Entfernung.
Menschen von oben herunter. Hasteten, diesen Zug noch zu erreichen. Sie stürzten in die Wagen. Warfen mit ihren Koffern herum. Ein schwarzhäutiger Mann stemmte zwei Kisten in den Wagen. Er schob sie in die Ecke ihr gegenüber. Dann lief er hinaus und holte noch 2 schwarz glänzende Koffer. Er musste jeden einzeln in die Ecke ziehen. Dann setzte er sich auf die Koffer und holte ein blau gestreiftes Taschentuch aus der Tasche seines Sakkos und wischte sich das Gesicht ab. Er nickte Selma zu. »It’s hotter here than in Kingston.« sagte er. Selma lächelte. Er habe da eine Menge Gepäck. Ja, da wären richtige Schätze drinnen. Richtig gute Mangos. Alle Sachen, die man in London nicht richtig bekommen könne. Die brächte er mit. Für seine Familie. Er wischte sich wieder das Gesicht ab. Selma lächelte. Ein junger Mann sprang in den Wagen. Er hatte eine Tasche quer über die Schulter. Er hastete an Selma vorbei. Sie musste sich ducken, die Tasche nicht ins Gesicht geschleudert zu bekommen. Bevor sie etwas sagen konnte, war der Mann durch die Tür am Ende des Waggons in den nächsten Waggon davon. Der schwarzhäutige Mann auf den Koffern schüttelte den Kopf. Sie zuckte mit den Achseln. Aus dem Lautsprecher wurde die Abfahrt angekündigt. Das Piepsen vor Schließen der Türen erklang. Ein Mann drängte sich zwischen die sich schließenden Türflügel. Riss die Tür wieder auf. Er hielt die Türflügel auseinander. Eine Frau schob sich herein. Der Mann ließ die Tür los. Die Türflügel gingen noch einmal ganz auf. Eine Ansage. Selma konnte nicht verstehen, was gesagt wurde. Es hieß wohl, dass man das nicht machen solle. Die Türen aufdrängen, nachdem dieses Piepsen erklungen war. Die Frau setzte sich auf die Bank gegenüber. Der Mann ließ sich neben sie fallen. Sie legte ihren Arm um ihn. Sie war kleiner als er. Sie musste sich recken, den Arm hinter seine Schultern zu zwängen. Er legte seinen Kopf gegen ihren Hals. Er war groß. Kräftig. Kastanienbraune Haare. Kurz geschnitten. Lockig. Seine Augen waren blau. Er sah Selma an. Schaute vor sich hin. Dann sah er auf die Hand seiner Begleiterin. Nahm sie und hielt sie. Die Frau. Zart. Kleiner als er. Schmal. Sie hatte rötliche Haare. Ein breites Gesicht. Die Frau war zwischen ihren Händen aufgespannt. Mit der rechten Hand streichelte sie ihm seinen Hals. Spielte mit seinen Haaren. Er hielt die andere Hand. Sie musste sich ganz an ihn drängen, ihre Arme weit genug auszubreiten, die Schulter und seine Hand zu erreichen. Aber die Frau wusste nichts von sich. Selma schaute weg. Dann sah sie wieder hin. Der Zug war angefahren. Hinter dem Paar waren die dunklen Wände des Tunnels zu sehen. Der Zug beschleunigte. Der raue, staubige Hintergrund flog hinter dem Paar vorbei. Die Frau hatte ihre Augen geschlossen. Sie flüsterte dem Mann etwas ins Ohr. Er sah auf ihre Hand in seinen Händen. Sagte leise etwas zurück. Sie streichelte sein Ohr. Federleichte Striche über seine Ohrmuschel. Die Ohrmuschel entlangfahrend. Die Frau war älter als er. Um ihre Augen die Fältchen strahlenförmig weiß gegen die hell gebräunte Haut. Die Frau hatte die Fältchen, vor denen Selmas Mutter sie immer gewarnt hatte. Das waren die Fältchen, die man bekam, wenn man keine Sonnenbrille aufsetzte. Am besten waren natürlich Sonnenbrille und Sonnenhut. Eine große Sonnenbrille und ein weiter Sonnenhut. Diese Frau trug also keine Sonnenbrille und kniff ihre Augen in der Sonne zusammen, sodass diese strahlenförmigen Fältchen entstehen konnten. Mit den geschlossenen Augen. Die Frau war glücklich. Ekstatisch. Erschöpft. Sie hielt den Mann in ihren Armen. Sie streckte sich, diesen Mann in ihren Armen zu halten. Ihr Glück war umflort. Es war nicht das Glück, in dem alles vergessen wurde. Vergessen werden konnte. Sie wusste, dass sie ihn gerade jetzt in den Armen hielt. Und sie ließ sich nicht abhalten, diese Nähe. Die anderen Menschen. Der Ort. Das hielt sie nicht ab. Vielleicht hatte sie nur diese Fahrt. Vielleicht hatte sie diesen Mann abgeholt. Er hatte eine Tasche vor sich auf dem Boden abgestellt. Eine blaue Tasche. Wie für den Sport. Oder eine kurze Reise. Sie sprach auf den Mann ein. Flüsterte auf ihn ein. Sie sprach zu ihm, wie eine Mutter ein Kind zum Einschlafen überreden wollte. Sie wiegte ihn zu ihrem Murmeln. Sie stieß mit dem Kopf im Takt zu ihrem Murmeln gegen den seinen. Das Licht auf ihrem Gesicht. Die Linien quer auf der Stirn. Tiefe Linien quer. Ein Linie steil
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