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Entfesselte Energien (Band 1)

Entfesselte Energien (Band 1)

Titel: Entfesselte Energien (Band 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Collmann
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auf und nahm etwas Dunkles, Metallisches heraus, da ss er in seine Manteltasche steckte. Dann suchte er auf dem Experimentiertisch herum – „hier dies“, sagte er lächelnd, „ist gerade recht.“ Er ergriff einige Gitterrähmchen aus feinen Neusilberdrähten, wie sie zu Versuchen über elektrische Widerstände benutzt wurden. „Sehen Sie, das passt gerade hinein.“
    Ebersbach lachte kurz auf, wickelte den Apparat vorsichtig in fotografisches Papier und verschloss ihn in einen Schrank unter dem Abzug. „Aber dass wir so sang – und klanglos hier abziehen!“
    „ Sollen wir ‘‘Vivat’’ rufen?“, fragte Riemenschneider lächelnd.
    „ Wert wäre es diese Stunde“, erwiderte Ebersbach ernst.
    „ Von hier aus wird eine neue Epoche der Naturwissenschaft – der Technik beginnen.“
     
    Als Lehrer und Hiwi sich draußen getrennt hatten, ging Riemenschneider durch die laue Nacht noch ein wenig über seine Wohnung hinaus und fand sich auf einmal auf der Neckarbrücke, von wo er in das matt beleuchtete Wasser hinunter sah. Du offener, heiterer Fluss, birgst doch auch manches Geheimnis in deinen Tiefen. Was alles hast du im Schwarzwald, wo du noch ein wild schäumender Geselle warst, an den Felswänden losgerissen, dass du auf deinem Grund weiter wirbelnd und zermalmend, jetzt mit dir zum Rheine führst. Vielleicht auch ein wenig des gelben Metalls, das sie aus dem Rheinsand waschen, der kostbaren Materie, die mir so sehr fehlt. Was nützen alle Gedanken, alle großen, herrlichen Probleme, wenn ich die Apparate nicht bauen kann, die zu ihrer Verwirklichung – ach nur erst zu ihrer Erprobung dienen. Nicht einmal die Atomenergie kann ich aus ihren Banden befreien. Das unterste meiner Probleme! – Und wie dem Rätsel der Schwerkraft zu Leibe rücken? Dem mühelosen Schweben in der Atmosphäre? Und nun gar der Umwandlung der Atome! Der Gewinnung wertvoller Metalle! Wenn ich diesen Planeten einmal verlassen muss, nicht den dritten Teil dessen, was ich hätte schaffen können, werde ich zu einem guten Ende führen. Nur darum, weil ich kein Geschäftsmann bin! Weil ich nicht in die Tiefen steigen kann, in die schmutzigen Winkel, wo man das herausfischen kann, was ich stets als meinen Feind betrachtet habe und was ich doch so notwendig brauche. Meine Mutter hat schon recht: Du bist grad wie der Vater; ihr Riemenschneiders könnt nicht rechnen und könnt nicht zusammenhalten. Ihr legt kein Bankkonto an, ihr gebt alles für euren naturwissenschaftlichen Firlefanz aus. – Aber Mutter, dieser ‘‘Firlefanz’’ ist doch das Meer, das uns alle trägt, ist die Bedingung unseres irdischen Daseins. Und ist schließlich gerade das, was mir – was uns auch die Mittel schafft, ein Bankkonto anzulegen. – Bleibt also nichts anderes übrig als eine reiche Heirat, wie Tante Agathe vorschlug? Nein bestimmt nicht! – Oder Gold? Aber wo hernehmen, wenn nicht stehlen! Aber und abermals drehen wir uns im Kreis! Und im Mittelpunkt steht doch immer die Geldgier! – Oder sollte ich auf das Angebot des reichen Amerikaners eingehen? – Ich weiß es nicht!
    Riemenschneider dachte nach. Seltsam, wie viele Ausländer gerade in meiner Vorlesung sitzen! Sollte Ebersbach doch recht haben? Das Vorkommnis an diesem Abend gibt mir zu denken. – Ach so! Er wühlte in den Manteltaschen, zog die verfängliche Drahtkonstruktion, die sogenannte ‘‘Baumpflanzung’’ heraus und warf sie schnell über das Brückengeländer. Er sah sich nach allen Seiten um – nachher!? Er musste über sich selbst lächeln. Aber es hatte ihn niemand beobachtet, kein Mensch war mehr hier draußen in der späten Nacht. Wenn nicht unten jemand in den Büschen! – Plumps machte es eben erst unten im Wasser. Er erstaunte. Wie viel Gedanken habe ich gedacht zwischen Wurf und Aufprall aufs Wasser! Ob wir mit unserem Geist wirklich einmal hineinragen in einen Bereich, in dem die Zeit nicht mehr existiert? Und nicht der Raum – und nicht die Materie? Kein Wunder dann, dass es so schwer ist, die Gedanken zu verwirklichen in dieser materiellen Welt. In tiefen Gedanken ging Riemenschneider in die nächtliche Stadt zurück.

 
     
     
     
     
     
     
     

     

6 . Kapitel
     
     
     
     
    Als Tess in Tübingen auf dem Bahnhof ankam, zauderte sie einige Augenblicke, aus dem Gebäude herauszutreten; es kam ihr zum Bewusstsein, dass sie sich irgendwie vor dem Wege durch die Stadt fürchtete. Ein Taxi nehmen? Aber es war ja lächerlich für die kurze Strecke! Also

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