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Enteignet: Warum uns der Medizinbetrieb krank macht (German Edition)

Enteignet: Warum uns der Medizinbetrieb krank macht (German Edition)

Titel: Enteignet: Warum uns der Medizinbetrieb krank macht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Mikich
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Stiftung, rund 1,67 Millionen Euro. Die restlichen 400000 Euro steuerte der Fachbereich Medizin der Universität bei. »Nun sagen Sie mir mal, wie man das voneinander trennen soll?«, fragt er eindringlich. Aber getrennt werden muss, das sieht die Vereinbarung zwischen Land und Rhön-Klinik vor. Also sitzt Neubauer in endlosen Konferenzen und dividiert auseinander, welche seiner Mitarbeiter wie viel Zeit am Patienten und wie viel in der Forschung verbracht haben. Von Rationalisierung in den Abläufen merkt Neubauer nicht viel, denn die Konferenzen, telefonisch oder persönlich, nehmen kein Ende. »Am schlimmsten ist das Misstrauen. Immer wieder muss ich erklären, warum die Stromkosten so hoch waren, warum man schon wieder so viel Verbandsmaterial gebraucht hat, warum wir so oder so vorgehen.« Seit Jahren beobachtet er, wie die Forschungsarbeit sich in die Nacht verschiebt. Zwei Stunden sind es für ihn im Schnitt, und vor allem das bringt den früher eher abwartenden Chefarzt auf die Barrikaden.
    Dabei macht Neubauer der Klinikleitung keine großen Vorwürfe. Seine Hauptkritik richtet sich an die Landesregierung. »Dass ein privater Klinikkonzern Gewinn machen will, ist doch klar. Aber die Landesregierung muss endlich einsehen, dass das mit einem Universitätsklinikum nicht vereinbar ist. Das Projekt ist schlicht gescheitert.«
    Ein bisschen wehmütig blickt Neubauer zurück auf das Jahr 2009. Als er merkte, wohin die Reise an seiner Klinik geht, bewarb er sich an anderen Unikliniken. Doch dann erkrankte seine Frau schwer an Krebs. Natürlich wusste der Onkologe, was passieren würde und dass ihnen nicht mehr viel Zeit blieb. Den Ruf, den er von einer anderen Uniklinik bekommen hatte, schlug er aus. »Meine letzte Chance wegzukommen«, sagt er heute. Seine Frau starb nur drei Monate nach der Diagnose.
    Danach hat Neubauer versucht, sich mit den Gegebenheiten an der Klinik zu arrangieren. Vor allem aus Verantwortung für seine Forschungsarbeit und die davon abhängigen Patienten.
    Aber das Einwerben von Stiftungsgeldern, vor allem der Deutschen Krebsstiftung, wird unter einer privaten Flagge immer schwerer. Wolfgang Neubauer hatte die Landesregierung schon vor der Privatisierung auf die Stiftungsproblematik aufmerksam gemacht und wiederholt das Gespräch gesucht. Vergebens. Eine Antwort hat er nie erhalten. Seine Befürchtungen sieht er nun bestätigt. Seit diesem Jahr hält Neubauer das Maß für voll. »Schauen Sie sich doch mal an, was aus dem Protonentherapiezentrum geworden ist!«
    Das Protonentherapiezentrum, mit dem eine besonders gewebeschonende Strahlentherapie gewährleistet werden könnte, ist in Marburg gebaut worden, ganz wie es der Vertrag zwischen Rhön und dem Land Hessen vorsah. Über 100 Millionen Euro hat der Rhön-Konzern dafür ausgegeben. Wer aber glaubt, dass nun dort Patienten mit der neuen Methode therapiert werden, der irrt.
    Denn als das Zentrum fertiggestellt war, stellte man fest, dass es im laufenden Betrieb so viel Strom verbraucht wie eine Kleinstadt. Bald wurde klar, dass etwa 2000 Patienten pro Jahr nötig wären, um es wirtschaftlich zu betreiben. Aber weil die präzise Einstellung des Strahls so schwierig zu gewährleisten ist und es eines gewaltigen Aufgebots an Personal bedürfte, um die Anlage genau zu steuern, zeigte sich, dass man nur etwa die Hälfte der Patienten würde behandeln können. Die Folge: Das Zentrum müsste defizitär arbeiten.
    Weil es dem Konzern gebotener scheint, den Koloss unter diesen Umständen gar nicht erst einzusetzen anstatt ihn mit Verlust zu betreiben, entscheidet man sich, die Anlage an die Herstellerfirma Siemens zurückzugeben, ungeachtet dessen, dass sie möglicherweise vielen Menschen das Leben retten könnte. Diese Entscheidung dürfte allerdings noch ein Nachspiel haben, denn vertraglich hatte sich Rhön bei der Übernahme der Kliniken nicht nur verpflichtet, das Protonentherapiezentrum zu bauen, sondern es auch zu betreiben. Bleibt es bei der Rückgabe, droht das Land damit, die veranschlagten 107 Millionen Euro als Teil des Kaufpreises von Rhön zurückzufordern.
    Und wie sieht es mit den Träumen von Roland Koch aus? Er selbst hat im Jahre 2010 der Politik Ade gesagt und etwa ein halbes Jahr danach zuerst einen Vorstandsposten und dann den Vorstandsvorsitz beim Bauriesen Bilfinger & Berger angenommen. Und das durchaus erfolgreich. In 2012 kann Bilfinger & Berger seinem Vorstandsvorsitzenden Koch Gehalt und Bonuszahlungen in Höhe von etwa

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