empfangen?
    Zu viele. Zu viele.
    Lincoln küsste mich.
    Seine Lippen waren weich, warm und fühlten sich überwältigend richtig auf meinen an. Ich ließ mich hineinfallen und vergaß alles, außer der Sicherheit in seiner Berührung. Eine Sinneswahrnehmung nach der anderen floss aus mir heraus, als er sie von mir wegzog und freiließ. Das musste ihm Schmerzen bereitet haben. Mir taten die Sinneswahrnehmungen höllisch weh.
    Aber er zögerte nicht, mir das abzunehmen, was ich nicht selbst bewältigen konnte. Er war mein Partner, mein Seelenverwandter. Als mein Körper anfing zu schwächeln, schlang er wieder die Arme um mich und stützte mich. Er blieb konzentriert, bis die letzte der Sinneswahrnehmungen von mir zu ihm geflossen waren, und dann waren nur noch wir da– und der Kuss, für den wir einige extra Sekunden stahlen. Beide wussten wir, dass das falsch war– aber es schien unmöglich, sich voneinander zu lösen.
    Lincoln fing an zu zittern– seine Finger gruben sich in meine Seite und hielten sich an mir, an uns, fest, gleichzeitig versuchte er wegzugehen. Ich wollte ihn nie wieder loslassen, sondern ihn noch näher zu mir ziehen. Das forderte meine Seele von mir. Es war gleichgültig, dass wir hier draußen im Freien waren, mitten auf dem Gehweg.
    Doch er machte bereits wieder zu– der Honig seiner Macht umkreiste mich, während er die Mauern zwischen uns wieder errichtete– und ich wusste, dass ich das Gleiche tun musste.
    »L inc«, flüsterte ich, während ich versuchte, mich zusammenzureißen.
    Er legte seine Stirn an meine. »S chon okay. Alles in Ordnung.«
    Er holte ein paarmal tief Luft. Meine Sinneswahrnehmungen zu kanalisieren forderte von ihm immer einen heftigen Tribut.
    Ich umarmte ihn. »I ch weiß.«
    Wir blieben noch einige Sekunden so, bis er sich löste und die Beherrschung wiedererlangte, die wir uns beide so sehr anstrengten zu wahren.
    Ich wünschte, ich hätte seine Stärke.
    »L ass uns hineingehen«, sagte er mit heiserer Stimme.
    Erst da schaute ich mich um und sah, dass die Insassen beider Autos, einschließlich Dad und Evelyn, uns anstarrten. Zoe fächelte sich Luft zu.
    »V erbannte«, platzte ich heraus. »S ie sind… sie sind überall. Die Sinneswahrnehmungen hätten mich fast erstickt!«
    »W ir sind in New York, Violet«, sagte Griffin mit einem Grinsen auf den Lippen. »A llein auf den siebenundachtzig Quadratkilometern, aus denen Manhattan besteht, leben über anderthalb Millionen Menschen. Und hier lebt die weltweit größte Bevölkerung von Verbannten. Klar, dass du hier von deinen Sinneswahrnehmungen bombardiert wirst.«
    »W ie soll ich denn dann hierbleiben?«, fragte ich, und meine Panik stieg.
    Lincoln, der sich jetzt ein paar Schritte von mir entfernt hatte, erwiderte: »D u wirst dich daran gewöhnen. Und innerhalb der Akademie wird es einfacher sein.«
    »W arum?«
    Er lächelte finster– er hatte sich noch immer nicht von dem Energieverlust erholt– und zeigte an dem Wolkenkratzer hinauf, vor dem wir standen. »W eil sie starke Schutzschilde haben und den gesamten obersten Stock einnehmen. Du kannst sicher sein, dass sich keine Verbannten in einem von ihren Gebäuden befinden.«
    Sagte er gerade Gebäude? Im Plural?
    Die Grigori in den schwarzen Anzügen, die uns vom Flughafen abgeholt hatten, hielten die riesigen Glastüren des Gebäudes auf.
    Ich holte tief Luft und schloss die Augen. Dabei konzentrierte ich mich auf meine Sinneswahrnehmungen, ließ sie zu mir kommen, aber zu meinen Bedingungen. Ich musste das hinkriegen. Wenn ich wieder von den Sinneswahrnehmungen bombardiert würde und dies während eines Kampfes geschah, musste ich in der Lage sein, sie zu steuern.
    Ich spürte, wie die Sinneswahrnehmungen zu mir kamen. Da waren so viele Verbannte, und sie waren ganz nah. Der Begriff Angst erreichte hier ein ganz neues Niveau. Die Sinneswahrnehmungen bauten sich in mir auf und wurden unerträglich, doch indem ich tief und gleichmäßig

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