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Entfernte Verwandte: Kriminalroman

Entfernte Verwandte: Kriminalroman

Titel: Entfernte Verwandte: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matti Rönkä
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Frau, dass die kurzen Striche zu langen Linien geworden waren und sich als unumgängliche Vektoren fortzusetzen schienen, ein Perspektivbild der Zukunft schufen, ohne Kurven oder neue Richtungen.
    Und die Frau wollte die dreidimensionale Zeichnung nicht zerstören. Auch ein Freund passte hinein, als eine Art Innenröhre oder Parallelogramm. Er bewegte sich im selben Raum, in einem begrenzten Universum, in derselben Richtung, und die Frau wollte nicht nach dem Ende des Musters Ausschau halten.
    Der Mann war Projektleiter in einem Bauunternehmen, wurde häufig ins Ausland geschickt, was nach dem fünften Einsatz jeden exotischen Reiz verloren hatte. Hätte man ihn früher danach gefragt, hätte er gesagt, seine Ehe und sein Familienleben seien in Ordnung. Aber vor zwei Jahren hatte er seine Frau von der Yogastunde abgeholt, und als sie auf seinen Wagen zugegangen war, hatte er begriffen, dass dieser Mensch ihm vollkommen gleichgültig war, nett zwar, aber das war auch alles.
    Der Mann und die Frau waren im Februar zum ersten Mal miteinander ins Bett gegangen, und im März hatten sie einige Tage Skiurlaub in Saariselkä machen können, wo sie allerdings darauf achten mussten, nicht von Geschäftsfreunden des Mannes gesehen zu werden. Dort hatten sie auch ihren ersten Streit gehabt, ein heftiges Gewitter. Nachdem die Blitze verschwunden waren, hatten sie beschlossen, sich die seltenen gemeinsamen Stunden nicht zu verderben, diese hohlen und doch bedeutsamen Momente.
    Heute hatten sie beide zu Hause gesagt, sie würden einen Abendlauf machen. Der Mann hatte die Route auf der Kartemarkiert, hatte sich an den Teich erinnert, den er der Frau zeigen wollte, zwanzig Meter unter einem schroffen Felsen. Die Frau hätte gern am Ufer des moorig duftenden Teichs mit dem Mann geschlafen, hatte aber nicht gewagt, es ihm vorzuschlagen. Eine Ablehnung hätte ihr wehgetan, und der Mann war manchmal schamhaft und auf Reinlichkeit bedacht.
    Sie kehrten aus dem Wald zurück, gingen auf die an einem Fichtenwäldchen endende neue Straße zu, auf der sie ihre Wagen abgestellt hatten. Die Frau klagte über die Bauwut, sogar hier im Urwald entstand ein Industriegebiet, die Bäume waren doch bestimmt dreißig oder vierzig Jahre alt. Über hundert Jahre, korrigierte der Mann liebevoll, konnte den Ingenieur nicht verleugnen. Naturwissenschaftliche Fehler musste er immer richtigstellen, und sei es mit einem Lachen.
    Der alte Pfad führte sie zu einer Stelle, die einige hundert Meter südlich von ihrem Ausgangspunkt lag. Die Frau stellte verwundert fest, dass es nach Rauch roch, und der Mann erkannte an der bitteren Geruchsnote, dass es sich um frischen Rauch handelte. Er sagte, da sei wohl kürzlich ein Haus abgebrannt. Zwischen Weidenröschen und hohem Gras tauchte überraschend eine gelbliche Lichtung auf, in deren Mitte ein Haufen Asche schwach nachglühte, durchsetzt von Metallteilen, die von verbrannten Möbeln übriggeblieben waren.
    Die Frau meinte, man müsse die Feuerwehr alarmieren, aber der Mann argumentierte durchaus vernünftig, es sei nichts mehr zu machen, das Gebäude, eine Hütte oder Baracke, sei restlos verbrannt. Und es bestehe auch keine Gefahr mehr, denn die Umgebung habe erstaunlicherweise kein Feuer gefangen und auch das Gras schwele nicht. Sinnlos, sich einzumischen, am besten gingen sie einfach weiter.
    Sie näherten sich dem ovalen Wendeplatz am Ende derStraße. Die Frau sprang über den Graben und schrie auf. Auf dem Grund der Aushebung lag ein Mensch, mit dem Gesicht nach unten. Der Mann schreckte vor dem Geruch versengten Fleisches zurück, doch er musste es anfassen und sich vergewissern, dass in dem Körper kein Leben mehr war.
    Der Mann holte sein Handy hervor, sprach ruhig, in fast alltäglichem Ton mit dem Polizisten. Die Frau und der Mann wussten, dass ihre Affäre vorbei war.

33
    Tapanila, Helsinki
    Die Haustür war offen. Korhonen und Parjanne traten ein, ohne zu klingeln, klopften in der Diele an die Wand und kündigten ihre Ankunft durch Rufe an. Ich wusste sofort, dass die Polizisten eine traurige Nachricht brachten. Sie gingen wie bei einer Beerdigung, langsam und steif, als wären normale Bewegungen irgendwie beleidigend.
    »Zu Frau Wadajew …«, sagte Parjanne heiser, und Korhonen hielt dieses eine Mal den Mund.
    Ich brauchte Xenja nicht zu rufen, sie kam von selbst. Als sie die Männer sah, stieß sie einen kleinen, entsetzten Laut aus, wie das Miauen einer Katze.
    »Man hat Pawel gefunden«, hauchte

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