Entfernung.
einfach durch. Selma wollte sich gerade aufregen. Sie hob an. Wollte einem Mann nachgehen. Ihm sagen, er solle sich anstellen. Gefälligst. Wie alle anderen auch. Dann begriff sie, dass sie sich am Gate für Tel Aviv angestellt hatte. Und dass gleich daneben für London keine Schlange war. Dass man da gleich durchgehen konnte. Dass da die Sicherheitskontrolle nicht so viel Zeit brauchte. Dass man da nicht gefragt wurde, ob man den Koffer selber gepackt hatte. Sie ging hinter dem Mann her. Lief hinter ihm nach. Gleich eilig wie er. Im Gehen kramte sie die Boardkarte und das Ticket heraus. Die Grenzbeamtin an der Passkontrolle lächelte sie an. Sagte, dass es ja noch nicht eilig sei. Selma hielt ihr den Pass hin. Die Frau nahm ihn, zog ihn durch das Lesegerät, schaute auf den Bildschirm. Selma sah ihr zu. Die Frau dunkelhaarig. Lange Haare. Stufig geschnitten. In Wellen bis zum halben Rücken. Ganz kurze Stirnfransen. Paige in »Charmed« hatte gerade eine solche Frisur. Jedenfalls in der Staffel im ORF. Im Original. Das war sicherlich vor 2 Jahren in den USA gelaufen. Es war anzunehmen, dass der ORF sich nicht leistete, die Synchronisation selber zu machen und zu bezahlen. Die warteten sicherlich, bis RTL das gemacht hatte. Hatten wahrscheinlich einen Deal mit RTL. Diese Art von Deal. Die war ja wahrscheinlich auch die Attraktion der vielen Personalunionen zwischen diesen beiden Sendern. Intendant beim ORF und dann Geschäftsführer bei RTL. Oder umgekehrt. Solche Geschenke musste man mitbringen. Um etwas zu werden. Und der ORF. Der benahm sich privater als jeder Privatsender. Selma schaute auf die Fingernägel der Grenzbeamtin. Winzige lila Herzen waren auf einen Untergrund von grellrosa Nagellack gemalt. Konnte die Frau das selber machen. Oder musste man für so etwas in ein Nagelstudio. Die Frau sah auf. Sie nickte und reichte Selma den Pass. Selma bedankte sich.
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Sie legte den Rucksack auf das Band für die Sicherheitskontrolle. Der Beamte drehte den Rucksack um. Warf ihn auf den Rücken. Der Mann stand zwischen Selma und dem Metallrahmen des Metalldetektors. Er roch nach Schweiß. Er trug einen blauen Pullunder über dem hellblauen Hemd der Uniform. Die feuchten Flecken unter seinen Armen fast bis zum Ellbogen. Er streckte die Hand nach Selmas Tasche aus. Selma hielt die Boardkarte und den Pass noch in der Hand. Sie ließ die Riemen der Handtasche über den Oberarm rutschen. Ließ die Tasche auf das Förderband gleiten. Der Mann zog ihr die Tasche vom Arm. Legte die Tasche auf die Seite. Selma ging um ihn herum. Machte einen Bogen. Der Geruch. Seine Ungeduld. Der Mann strahlte Ungeduld aus. Widerwillen. Er war über jedes neue Gepäckstück erbost. Die Frau hinter dem Metalldetektor deutete ihr, die Jacke auszuziehen. Selma musste die Boardkarte und den Pass von einer Hand in die andere. Sie schüttelte die Jacke von ihren Schultern. Ging zurück. Legte die Jacke auf das Band. Der Mann griff nach einer der grauen Plastikwannen. Legte die Jacke in den Behälter. Vorsichtig. Er machte das vorsichtig. Selma ging zurück. Mochte diesen Mann. Deswegen. Sagte »Danke.« Sie ging durch das Metalltor. Kein Signalton. Die Frau deutete ihr mit dem Metallsuchgerät weiterzugehen. Selma sammelte ihre Sachen auf. Sie nahm alles auf und ging in den Wartesaal. Es waren nur mehr 5 Minuten bis zur Einsteigezeit. Die meisten Passagiere schon da. Selma fand einen Sitzplatz. Links. Am Ende. Gleich beim Abgang zu den Toiletten. Sie stellte alles ab. Verstaute den Pass in der Tasche. Zog die Jacke wieder an. Sie fror. Im Warteraum die Klimaanlage auf sehr kühl gestellt. Sie setzte sich. Zog die Jacke enger um sich. Eine AUA-Angestellte in ihrer tomatenroten Uniform durchquerte den Raum. Menschen standen auf. Begannen an den Ausgang zu gehen. Sie fuhren die Haltegriffe ihrer Rollkoffer aus. Sammelten Wasserflaschen auf. Falteten Zeitungen zusammen. Der Mann neben Selma ging weg. Er war groß. Kräftig. Er trug einen Burberry über dem Arm. Den Futterstoff nach außen gekehrt. Er ging ganz bis an die Tür zum Gang zum Flugzeug hinunter. Stand da. War der Erste. Selma sah ihm zu. Sie hatte die Tasche offen auf dem Schoß. Sie sollte sich auch vordrängen. Sie brauchte Platz für ihren Rucksack. In den overhead bins. Sie sollte es diesem Mann nachmachen. Sie blieb sitzen. Das Beste am Fliegen war. Man kam immer mit. Wenn man einmal da war. Dann kam man mit. Dann musste man nicht mehr kämpfen. Und das Gepäck. Irgendwie wurde das
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