Entfesselt
weiteren Gedanken gemacht - nur oh, hol Reyn zu dir ins Zimmer, damit ihr reden könnt. Und jetzt, wo er tatsächlich da war, befand sich jeder zusammenhängende Gedanke in meinem Kopf auf der Flucht. Reyn ließ mein Zimmer so viel kleiner wirken.
Dazu kam noch, dass wir allein waren und dass da ein Bett stand. Nur so am Rande.
Die langbeinige, dünne Dufa begann, in meinem Zimmer herumzuschnuppern, und ich räusperte mich. Es war Zeit, meine einfühlsame Seite herauszukehren. »Du wirkst angespannter und gereizter als sonst. Was zum Teufel ist mit dir los?« Seine Kiefermuskeln spannten sich, und obwohl es vielleicht ein bisschen zu spät war, überlegte ich, ob ich in letzter Zeit irgendetwas getan hatte, das ihn sauer gemacht haben könnte. Ich beschloss, die Coole zu spielen, und hob fragend die Brauen. Als dann immer noch nichts von ihm kam, nahm ich Dufa hoch und setzte mich aufs Bett, damit er nicht merkte, wie sehr er mich verunsicherte. Dufa schnüffelte an meinen Klamotten und leckte mir das Kinn.
»Braver Hund«, murmelte ich verlegen und tätschelte ihr den knochigen Rücken.
Reyn stand bewegungslos da. Über sein kantiges, tolles, liebenswertes Gesicht huschten diverse unerfreuliche Emotionen. »Hast du ein Problem damit, die Ursache einzugrenzen?« Ach ja, zickig zu sein, fiel mir entschieden leichter.
Er hob das Kinn. »Vielleicht ist das eine blöde Idee«, sagte er leise, dass ich mich vorbeugen musste, um ihn zu verstehen. »Das mit uns beiden.«
Mein Herz stürzte hinab in meinen Magen und rollte sich dort zu einem kalten kleinen Ball zusammen. Das hatte ich nicht kommen sehen. Er hatte mich monatelang mit der Sturheit des Winterschlächters verfolgt, und trotz meiner Empörung und meiner abweisenden Art hatte ich mich doch daran gewöhnt, dass er es wieder und wieder versuchte.
»Was?«, würgte ich hervor. Und dann beschleunigte ich von null auf stinksauer in einer Millisekunde. »Oh nein, das kannst du vergessen! Du gräbst mich nicht monatelang an und machst dann plötzlich einen Rückzieher.«
»Ich habe es nicht zu Ende gedacht.« Er fühlte sich sichtlich unbehaglich.
Ich starrte ihn an. Dann schubste ich Dufa von meinem Schoß, ging zum Kleiderschrank und riss mein Schwert heraus. »Zwing mich nicht, es zu benutzen«, drohte ich. »Du wirst dich hier nicht rauswinden!« Ich richtete das Schwert auf ihn, obwohl ich natürlich genau wusste, dass er die feine Klinge mit dem kleinen Finger durchbrechen konnte.
Er hob den Kopf und sein plötzlicher verschlagener Ausdruck machte mich nervös. »Mich wo rauswinden?«
Und hier wird deutlich, wie er es geschafft hatte, so lange ein erfolgreiches Alphamännchen zu sein: Er konnte auch unter Stress denken und zwang mich jetzt, genau zu definieren, woraus er sich nicht winden sollte. Was bedeutete, dass ich der Sache einen Namen geben musste. Das hatte ich bisher vermieden, sogar vor mir selbst. Das Präziseste, was mir dazu eingefallen war, war »das Ding zwischen uns«.
»Das Ding zwischen uns«, sagte ich von oben herab.
»Unsere Beziehung?«, hakte er nach und ich musste beinahe würgen. Das Ding zwischen uns war einfach nicht zu erklären. Meine psychologische Wohlfühlzone bestand darauf, dass ich es so nebulös wie möglich hielt. Etwas in mir musste so tun, als fände das Ganze gar nicht statt, zum einen, weil ich es weder verstand noch rechtfertigen konnte, und zum anderen, damit ich nicht verletzt wurde, wenn etwas schiefging. So wie jetzt. Und meine Empörung und Wut bewies, dass ich bereits gefühlsmäßig involviert war. Panik schoss durch mein Hirn und ich war kurz davor, mich zu übergeben.
»Ah«, sagte ich. Ich ließ mich wieder aufs Bett sinken. Das Schwert hing locker zwischen meinen Fingern herunter. Ich hasse es, meine Emotionen zu analysieren. Können wir den Schrank mit meiner Psyche nicht einfach geschlossen lassen? Oder gleich zunageln? Wäre irgendwie einfacher.
Reyn sah weniger verbiestert aus. »Dann willst du also nicht, dass ich gehe?« Aus »weniger verbiestert« wurde »vorsichtig grinsend« und erst da wurde mir klar, wie viel ich von mir preisgegeben hatte. Ich hatte einen Typen, der mit mir Schluss machen wollte, mit dem Schwert bedroht. Gott, wie peinlich war das denn?
»Natürlich will ich, dass du gehst«, sagte ich verletzt - was für eine Schmach! »Aber ... erst wenn ich es sage. Nicht du.« »Aha.« Reyn fuhr sich mit den Fingern durch die Haare
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