Entfesselte Energien (Band 1)
verschiedene Salze; zum Beispiel kohlen-, phosphor- und schwefelsaures Kalium, kohlensaures Kalzium, einige Eisenverbindungen in ganz geringer Menge, Spuren von Manganverbindungen, und so weiter.“
„ Aha!“ Er hatte ein Notizbuch gezogen und mitstenografiert, wie es schien, mit außerordentlicher Sicherheit. – „So! Und was ist Erde?“
„ Meistens ein Gemisch von Ton und Sand, das heißt kieselsaures Aluminium und Siliziumdioxid, oft enthält sie noch kohlensaures Kalzium, außerdem Humus, das heißt pflanzliche oder tierische Materie in mehr oder weniger fortgeschrittenem Stadium der Verwesung, stets sind auch noch Spuren der Salze zu finden, die sie sich eben notiert haben.“
„ So! Das ist Erde? Und dann – ah so: Wie kann man Tinte wegbringen? Mit Sicherheit?“
„ Mit Sicherheit überhaupt nicht! Falls das Papier unversehrt bleiben soll. Das beste Mittel ist immer noch frisch bereitetes Chlorwasser.“
„ Wie macht man das?“
„ Wenn sie keine Apparate haben, um Chlor aus Salzsäure zu gewinnen?“
„ Hab ich nicht!“
„ Dann gehen sie in die Drogerie und holen sich Chlorkalk, verrühren ihn mit der zehnfachen Menge Wasser und geben einen Teelöffel Essig hinein.“
„ Und Druckerschwärze?“
„ Kann man nur mit konzentrierter Salpetersäure wegoxidieren.“ Er schrieb.
Tess winkte ab, lachend. „Die frisst das Papier auch mit auf.“
„ O, wie bös!“ Er strich es wieder durch.
„ Wollen sie vielleicht auch wissen, wie man Tinte bereitet, die man nach Belieben erscheinen und wieder verschwinden lassen kann?“
Er sah auf, zog in fürchterlichem Erstaunen die Augenbrauen in die Höhe. „Das gibt’s? So was gibt’s?“
„ Wieder sieht er aus wie Jago!“, warf Tess halblaut beiseite.
„ Wie bitte?“ Er leckte schon am Bleistift.
Tess lachte, wurde aber sofort wieder ernst und dozierte weiter: „Sogenannte sympathetische Tinte. Dazu kann man zum Beispiel Kobaltchlorid nehmen, ganz wenig davon in Wasser lösen, sodass es sich nur ganz schwach rosenrot färbt. Damit auf Papier schreiben und trocknen lassen – ist ziemlich unsichtbar. Wenn man es vorsichtig erwärmt, kommt die Schrift intensiv blaugrün zum Vorschein. Wenn man dann das Papier ein paar Mal anhaucht, verschwindet die Schrift wieder. – Das ist das alte deutsche Verfahren.“
„ Alt? Wie alt?“
„ Wurde schon im Mittelalter angewandt. – Die Franzosen bevorzugen eine Ausflockung von Bromsilber in einer ganz schwachen Eiweißlösung, in dunklem Glas aufbewahren und vor dem Gebrauch schütteln!“
„ Und wie wird das angewandt?“
„ Man schreibt damit, lässt’s trocknen und, wenn man’s lesen will, entwickelt man’s wie eine fotografische Platte. Man kann’s aber nicht wieder zum Verschwinden bringen.“
„ Ah!“ Er zog eine Grimasse. „Da ist mir doch die sympathetische Tinte sympathischer.“ Er schrieb hastig und bereitete sich dann zu einer neuen Frage vor: „Ja, dann …“
Tess unterbrach ihn schnell: „Wie die englischen Spione arbeiten, wollen sie das auch wissen?“ Sie beobachtete ihn unauffällig. – Nichts, sagte sie bei sich, lässt ihn ganz kalt, mit Spionageabwehr hat er also nichts zu tun.
Der Interviewer ließ seinen Bleistift sinken, klappte das Büchlein zu und begann wieder mit einem Schnellfeuer von Fragen: „Wie macht man Radium?“
„ Kann man nicht machen. Entsteht in der Natur.“
„ Woraus?“
„ Aus Uran.“
„ Wie?“
„ Das Uranatom zerfällt.“
„ In was?“
„ Gibt Heliumatome ab und …“
„ Wie gewinnt man die Atomenergie?“
„ Stopp!“, gebot Tess. Sie lachte nicht.
Ihr Tischherr tat, als wüsste er nichts von dem Verfänglichen seiner Frage und forschte weiter.
„Wie kann man Sprengstoffe herstellen?“
„ Brennbare Stoffe mit Sauerstoffträgern mischen.“
„ Gibt es nicht auch Sprengstoffe, die keinen Sauerstoff enthalten?“
„ Ja.“
„ Welche?“
„ Chlorstickstoff, Jodstickstoff und Bleiazid.“
„ Womit werden die Hochbrisanzgranaten unserer Marine gefüllt?“
„ Stopp!“
„ Wer hat sie erfunden?“
„ Stopp!!“
Er verneigte sich. Verzeihung heischend, oder aus Hochachtung, fragte aber sofort ganz lustig weiter: „Aus welchem Metall bestehen die Fäden in den Glühlampen?“
„ Aus Wolfram.“
„ Schmilzt das nicht?“
„ Erst bei – über 3000 Grad.“
„ Und was ist in den Röhren der Radioapparate?“
„ Anode, Kathode und Gitter.“
„ Und was tut Herr Riemenschneider in
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