Entfesselt: House of Night 11 (German Edition)
passieren.«
Aphrodite wischte sich die Augen. »Nein, solange ich weiter mit einem Vampyr absolut geilen Sex habe, kann das nicht passieren.«
»Okay, so wahr und krass das ist, das wollte ich damit nicht sagen. Ich wollte sagen, dass das nicht passieren würde, weil du nicht so bist wie deine Mom«, sagte Z nachdrücklich. »Du bist nett und verantwortungsbewusst und würdest nie jemandem weh tun, den du liebst.«
»Danke«, brachte Aphrodite heraus und wischte sich wieder die Augen.
»Und nenn mich nicht Schaf.«
»Ich hab dich nicht Behindi genannt. Ich war nett und politisch korrekt.« Aphrodite drehte sich wieder um und fing an, ihre zerlaufene Mascara in Ordnung zu bringen.
»Aber die Gelegenheit, das Wort doch noch zu sagen, hast du nicht auslassen können.« Zoey seufzte. »Geht’s dir auch wirklich soweit gut nach der Sache mit deinem Dad?«
»Geht’s dir wirklich gut nach der Sache mit deiner Mom?«
Z sah überrascht aus. »Ich denke, es wird schon. Ich meine, genau wie bei dir hatte mich meine Mom schon lange nicht mehr so richtig bemuttert. Ich war’s gewohnt, dass sie nicht da ist.«
»Siehst du. Genau so geht’s mir auch.«
»Wenn du darüber reden willst, jederzeit gern, ja?«
»Ist gut. Dito. Ich weiß, eigentlich hast du für solche Psychotrips das Landei, aber die hat ja so ’ne klasse Mamma und so ’nen klasse Daddy«, ahmte sie Stevie Raes Aussprache nach.
»Nette Eltern zu haben ist nichts Schlimmes. Ist eigentlich sogar normal.«
Aphrodite schnaubte. »Da müssen wir uns wohl darauf einigen, dass wir uns uneins sind, aber darauf wollte ich gar nicht hinaus. Ich wollte sagen: Wenn du mit jemandem reden willst, dessen Eltern mindestens zur Hälfte tot sind, dann komm zu mir.«
»Danke. Glaub ich.« Zoey nahm sich ein Kleenex und putzte sich lautstark die Nase. »Warum läuft dir eigentlich nie der Rotz, wenn du weinst?«
»Weil ich nicht so eklig bin wie du.«
»Kann ich die netten Sachen, die ich über dich gesagt hab, wieder zurücknehmen?«
»Versuch’s. Viel Glück.« Aphrodite zog eine Skinny-Jeans von einem Kleiderbügel und drückte auf einen Knopf, woraufhin ihr elektrischer Schuhschrank zu rotieren begann, bis ein sauber vertikal aufgereihtes Sortiment Stiefel erschien. Sie schnappte sich das Paar Louboutins mit den roten Sohlen. Über die Schulter sagte sie zu der gaffenden Zoey: »Was denn? Du kannst mir nicht erzählen, dass diese Stiefel nicht perfekt sind.«
»Ich kann deine Stiefel nicht mal anschauen, weil dieser Schrank mich fix und alle macht.«
»Nur einer der Gründe dafür, warum du eine solche Modekatastrophe bist.«
»Wie bist du auf eine so wilde Idee gekommen?«
»Himmel noch mal, meine Mom war zwar die Pest in Tüten, aber was Lebensstil anging, kaum zu überbieten.« Sie rieb sich die Stirn. »Shit, das war ein Reim, und nicht mal ein guter, und es war Absicht. Gehen wir. Ich brauch was zu trinken und muss mir diesen Männerkram anschauen, der sich unsere Klunker unter den Nagel gerissen hat.«
»Okay, aber wenn du nicht wieder netter wirst, sag ich Kramisha, du würdest Gedichte jetzt verschlingen, weil sie so herrlich klingen und dich auf ihren Schwingen in Ekstase bringen.« Zoey grinste sie an. »Hihi.«
»Mir fehlen die Worte.« Kopfschüttelnd folgte Aphrodite ihr den Flur entlang, während Z wie eine Drittklässlerin vor sich hin kicherte. »Und die wundert sich, warum ich trinke.«
Acht
Neferet
E in Sterblicher hätte das, was Neferet tat, wohl als ›träumen‹ bezeichnet. Er hätte gesagt, er habe Albträume gehabt, so lebhaft, dass ihr Eindruck auch nach dem Erwachen noch haften blieb und so gut wie real schien.
Tief in ihrem Fuchsbau, nur in Blut und Finsternis gehüllt, öffnete Neferet ihr Bewusstsein, ließ sich im Ringen ums Überleben durch die unzähligen Sphären der sichtbaren und unsichtbaren Welten treiben.
Nein, die Unsterbliche träumte nicht.
In Wahrheit durchlebte sie ihr Leben von neuem, ein Erlebnis nach dem anderen, eignete sich all die Momente wieder an, aus denen sie, die Unsterbliche, hervorgegangen war. So hoffte sie wiederzufinden, was die Vision in dem Spiegel zerschmettert hatte: ihr Ziel und ihr wahres Ich.
Neferet begann ihre Suche mit jener Szene, die sie im Spiegel erblickt hatte, dem Augenblick des Verlusts ihrer Unschuld. Sie wurde wieder zu der sechzehnjährigen Emily Wheiler, deren Mutter ein halbes Jahr zuvor gestorben war, und war zum zweiten Mal jener Nacht ausgeliefert, in der ihr
Weitere Kostenlose Bücher