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Entfernung.

Entfernung.

Titel: Entfernung. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Streeruwitz
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der Sperre. Zwängte sich durch. Sie hatte Angst, die Puffer klemmten sie ein. Sie ging rasch. Mit großen Schritten. Das Schnell-Gehen. Sie fühlte sich besser. Beim Ausgang. Essensgeruch. Nach heißem Fett und Krapfen. Donuts. Der Ausgang auf Southampton Row und kurz die Frage, in welche Richtung. Das Hotel in Richtung Russell Square. Sie hatte keine Ahnung, aus welcher Richtung sie da unten gekommen war. Sie hatte vergessen, wie oft sie um eine Ecke gegangen war und in welche Richtung. Auf dem Plan hatte es günstiger ausgesehen, in Holborn auszusteigen. Im Hotelprospekt war Russell Square angegeben gewesen. Waverly House Hotel. 3 Sterne. »Komfortables Mittelklassehotel mit Restaurant, Brasserie und Bar im historischen Bezirk Bloomsbury gelegen. 180 ansprechende Zimmer mit Sat-TV, Telefon, Föhn, Kaffee-/Teebereiter.« Sie ging nach rechts. Sie vermutete, dass es nach rechts ging. Und sie musste ja nur nach den Hausnummern schauen. Wenn die abfielen, dann musste sie umdrehen. Ein Auto fuhr an ihr um die Kurve. Haarscharf an ihr vorbei. Sie musste stehen bleiben. Eine breite Straße quer. Die Fußgängerampel auf Rot. Die Autos fuhren sehr schnell an ihr vorbei. Kamen aus der anderen Richtung. Sie war erschrocken. Ärgerte sich über sich. Sie hatte ja doch in die andere Richtung geschaut. Obwohl sie sich darauf vorbereitet hatte, hätte sie jetzt einen Unfall haben können. Sie stand und wartete. Die Luft heiß und schwer. Sie fühlte den Schweiß auf der Haut. Die Stirn feucht. Abgase. Die Luft schwer zu atmen. Der Geruch. Hupen. Dröhnen. Schreien. Im Himmel ein Flugzeug. Hinter dem Flugzeug ein fedrig breiter Kondensstreifen. Ein Doppeldeckerbus von links. Eine hohe rote Wand knapp an ihr vorbei. Sie trat einen Schritt zurück. Stieß gegen einen Kinderwagen. Die Frau zischte sie an. Ob sie nicht Acht geben könne. Selma wollte sich entschuldigen. Die Asiatin rauschte mit dem Kinderwagen an ihr vorbei. Das Kind. Blond gelockt. Es saß im Kinderwagen. Schaute Selma an. Ernst. Die Frau lief mit dem Kinderwagen über die Straße. Selma folgte. Sie hob den Rucksack auf die Schulter. Klemmte die Tasche unter den Arm. Sie ging über die Straße. High Holborn stand auf einem Straßenschild. Dann war sie richtig. Dann war die Richtung richtig. Sie ging. Ja. Das war London. Diese Fassaden. Links ein lang gestreckter Bau. Neoklassizistisch. Die Säulen über 3 Stockwerke. Dicke dorische Säulen. Eine Institution. Das Gebäude hatte etwas Institutionelles. Streng nach außen abgeschlossen und innen würden nur ganz besondere Regeln anerkannt. Und keine der Verspieltheiten des Ringstraßenstils. Unbeugsam und mächtig. Unbeugsam, weil so mächtig. Sie ging. Es war wahrscheinlich dann doch notwendig, es selber zu organisieren. Es selber zu erledigen. Sich nicht verlassen. Die Mutter hatte immer gebeten, sie zu Hause zu lassen. Und auch wenn alle Argumente richtig waren. Auch wenn der Vater Recht gehabt hatte, dass es richtiger so wäre. Und die Sydler ganz richtig gesagt hatte, dass man es eben nicht wüsste. Dass man es sich eben nicht vorstellen könne, wenn es dann so weit wäre. Und dass das schon ein Grund sein könne, die Verantwortung zu übernehmen, dass dann alles anders verliefe, als die Person es sich gewünscht. Und die Möglichkeiten. Im AKH. So ein großes Krankenhaus. Das war ja auch eine Sterbemaschine. Und Routine konnte hilfreich sein. Und von allem das Beste. Die Mutter war abtransportiert worden. Ihr Wunsch war ihr nicht erfüllt worden. Und das nicht einmal aus Vermeidung. Um es sich leichter zu machen. Der Wunsch der Mutter war nicht erfüllt worden, um es der Mutter zu erleichtern. Um es für sie besser zu machen. Der Vater ein Pädagoge des Sterbens geworden. Und sie nicht geholt. Nicht rechtzeitig. Sie nicht belästigen hatte wollen. Sie nicht abgelenkt werden sollte. Und damals begonnen hatte, sich auf die Sydler zu berufen. Die Frau Dr. Sydler hat auch gemeint. Die Frau Dr. Sydler hat auch gesagt. Die Frau Dr. Sydler als Ärztin. Als Expertin. Und die Mutter hinter diesem Satz verschwunden. Und wenn nun alles schief ging. Wenn ihr Sarah-Kane-Projekt nicht. Dann sollte sie sich darum. Dann sollte sie ein Projekt daraus machen, wie sie. Wie sie ihr Verschwinden. Inszenieren. Selber die Regie übernehmen. So viel sollte sie aus ihrer Theaterarbeit gelernt haben. Rechts eine Schauspielschule. In Schaukästen Fotos von Aufführungen. Die Termine für die nächsten Aufnahmeprüfungen. Für das

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