Entdecke die Kraft der Meditation
gern gelassen und gesammelt wären. Erinnern Sie sich daran, dass Erfolg bei der Meditation nicht an dem gemessen wird, was uns da begegnet, sondern an unserer Reaktion darauf. Können Sie Ihre Schläfrigkeit, die Unruhe und das Abgelenktsein gelassen betrachten? Hören Sie auf, sich für dergleichen zu bestrafen? Das ist Ihr Erfolg.
Der Theologe und Bürgerrechtler Howard Thurman empfiehlt, »die Welt mit ruhigen Augen zu betrachten«. Was für eine interessante Wortwahl. Oft sind wir ja eher wie diese Comicfiguren, denen die Augen an Spiralfedern aus dem Kopf springen. Wir sehen etwas, das wir haben wollen – her damit! Boing. Dann sehen wir etwas noch Besseres – oooh! Boing. Wir grapschen nach diesem Ding, diesem Menschen, diesem Wonneschauer, und dann glucken wir darüber, damit es nur ja bleibt und sich nicht verändert. Doch dann, boing , sticht uns doch wieder etwas ins Auge, weil wir gar nicht mehr richtig merken, was wir da so eifersüchtig hüten.
Unachtsamkeit bannt uns in diesen endlosen Reigen der Wünsche. Wir wenden uns gleich dem nächsten zu, weil wir gar nicht recht wahrnehmen, was wir schon haben. Unaufmerksamkeit erzeugt ein zunehmendes Verlangen nach immer neuen Anreizen. Wenn uns jedoch deutlich bewusst ist, was gerade abläuft, müssen wir nicht ständig auf das nächste große Empfindungs- oder Geschmacks- oder Klangereignis aus sein und dabei übersehen, was sich eben jetzt direkt vor uns abspielt. Wir brauchen dann auch unser Glücklichsein nicht aufzuschieben, bis etwas Aufregenderes oder Angenehmeres daherkommt, immer nach dem Muster Das ist schon ganz nett, aber noch schöner wäre es, wenn ... Befriedigend kann unser Leben nur sein, wenn wir jeden Moment aufmerksam sind. Unsere Übung zeigt uns, um was es geht: unmittelbare Erfahrung.
Ohne dieses Gewahrsein, blind und taub für die kleinen Freuden, fallen wir leicht in eine Art Suchtverhalten, weil wir immer mehr (angenehme oder unangenehme) Reize brauchen, um uns lebendig zu fühlen. Robert Frost schreibt in einem Gedicht über die »Flucht ins Niemals«:
Sein Leben – ein unaufhörliches Zielen auf Ziele.
Futur ist das, was sein Präsens ausmacht.
Alles eine nie endende Kette des Verlangens.
Wenn sich unser Leben wie eine nie endende Kette des Verlangens anfühlt, wenn nichts uns so befriedigt, wie wir es erhofft hatten, liegt es oft daran, dass uns das erste Glied nicht gänzlich präsent ist. Betrachten wir es an einem Beispiel. Stellen Sie sich vor, Sie essen einen Apfel. Wenn Sie den Apfel gar nicht erst richtig betrachten, in der Hand fühlen, seinen Duft und Geschmack wahrnehmen, wird der Verzehr dieses Apfels kaum eine sonderlich erfüllende Erfahrung sein. Dann empfinden Sie ein vages Unbefriedigtsein und finden den Apfel womöglich gewöhnlich und langweilig. Man übersieht wirklich leicht, dass die Qualität unserer Aufmerksamkeit darüber entscheidet, wie wir etwas empfinden.
Sie denken dann vielleicht: Wenn ich eine Banane hätte, das wäre schön! Also holen Sie sich eine Banane. Aber die essen Sie dann auch wieder zerstreut und achtlos, und prompt sind Sie wieder unbefriedigt. Sie merken immer noch nicht, dass Sie nicht auf den Verzehr der Banane geachtet haben, und denken jetzt: Dieses Leben ist so prosaisch. Mit Äpfeln und Bananen – wie soll man da glücklich sein? Es müsste etwas richtig Exotisches sein. Eine Mango! Mit einer Mango wäre ich glücklich.
Tipp
Ein Sitztagebuch führen
Halten Sie nach Ihrer Meditation in einem kleinen Notizbuch fest, wie lange Sie geübt haben und um was es überwiegend ging. Nur ein paar Stichpunkte – »müde« oder »die Planung für morgen kam immer wieder hoch« oder »klar und energiegeladen« oder »wäre gern beim Skifahren«. Notieren Sie dann am Abend noch kurz, wie der allgemeine Gemütszustand tagsüber war – »ungeduldig« vielleicht oder »sehr entschlossen«, »innerlich ganz bereit«, »ruhig und zuversichtlich« oder »angespannt«. Gehen Sie die Aufzeichnungen am Ende der Woche durch, um zu sehen, ob zwischen Ihrer Übung und dem Rest des Tages ein Zusammenhang zu erkennen ist.
Es dauert ein wenig, aber dann haben Sie schließlich Ihre Mango. Die ersten Stücke sind köstlich, wirklich mal etwas anderes. Sie schnurren vor Behagen, genau das hatten Sie sich vorgestellt. Es dauert aber nicht lange, bis auch bei der Mango wieder so unaufmerksam und mit anderem beschäftigt sind wie bei dem prosaischen Apfel und der unspektakulären Banane, und wieder
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