Entfesselt
Ihre glänzenden dunklen Haare umrahmten ihre Wangenknochen im perfekten Bogen und strichen im Nacken über ihren Kragen. »Aber die Bilder, die wir gesehen haben, ergaben keinen Sinn - es war das reinste Durcheinander.«
»Unsere Versuche, etwas zu sehen, könnten von demjenigen vereitelt worden sein, der hinter den Anschlägen steckt«, sagte Asher.
»Nichts davon scheint gegen eine bestimmte Person oder Familie gerichtet zu sein?« Solis sah mich nicht an. Wie überaus taktvoll.
River schüttelte den Kopf. »Es gibt ein paar bedeutende Familien und Lernzentren, die nicht angerührt wurden. Andere wurden nur bedroht, so wie wir. Wieder andere sind vollkommen zerstört und ihre Mitglieder getötet worden.«
»Ich kann nicht glauben, dass diese Person keine Spuren hinterlassen hat!«, bemerkte Jess mit Grabesstimme. »Wir sollten einen dieser Orte aufsuchen und so lange nachforschen, bis wir etwas finden, das uns zu diesem Bastard führt!«
»Das wäre ein Ansatz«, sagte Daniel. »Und es hört sich besser an, als nur in diesem Haus herumzusitzen, auf dem in Großbuchstaben >Opfer< steht.«
»Das wäre eine Möglichkeit«, sagte River gelassen. »Aber was auch immer wir unternehmen, eins ist wohl jedem klar: Wir müssen uns auf das Schlimmste vorbereiten. Ich denke, dass uns eine Schlacht bevorsteht. Und ich glaube nicht, dass einer von uns in seinem ganzen Leben schon einmal in einen solchen Kampf gezogen ist.«
Da ihr Leben 718 begann, bedeutete das wohl, dass noch nie jemand von einer solchen Herausforderung gehört hatte.
»Wir haben besprochen, dass wir jedem, der sich aus dieser Sache heraushalten will, dringend nahelegen möchten, River's Edge zu verlassen.«
Meine Brauen gingen nach oben und rund um den Tisch waren verblüffte Gesichter zu sehen.
»Ihr könnt schon heute Abend gehen«, fuhr River fort. »Ich kenne einige Orte, die vermutlich noch sicher sind - gut geschützte Verstecke. Und es steht jedem von euch frei, sie aufzusuchen und dort in Sicherheit zu leben, bis alles geklärt ist.«
»Niemand von uns wird gehen!«, verkündete Brynne. Anscheinend hatte sie Charles' hoffnungsvollen Blick nicht gesehen.
Oder den von Solis oder Rachel. Wer konnte es ihnen verdenken? Jeder, der seine fünf Sinne beisammenhatte, würde
sich vom Acker machen.
River sah Brynne freundlich an. »Das muss jeder für sich selbst entscheiden.«
»Wenn es zum Kampf kommt, werden wir kämpfen.« Daisuke hatte bisher nichts gesagt, doch jetzt sahen ihn Joshua
und Reyn aufmerksam an. Daisuke war einst ein Samurei - ob die beiden das erkannt hatten? »Wir sollten uns auf das Schlimmste vorbereiten.« Daisukes Gesicht zeigte keine Spur von Angst, aber auch keine Aufregung - nur eine ruhige Gewissheit. »Sollten wir nicht ... nach Genua gehen?« Ich erkannte die Stimme kaum als meine eigene. »Sollten nicht wenigstens ein paar von euch euer Haus beschützen, den Geburtsort eurer Familie?«
Ein winziges Lächeln umspielte Rivers Gesicht für einen kurzen Moment. »Nein, das ist nicht nötig. Alles, was mir wichtig ist, befindet sich hier bei mir.«
Ah, schon kapiert - die vier Brüder. Aber was war mit Büchern, Juwelen oder magischen Werkzeugen? Vielleicht wertvollen Wandteppichen? Müssten sie nicht gerettet werden? Ich hätte viel dafür gegeben, wenigstens ein Buch zu haben, irgendetwas, das meinen Eltern gehört hatte. War das Erbe ihrer Familie so gut geschützt?
Rivers Blick wanderte am Tisch langsam von einem zum anderen. Das Kerzenlicht tauchte Wangen in den Schatten und ließ Augen heller und eindringlicher funkeln. »Ich versichere euch, wenn jemand gehen möchte, werden wir ihm nichts als Liebe und die besten Wünsche mit auf den Weg geben.«
Joshua meldete sich zum ersten Mal zu Wort: »Leute, bitte bleibt nicht, wenn ihr nur eine Belastung seid. Wenn ihr nicht fest entschlossen oder nicht in der Lage seid, euch zu verteidigen, körperlich oder magisch, dann tut uns bitte den Gefallen und geht..
»Joshua«, sagte River betroffen.
»Er hat recht.« Es kostete Reyn sichtlich Überwindung, ihm zuzustimmen. »Jeder, der nicht bereit oder fähig ist, zu kämpfen und sein Leben mit allen Mitteln zu verteidigen, ist nur eine Schwachstelle in unserer Rüstung.«
River sah aus, als wollte sie widersprechen, konnte es aber nicht.
»Ich bewundere es, wenn jemand über die Selbsterkenntnis verfügt, einzusehen, dass er woanders von
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