Entfernung.
solar plexus. Der Ton hielt die Ballung umfangen. Umhüllte sie. Ließ kein ruhiges Ausatmen zu. Die Schreie stahlen sich in ihr Atmen. Sie fand sich dem Schreien folgend atmen. Um Atem ringen. Ein Schluchzen in ihrer Kehle steckend und nur wenig Luft. Der Mann war tot. Da war sie sicher. Die Hand. Antwortlos. »Das war es.« Der Satz jetzt hinter ihr. Hängend. Hinter ihrem gebeugten Kopf. Jemand sagte etwas. Die Frau schrie. Sie bekam keine Luft. Schnappte nur noch. Zwischen der vom Schreien dieser Frau zusammengeballten Mitte und der verschnürten Kehle. Die Lungen brannten. Und die Theres. Eingeschlafen. Sagten die. Einfach eingeschlafen. Nach einer ruhigen Nacht und nachdem sie mit der Krankenschwester gesprochen hatte. Eingeschlafen. Aber war man im Schlaf nicht auch allein. Wie nett ein Himmel wäre. Tratschen. Sich ausweinen. Die Theres. Das war der größte Verlust. Der Toni. Die Wohnung. Ihre Möbel. Die Sorgfalt für die Einrichtung. Ihre Sachen. Ihre Arbeit. Die vielen Welten. In denen sie. Reden. Richtig reden. Das war nur mit der Theres. Die Theres war die einzige Person gewesen, die alles wusste. Von der Schule an. Seit der Schule. Einfach eingeschlafen. Und sie erstickte. Sie erstickte in aller Form. Sie hätte nicht zu rauchen aufhören müssen. Die Ungarin den Anton. Wahrscheinlich hatte man ihm nur eine Zigarette anzünden müssen und er gehörte einem. Die Frau schrie. Eine Frau in der Nähe setzte ein. Sie wurde angezischt. Angefaucht. »Not helpful.« hörte Selma. Sie stimmte zu. Und waren das ihre letzten Gedanken. Der Mann neben ihr gestorben. Sie presste sich an die Wand. So weit weg von ihm wie möglich. Das Zittern. Ein Gefühl, aus dem Bauch lösten sich Teile. Flogen weg. Lösten sich heraus und flogen davon. Segelten. Die Löcher noch größere Spannung erforderten. Ihr Hals wurde hart. Sie konnte den Kopf nicht mehr bewegen. Sie war in ihre eigenen Muskeln eingesperrt. Eingeklemmt. Das Atmen. Nach Luft schnappen. Und sie hatte gedacht, in Krisen. In Krisen sie eine Heldin. Immer alles richtig machen würde. Ruhig und gelassen. Und dann verschwinden. Den Dank abwehren und verschwinden. Alle von ihr reden. Sie aber nicht zu finden. Was für Filme das gewesen. Kaiserfilme. Die Hoffnung, der Kaiser trat zur Tür herein und bedankte sich. Die Hoffnung jeder österreichischen Person. Ein Romy-Schneider-Film. Wie sie ganz jung. So ein Lachen. Würde Sebastian erfahren, dass sie. Sie kauerte an die Wand gepresst. Und einen Augenblick. Sie verdiente das. Sie kroch auf. Die Frau schrie. Sie kniete. Der tote Mann. Sie streifte ihn. Mit den Händen. Mit den Knien. Die Frau schrie. Das war es eben. Das war es, wo sie hingekommen. Und sie verdiente es. Der letzte Moment. Sie wusste, dass jeder. Dass alle dieses Gefühl hatten. Haben mussten. Der letzte Moment. Eine Flachheit in der Kehle. Dass man jetzt allein mit sich. Dass jeder das so. Fühlte. Und dass niemand es sagen konnte. Keiner. Dass es gerade zu spät war. Wenn man es wusste, war es immer gerade zu spät. Einen kleinen Augenblick zu spät im letzten Moment. Und es gab keine Worte. Dafür. Es war das Stöhnen gewesen. Und so war das. Die Frau schrie. Es wurde gegen die Tür getreten. Sie kniete. Aufrecht. Es ging mit dem Atmen. Es wurde nicht schlechter. Sie lehnte kniend. Es war heiß. Heißer. Aber die Luft. Sie schien. In Bewegung. Dünner. Die Frau schrie. Sie hörte sich schluchzen. Sie schluchzte. Sie hörte sich selber von weit oben. Sie ärgerte sich. Der Ärger zu Wut. Was machte sie da. Es war eines, sich vor Kunststudenten hinzukauern. Als Mutprobe. Gegen sich. Aber hier. Bei einer Katastrophe. War sie so. War es so schlimm mit ihr. Hatte man sie so. Niedergeprügelt. Bestand sie nur noch aus Scham. War das alles, was übrig geblieben war. War sie so angepasst. An ihr Unglück. Genierte sie sich nur noch. Nahm alles in Kauf. Ihren eigenen. Das eigene Ende. Der Kopf. Ein Schmerz. Ein böser Schmerz. Ein Schmerz, der sich in den Vordergrund. Unübersehbar. Sie musste still halten. Der Zorn über sich in Angst zurück. Sie fragte wieder. »Would anyone have a light.« Die Frau schrie. Wenn sie wenigstens wüsste, was geschehen war. Sie dachte, wenn sie das wüsste. Jemand kroch vorbei. Sie hörte das Schleifen und Tappen. Die Frau schrie. Hände griffen nach ihr. Sie schlug die Hände weg. »O.k. o.k.« Selma begann zu tasten. Griff rund um sich. Nach oben war das Fenster. Sie hörte reden. Es wurde über die schreiende Frau
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