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Entfesselte Energien (Band 1)

Entfesselte Energien (Band 1)

Titel: Entfesselte Energien (Band 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Collmann
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das absolut zwecklos ist.’’
    Aber sie kam nicht weiter mit ihren Gedanken, das war ein Irrtum; ein Mann, der die elementarsten Pflichten des Kavaliers so ignoriert wie er eben, hat nicht die Absicht, die man bei solchem Gehabe zunächst vermutet. Was wollte er aber ? Sie setzte sich ihm gegenüber, gespannt und – wie sie sich gestehen musste – schon ganz in seinem Banne.
    „ Lassen sie uns offen reden“, sagte er, „ohne einleitende Geplänkel, denn es steht uns nur wenig Zeit zur Verfügung. Ich will es ruhig gestehen, ich hatte zunächst die Absicht, ein bisschen mit ihnen zu flirten, so wie ich schon mit hundert Frauen gespielt habe. Ich hab’s gebüßt, mit schwerer Niederlage. Können sie mir verzeihen?“
    Tess sah ihn aufmerksam an, sie erwiderte nichts.
    „ Wenn sie mir verzeihen, wenn sie mir von jetzt an vertrauen, Baroness, soll es ihr Schaden nicht sein.“
    „ Reden sie weiter! Ich will sehen, ob ich ihnen vertrauen kann.“
    „ Ich bin das, wofür sie mich hielten.“
    „ Ein Engländer?“
    „ In England lebend.“
    „ Ah so! Und sie wollen mich überreden, mit hinüberzukommen, damit ich ihnen helfe?“
    Er antwortete nicht gleich, denn gerade durchbohrte er sie mit seinen erbarmungslos zupackenden Augen. Hielt er noch einmal eine Generalabrechnung mit ihr, ehe er ihr den Vertragsentwurf vorlegte?
    „Was müsste ich denn können, wenn ich dort ‘‘Arbeiten’’ wollte?“, fragte sie leise.
    „ Darüber brauchen sie sich keine Gedanken zu machen Baroness, denn sie können es. – Es fragt sich nur: Wollen sie auch? Reizt sie eine solche Aufgabe?“
    „ O ja! Ich hatte das sogar schon einmal ins Auge gefasst, es wurde mir aber von berufener Seite gesagt, dass gerade in England so gut von uns ‘‘gearbeitet’’ worden sei, dass uns nichts Wesentliches mehr fehle.“
    „ Nichts ist falscher als das“, ereiferte sich ihr Gegenüber.
    „ Inzwischen habe ich übrigens eine andere Aufgabe übernommen, die mich ebenso reizt und die, wie ich schätze, noch bedeutungsvoller für unser Land sein wird.“
    Herr von Barnek zuckte zweifelnd die Achseln. Tess stutzte. „Kennen sie meine Arbeit? Wissen Sie, was wir dort auf dem Schießplatz machen?“
    „ Ich weiß das, was der ganze Generalstab weiß: Herr Riemenschneider, dieser geniale Erfinder, gewinnt elektrischen Strom durch Atomzertrümmerung – oder so etwas. Das ist bestimmt von enormer Wichtigkeit für die Technik, zunächst einmal für die Kriegstechnik. Aber gehen wir doch der Sache einmal weiter nach: Jetzt …“ Er brach ab, enttäuscht. „Sie hören mir ja gar nicht mehr zu?“
    Sie fuhr hastig zu ihm herum. „Bitte seien sie nicht böse! Ich musste mal eben sehen, wie mein Freund dort seine Sache macht.“
    Er lächelte befreit auf. „Ah! Auch ein Schüler von ihnen?“
    „ Wer noch?“
    „ Ich, My lady!“
    Sie drohte ihm leise.
    „Baroness haben mir heute eine wichtige Lektion erteilt.“ Er fuhr in seinem früheren Tone fort: „Ich wollte ihnen mal etwas vorrechnen: Eben kann der Erfinder die Apparate noch mit zwei oder drei Assistenten bauen; aber nehmen wir mal an, die Sache führt sich ein – und das tut sie doch?“
    Tess nickte, ihm gespannt entgegensehend.
    „ Dann wird die Armee bald Tausende von Apparaten anfordern – vielleicht Hunderttausende!“
    Tessis Augen weiteten sich. Der sprach es brutal aus, stellte es aber klar, was sie in schlimmen Stunden schon oft in undeutlichen Umrissen hatte auftauchen sehen.
    „Glauben Sie, Baroness, dass man es dann bei diesem Miniaturlaboratorium bewenden lassen wird?“ Er hielt einen Moment inne. Sie sagte nichts, sie wartete bebend, hoffte dass er es sagen würde. Also sagte er darauf: „Dann wird entweder ein großes Arsenal gebaut – vielleicht auch zwei, drei – oder die Sache wird in Bausch und Bogen unserer Schwerindustrie übergeben. Krupp? – Siemens? Je nachdem, ob es mehr in die Stahl- oder in die Elektrobranche rubriziert wird. Und dann, Baroness? Wo bleiben Sie? Wo bleibt der blonde Riese?“
    Tess zitterte so, dass sie sich mit beiden Händen an den Armlehnen des Sessels halten musste. Einen Herzschlag lang hasste sie den Mann, der diesen gähnenden Abgrund vor ihr aufriss. Aber gleich schämte sich ihr begreifender Verstand für sie; sprach er ein Fünkchen mehr als die reine, nackte Wahrheit? Wie sie selbst es sich schon längst hätte sagen können – hätte sagen müssen! – Wie hellsichtig man in solchen Augenblicken wird! Gerade

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