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Entfesselte Energien (Band 1)

Entfesselte Energien (Band 1)

Titel: Entfesselte Energien (Band 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Collmann
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verheiratet?“
    „ Ja.“
    „ Bist du schon einmal mit ihm zusammengekommen?“
    „ Ja.“
    „ In der Nacht?“
    „ Ja, im Dunkeln.“
    „ Was – habt ihr – getan?
    „ Versuche gemacht.“
    „ Wie? Ihr habt versucht – zu?“
    „ Chemische Versuche – oder?“
    „ Oder??“
    „ Halb Physikalische.“
    Der Beichtvater fuhr scharf herum, seine kleinen Äuglein liefen hastig forschend an seinem Beichtkind auf und nieder. Sollte sie sich erdreisten – ihn zum Besten zu halten? „Wollen sie – beichten?“, fragte er unsicher.
    „ Nein! Aber ich will ihnen erklären, warum ich mich nicht hier einspannen lasse.“
    Der hochwürdige Herr wich entsetzt zurück vor diesem flammenden Blick.
    „Nie würde ich die letzten Groschen des armen alten ‘‘Fauser Hans’’ annehmen.“
    Der Kaplan wurde bleich vor Schrecken.
    „Außerdem arbeite ich mit meinem Professor an einem großen Werk, das noch einmal eine bedeutende Rolle für die Wissenschaft und die deutsche Nation, ja vielleicht sogar für die Wehrmacht spielen wird.“
    „ Ja dann – dann freilich!“ Er suchte hastig, um den Tisch herumtrippelnd, nach seinem Käppchen. „Dann natürlich, Baroness – sind Baroness – absolviert!“ Er verbeugte sich tief, mit seinem süßesten Lächeln und lief eiligst hinaus.
    Tess lauschte auf die unbestimmten Geräusche, die man von draußen hörte. Selbstverständlich standen sie draußen – drei, vier – um das Ergebnis dieses letzten Vorstoßes, von dem man so viel erhofft hatte, abzuwarten. Sie sah förmlich die entsetzten Mienen, als der hochwürdige Herr – eben nur noch sehr wenig würdig – vorbeieilte, mit fataler Gebärde das vollkommene Fiasko zur Seite und noch nach hinten winkend. Eine momentane Totenstille folgte – man war sprachlos, man konnte es nicht fassen – erst dann entfernten sich da und dort schleppende Schritte, vermischt mit Seufzen und Stöhnen.
     
    Aber auch an der Siegerin war der Kampf nicht spurlos vorübergegangen, sie ließ sich völlig erschöpft in ihr Kanapee gleiten, kuschelte sich in Kissen und Decken und war bald dieser feindlichen, falschen Welt entglitten. Freilich nicht lange ließ der Hunger sie schlafen, sie hatte seit Tübingen nichts mehr gegessen. Ich möchte nicht gern hinuntergehen. Ob mir wohl jemand etwas heraufbringt? Oder bin ich jetzt ganz verfemt?
    Tess trat ans Fenster und sah in den Hof hinab. Unten ging gerade die alte Babette vorbei. Tess rief sie an und führte ihre Hand, zum Löffel geformt, zum Munde. Die Babette verstand, und ob sie auch nicht in der Küche regierte, lief sie doch sofort ins Haus und kam nach wenigen Minuten mit einem Tablett voll belegter Brote nach oben.
    „ Un kalte Milch haw au mitgebracht, die trinke Se doch so gerne !“
    „ Das wissen sie noch, Babette!“ Tess gab ihr die Hand und hielt sie eine Weile fest. Wie runzlig und dunkel war die Hand der Alten! Und doch wie viel schöner und treuer als die glatten, wohlgepflegten Hände seiner Hochwürden! Sie fragte die Alte nach diesem und jenem, nur um sie noch eine Weile bei sich zu haben, die Nähe der treuen Dienerin, die schon mit dem Kind einst gespielt hatte, tat ihr wohl.
    „ Wie geht’s dem alten ‘‘Fauser Hans’’?“, fragte Tess so ganz beiläufig.
    „ Oach, der isch widder ganz guet geworde .“
    „ Was?“
    „ Ja, den hawwe se in Diebinga operiert, der denkt nimmer ans Sterwe .“
    Tess war starr. „Wann ist das gewesen, Babette?“
    „ Na, des kenn – dass er zurückkomme isch – guet zehn Tage her sei.“
    „ O, wie scheußlich!“, fuhr es Tess heraus. Und da die Alte sie verständnislos anstarrte, erzählte sie ihr, was der Kaplan eben gesagt hatte.
    „ Oach – oach !“, machte Babette und winkte geheimnisvoll und wegwerfend ab . „Der!“, raunte sie, „ wenn i reden därft !“ Und als hätte sie schon zu viel gesagt, ging sie schnell, kopfschüttelnd und wieder abwinkend hinaus.
    Tess stand noch immer auf demselben Fleck. „Auch noch gelogen hat er – und das war eure Ultima Ratio?“ Tess überlegte allen Ernstes, ob sie nicht sofort wieder abreisen sollte, aber der toten Großmutter zuliebe hielt sie aus. Noch 36 schwere, böse Stunden, dann sah sie unten im Hof ein fremdes Auto halten – das war die Erlösung: Vetter Leo stieg aus – in Uniform! O herrlich! Gleich lief sie alle Treppenstufen hinunter und fing ihn noch im Schlosshof ab.
    „ Leo!!“
    „ Ja, liebe Base, da bin ich!“ Herzlich wie noch nie schüttelte

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