Entfesselt: House of Night 11 (German Edition)
Zeit auf den Grund zu gehen.« Plötzlich richtete sie den Blick auf jemanden hinter uns. »Kalona, Ihr seid der einzige Unsterbliche hier. Wie ist Eure Meinung?«
Die Frage überraschte sichtlich uns alle. Thanatos rückte auf ihrem Stuhl zur Seite, und Aphrodite und ich ließen Kalona zwischen uns treten.
Er verneigte sich mit der Faust über dem Herzen, dann sagte er: »Ich sehe kein Problem darin, Zoey und ihre Freunde einschließlich meines Sohnes Rephaim im Bahnhof wohnen zu lassen. Sie werden von starken, verlässlichen Kriegern bewacht, und in den Tunneln sind sie sicher. Was die Morde angeht, besteht für mich kein Zweifel, dass das Wesen Neferet Gestalt angenommen und beide Tode verschuldet hat. Und es geht einfach über die Kräfte der Menschen, sie für ihre Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen.«
»Kalona, wegen des Eides, den Ihr Thanatos schwort, haben wir Euch in unsere Gemeinschaft aufgenommen, aber wir sind alle gespannt, wie Ihr eine bestimmte Frage beantworten werdet«, sagte Duantia.
Kalonas Schwingen raschelten, und seine Muskeln spannten sich an, aber seine Stimme verriet keine Regung. »Ich werde jede Frage beantworten, die Ihr mir zu stellen wünscht, Hohepriesterin.«
»Ihr habt zwar nie in vollem Wortlaut von Euch behauptet, der fleischgewordene Erebos zu sein, doch Neferet hat Euch uns so vorgestellt. Sie behauptete, Ihr habet ihr das durch geschickte Lügen eingeredet.«
»Jedoch habe ich mich niemals selbst als Erebos bezeichnet. Und hier stehe ich als eidgebundener Krieger eines Mitglieds Eures Rates, während Neferet Kinder und Menschen ermordet und ungeschoren davonkommt.«
»Ja, in der Tat ist dies eine interessante Wendung. Unsere Frage ist, wer seid Ihr?«
Alle, selbst Thanatos, blickten Kalona an. Würde er ihnen jetzt eröffnen, dass er Erebos’ Bruder war? Himmel nochmal!
»Ich war vieles – Gott, Geliebter, Zerstörer und Retter. Jetzt bin ich der eidgebundene Krieger des Todes. Und passenderweise ein Unsterblicher.«
Ich überlegte, ob ich einfach laut sagen sollte, dass er Erebos’ Bruder war, aber war er das wirklich? Ich war schon zu spät gekommen, was mich pflichtvergessen wirken ließ, und ihnen war vermutlich klar, dass ich stinksauer auf sie war. Es würde gar nicht gut kommen, wenn ich so was behauptete und Kalona überhaupt nichts dazu sagen würde. Oder noch schlimmer, es schlankweg abstreiten würde. Also hielt ich ausnahmsweise mal den Mund.
»Kalona, ich habe zu Nyx gebetet und sie angefleht, mir zu sagen, ob Ihr eine Gefahr für Thanatos oder das House of Night darstellt«, sagte Duantia.
»Und was hat die Göttin geantwortet?«, wollte er wissen.
»Nyx hat sich in Schweigen gehüllt.«
»Nun, das ist auch eine Antwort«, sagte Thanatos. Ich fand, sie klang gereizt. Sie und Duantia starrten sich ein paar Sekunden lang schweigend an, was damit endete, dass Duantia den Blick abwandte und ihren Hohen Rat ansah. »Priesterinnen, hat etwas von dem, was ihr heute hier gehört habt, eure Meinung darüber geändert, was Thanatos’ Bitte angeht, bei der Polizei von Tulsa zu intervenieren?«
Auf unheimliche Art wie aus einem Mund sagten alle fünf: »Nein.«
Duantia wandte sich wieder uns zu. »Dann ist das letzte Wort gesprochen. Was in Tulsa geschieht, hat bereits Unfrieden zwischen Menschen und Vampyren ebenso wie innerhalb des House of Night selbst gestiftet. Ein Teil von euch hat sich von der Gemeinschaft separiert, und aus den letzten Ereignissen wird deutlich, dass dieser Bruch der Vampyrgemeinschaft nicht guttut. Wir haben Neferet verstoßen. Sie liegt nicht mehr in unserer Verantwortung. Es ist nicht an uns, ihre Verbrechen zu ahnden.«
»Aber Neferet ist doch der Grund für all diese Probleme. Sie ist schuld an dem ganzen Mist – das müssen sowohl die Menschen als auch Sie einsehen.« Ich erstickte fast, weil ich mich im Zaum hielt, nicht zu brüllen.
»Sie ist unsterblich«, sagte Duantia. »Wie Kalona sagte, kann sie nicht durch die Menschen zur Rechenschaft gezogen werden.«
»Ihr erwartet von uns, dass wir sie zur Rechenschaft ziehen«, sagte Kalona.
»Exakt. Deshalb werden wir nicht bei den menschlichen Behörden intervenieren. Wir werden auch nicht länger dulden, dass sich eine Gruppe von Jungvampyren und Vampyren vom House of Night abspaltet.«
»Sgiach ist eine Vampyrhohepriesterin und hat sich schon vor Jahrhunderten von Ihnen abgespalten, das dulden Sie doch auch«, versuchte ich zu argumentieren.
»Sgiach schürt keine
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