Entflammt von deiner Liebe: Roman (German Edition)
den Schultern. »Angeblich, vielleicht. Aber in der Realität hat der Fall von Konstantinopel den Weg für die russische Expansion im Osten geöffnet. Letztendlich könnte vielleicht sogar Indien gefährdet sein. In Anbetracht der Natur Eures Familienunternehmens, Lord Rothewell, könnt Ihr gewiss die Bedeutung einer solchen Seeblockade verstehen?«
Kieran konnte das vielleicht nicht, aber Xanthia begriff mit verstörender Klarheit. Ein Krieg im Mittelmeer könnte sich als ein zerstörender wirtschaftlicher Schlag für Neville Shipping erweisen.
»Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis in ganz Europa erneut ein Konflikt ausbricht«, fügte Mr. Kemble hinzu. »Der Kontinent kann einen solchen Aufruhr in kurzer Zeit nicht noch einmal verkraften – weder politisch noch wirtschaftlich.«
»Das weiß ich aus erster Hand«, sagte de Vendenheim mit Nachdruck. »Und das ist auch der Grund, warum Englands besonderes Interesse darin besteht, die Türkei zu unterstützen, selbst wenn die Sympathien der meisten Engländer allgemein bei den Griechen liegen.«
»Nun, für diesen Unsinn dürft Ihr Euch bei Lord Byron bedanken«, sagte Mr. Kemble mit einem einfältigen Lächeln. »Fügt einfach eine lächerliche Kopfbedeckung und missratene Dichtkunst zusammen, rührt ein gerüttelt Maß politische Intrige und eine Prise von frühzeitigem Tod hinzu – und voilà! Ein cause célèbre!«
»Sein Handeln war tatsächlich nicht gerade hilfreich«, räumte de Vendenheim ein, »aber lasst uns nicht schlecht über die Toten reden.«
Kieran spielte mit dem Wachsspender auf seinem Schreibtisch. »Ich verstehe nur eines nicht«, sagte er, als spräche er mit sich selbst. »Warum macht sich das Home Office so große Sorgen über den Krieg einer ausländischen Nation?«
De Vendenheim richtete sich in seinem Sessel auf. »Eine exzellente Frage«, sagte er. »Wegen jenen illegalen Waffen. Und wegen einer Verschwörung, die vor Kurzem hier in England aufgedeckt wurde, was die Annahme zulässt, dass noch weitere solcher Schiffstransporte geplant sind. Das Geld wird über diplomatische Kanäle in London gewaschen – wir vermuten von den Franzosen, obgleich das keinen Sinn machen würde. Sicher sind wir jedenfalls, dass eine sehr große Menge an Geschützen den Hafen von Boston verlassen hat und vielleicht auf direktem Weg nach Athen ist oder – was wahrscheinlicher ist -über irgendeinen obskuren Hafen in Osteuropa.«
»Eine interessante Theorie«, sagte Xanthia nachdenklich. »Es gibt dort einige Häfen, die man nutzen könnte, um Konterbande unentdeckt dorthin zu bringen. Was hatte das Schiff, das abgefangen wurde, geladen, Mylord? Die Frage stellt sich mir wegen des Tiefgangs des Schiffes. Der könnte ein Anhaltspunkt für uns dafür sein, welche Häfen am unauffälligsten genutzt werden könnten.«
De Vendenheim sah verlegen aus. »Solche technischen Details entziehen sich meiner Kenntnis, Ma’am.«
»Aber es könnte wichtig sein«, sagte Xanthia, deren Interesse jetzt geweckt war.
De Vendenheim räusperte sich. »Zweifellos«, pflichtete er ihr bei. »Ich werde mich bemühen, die Details für Euch herauszufinden, Miss Neville. Auf jeden Fall hat der Minister Grund zur Vermutung, dass der Täter ein Engländer ist, der aus Profitgründen Waffen schmuggelt – und vielleicht auch aus persönlichen Motiven. Aber die Motive sind unwichtig, denn nach dem britischen Gesetz ist er so oder so ein Verräter.«
»Und was wird mit ihm geschehen, wenn er gefasst wird?«, fragte Xanthia.
»Man wird ihn hängen«, sagte de Vendenheim.
»Und das sehr langsam«, fügte Kemble ein wenig zu heiter hinzu.
»Du liebe Güte«, sagte Kieran. »Was für ein schmutziges Geschäft.«
De Vendenheim sah Kieran unter bewusst niedergeschlagenen Augenlidern hervor an. »Aus diesem Grund würden wir auch Verständnis dafür haben, wenn Ihr nicht Teil dieser ganzen Sache sein wolltet, Lord Rothewell«, sagte er. »Sie ist schmutzig und gefährlich. Aber nachdem wir mit Sharpe gesprochen und von Eurer einzigartigen Situation gehört haben – nun, die Versuchung, sofort hierherzukommen, war einfach zu stark.«
»Aber warum diese Eile?«, fragte Xanthia. »Was ist passiert?«
Wieder tauschten de Vendenheim und Mr. Kemble einen Blick. »Vorgestern Nacht ist in einem Dorfgasthaus südlich von Basingstoke ein Mann mit durchschnittener Kehle aufgefunden worden«, sagte de Vendenheim.
»Von einem Ohr zum anderen«, erläuterte Mr. Kemble und fuhr sich
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