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Entfesselte Energien (Band 1)

Entfesselte Energien (Band 1)

Titel: Entfesselte Energien (Band 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Collmann
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bitten, Baroness?“ Lustig zwinkerte er dabei der blonden Schönheit zu.
    „ Das geht leider nicht, Herr Kirna, diesen Tanz habe ich schon meinem Freund hier versprochen, aber nachher stehe ich ihnen zur Verfügung.“
    Der so Vertröstete wollte sich mit gut gespielter Enttäuschung, schwer aufstöhnend abwenden, blieb aber noch einmal stehen und fragte: „Darf ich auch kommen, wenn ich auf eine andere Weise mit ihnen umspringen will, als es hier üblich ist?“
    „ Kommen sie! Kommen sie! Was auch immer sie mir zu zeigen haben, ich bin stets für neue Weisen zu haben.“
    „Wer ist das?“, fragte Franz, nicht eben freundlich, als der Schauspieler mit drei Verbeugungen sich entfernt hatte, wobei seine Pose und sein Lächeln mit der zunehmenden Entfernung mehr und mehr zerrann und in aufmerksame Betrachtung überging, bis er sich auch davon losriss und mit einem bedeutungsvollem Blick endgültig verschwand.
    „Das ist der seltsamste Mensch, den ich je gesehen habe; der immer so tut, als ob er Theater spielte, als ob er seinen Partner – oder auch sich selbst – zum Besten hätte, der aber, so wie mir’s scheint, ein grundgescheiter Kerl ist, vielleicht zu gescheit für die Rolle, die man ihm zu spielen gibt. Wie ja auch mancher Narr einst klüger war als der König, der ihm die Schellenkappe aufs Haupt setzte.“
    Franz war noch nicht ganz zufrieden mit dieser Auskunft; er wusste zwar nichts mehr einzuwenden, aber er spürte doch, dass sich hier etwas anzuspinnen drohte, das vor seinem Forum nicht bestehen konnte. Er suchte noch einmal mit Adlerblicken nach dem ‘‘verdammten Kerl’’, aber da er ihn nicht fand, ließ er noch einmal fünf gerade sein. Ein Appell Tessis weckte ihn aus seinen Gedanken. „Da sieh, Franz! Nach dem Herrn dort kannst du dich richten. Tritt mir der Chilenin nicht auf die Füße, das ist ein schlechter Auftakt!“
    Er wurde rot, aber nicht verlegen, seine hellen Augen flammten, keinen Augenblick schämte er sich dieser ‘‘Freundschaft’’ mit der Chilenin. So würde ers vielleicht genannt haben.
    „ Komm!“, flüsterte Tess. Sie ordneten sich in den Kreis ein. Viel Platz gab’s nicht, man musste schon tüchtig aufpassen, wenn man nirgends anstoßen wollte.
    Tess gab dem, der mit einigem Herzklopfen an diesem Tage sein Debüt antrat, noch manchen Wink, ehe sie ihn auf die fremde Materie losließ. „Du weißt ja, dass du auch die Dame des Hauses einmal auffordern musst?“
    „ Nur einmal?“, stöhnte er befreit auf, „na Gott sei Dank!“
    Tess lachte, so wörtlich nahm ers. „Sie sitzt gerade dort! Hol sie jetzt! Diesen Tanz kannst du am besten. – Hab auch später mal ein Auge auf sie! Sitzen darf sie niemals, das mag sie wenig leiden. – Also los, du Siegfried!“ 
    Gleich kam der Jago wieder, kaum eine Sekunde stand sie allein. Irgend eine Absicht hatte er, sehr ernsthaft und ausschließlich. So ausschließlich, dass er sich den Teufel um alles Gerede kümmerte, das daraus entstehen musste. Was wollte er aber? Tess sah ihm gespannt entgegen.
    „ Wollen wir tanzen?“, fragte er so vertraut, als wären sie seit Jahren bekannt.
    Seltsam! Hatte nicht auch sie jegliches Gefühl des Fremdseins vor ihm verloren? Gleich in den ersten Augenblicken! Aber mochte sie ihn darum auch leiden? – sie hätte sich ebenso gut sagen können: ‘‘Ein sehr interessanter Gesellschafter!’’
    „ Gibt’s denn noch etwas anderes als tanzen?“, fragte sie.
    Er nickte bedeutungsvoll und wies mit seinen Augen – die an solche Verrichtungen gewöhnt schienen – nach einem Zimmer, das eben leer stand.
    „ Wenn sie etwas Interessanteres haben!“
    „ Als tanzen, ja! – Für kluge Menschen!“ Er bot ihr den Arm.
    „ Halt!“, rief sie, „wollen sie mit mir spielen? Oder was haben sie vor, es doch nichts ernstes?“
    Er erstaunte, seine Augen wurden groß und ruhig, sein Gesicht glättete sich, als ob er mit einem Bügeleisen überfahren worden wäre. Alle Rollen, die er gespielt hatte und noch spielen wollte, fielen von ihm ab, er wurde ein Mensch mit seinen spezifischen Charakter, und dieser Charakter war ganz bestimmt interessant und bedeutend. „Kommen Sie!“, sagte er, ohne zu führen, aber dagegen gab es kein Auflehnen mehr.
    Als sie in das etwas gedämpft erleuchtete Zimmer eintraten, überlegte sich Tess, ich werde ihm gleich im Anfang sagen: ‘‘Mein Herr, wenn sie mir einen Heiratsantrag machen wollen, verwenden sie bitte darauf keine Sekunde Zeit mehr, weil

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