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Entfernte Verwandte: Kriminalroman

Entfernte Verwandte: Kriminalroman

Titel: Entfernte Verwandte: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matti Rönkä
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Schutz des Dachs über dem Autostellplatz, sodass keiner der Nachbarn sah, was er tat. Plötzlich erstarrte er, ließ die Waffe sinken und versuchte sie in der Tasche seines Overalls zu verstecken. Ich drehte mich um. Xenja war lautlos hinter mich getreten.
    »Ich wollte nicht stören«, sagte sie.
    »Alles in Ordnung. Ich habe Matti nur eine Pistole gegeben, für alle Fälle.« Ich hatte keine andere Wahl, als offen zu sprechen. »Steck sie in einen Stoffbeutel und leg sie in den Kofferraum. Neben dem Reservereifen oder unter ihm liegen wahrscheinlich Ringschlüssel, Wagenheber, Schraubenzieher und so weiter. Da kannst du sie aufbewahren, lieber dort als in der Tasche. Außer natürlich, wenn du sie brauchst.«
    Matti nickte, legte die Pistole in die Videohülle und murmelte, er führe jetzt los, denn er müsse noch zur Eisenwarenhandlung und habe auch sonst noch einiges zu erledigen.
    »Ja, und hör mit dem Rauchen auf. Das ist ungesund«, gab ich ihm noch auf den Weg.
    Xenja wartete, bis Matti gegangen war.
    »Pawel ist etwas zugestoßen. Ich weiß es«, sagte sie.
    Sie kam näher, ein wenig zu nah. Ich erinnerte mich, wie sie in der Pubertät plötzlich eine unruhige Glut ausgestrahlt hatte.Sie hatte die Jungen in Verwirrung versetzt, sie dazu gebracht, sich an sie zu drängen und auf der Toilette des Pionierhauses schmutzige Geschichten zu erzählen. Und ich erinnerte mich, dass auch mir heiß geworden war, obwohl Xenja eine entfernte Verwandte und jede Berührung deshalb doppelt verboten war.
    »Danke, Viktor, für alles, was du bisher schon getan hast. Ich weiß nicht, wie Sergej und ich ohne dich zurechtgekommen wären.«
    Sie umarmte mich leicht. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, das noch ärger pochte, als ich den unergründlichen heißen Frauenduft wahrnahm, der von Xenjas Haut aufstieg.
     
    Am Abend lag ich lange wach im Bett. Ich versuchte meine Gedanken zu ordnen, Aufgaben und Befürchtungen in Einzelteile zu zerlegen, die ich dann in Ordnung bringen konnte, Stück für Stück, die eiligsten und wichtigsten zuerst.
    Ich schob die Bau- und Genehmigungssorgen für einige Tage beiseite und beschloss, dass auch das Frolow-Problem warten konnte. Ich musste Pawel Wadajew finden, sonst hatte ich keine Ruhe und kam auch mit den anderen Angelegenheiten nicht weiter.
    Aber danach hielt mich immer noch etwas wach. Das, was Onkel Olavi mir aus der Vergangenheit erzählt hatte. Und alles schien mit dem Heute in Verbindung zu stehen.
    Olavi hatte langsam erzählt, in seinem Gedächtnis gekramt und auch berichtet, was er von anderen gehört hatte. Der Vater meines Vaters war im Herbst 1937 abgeholt worden, ein schwarzes Auto war in der Nacht vorgefahren und unbekannte Männer hatten an die Tür gehämmert. Opa wurde zu Lagerhaft verurteilt, kehrte aber schon im Sommer des nächsten Jahreszurück, abgemagert und schweigsam, mit zwei zerquetschten Fingern, doch er kam zurück, lebendig. Böse Zungen tuschelten, Pekka Kärppä habe Leute verraten, habe andere denunziert, um seine eigene Haut zu retten, so seien die Finnischstämmigen immer schon gewesen, hielten sich für schlauer.
    Aber so einfach war es nicht, fügte Olavi hinzu, änderte die Perspektive. Es wurden ja nicht alle Unschuldigen verschleppt. Und schon nach dem achtzehnten Parteikongress wurden die Urteile über zigtausend Menschen aufgehoben und einige angeblich übereifrige Mitarbeiter des NKWD verhaftet. Um eine echte Rehabilitation handelte es sich damals noch nicht, erklärte Olavi. Es war nichts als ein Trick, der es Väterchen Stalin ermöglichte, wenigstens vorübergehend als gerechter Führer zu posieren, der die ungerechten Entscheidungen untauglicher Leute rückgängig machte.
    Während des großen Krieges wurde Großvater dann als Spion nach Finnland geschickt, aber er wurde erwischt. Und wieder tratschten die bösen Zungen, verbreiteten das Gerücht, Kärppä habe sich absichtlich abgesetzt, habe davon geträumt, sich dem Stammesbataillon anzuschließen und an der Seite der Faschisten zu kämpfen. Er wurde im Gefangenenaustausch in die Sowjetunion zurückgeschickt und bekam sofort eine Lagerstrafe, zehn Jahre Workuta ohne das Recht, Briefe zu schreiben oder zu bekommen. Auch seine Familie hätte nach Mittelasien ziehen müssen, doch Großmutter und ihre Söhne machten auf der Zugreise kehrt und gingen heimlich nach Karelien zurück, wagten sich schließlich nach Sortavala und konnten sich Papiere verschaffen, die überall akzeptiert

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