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Entflammt

Entflammt

Titel: Entflammt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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Hauses herum - sogar der Boden war verbrannt. Aber nach einem Feuer wächst normalerweise trotzdem etwas, oft sogar besser als vorher.
    Ich legte meinen Sack ab und setzte mich auf den Boden. Ich war umsonst hergekommen. Es war niemand da, der mirerzählen konnte, was passiert war. Insgeheim hatte ich gehofft, ein paar von Fadirs Büchern unter dem Schutt zu finden. Oder etwas vom Schmuck meiner Mutter, sofern die Angreifer nicht alles gefunden hatten. Aber nun sah es so aus, als hätten hier nie Menschen gelebt. Ich rieb meinen Nacken. Hier hatte ich die ersten zehn Jahre meines Lebens verbracht, hier hatte ich eine richtige Familie gehabt. Wir waren wohlhabend gewesen; mein Vater einflussreich. Wichtige Leute waren weit gereist, um ihn zu sprechen. Wir hatten Personal gehabt, Lehrer und Bücher und Musikinstrumente und Pferde und sogar einen kleinen, von Ziegen gezogenen Wagen für meinen kleinen Bruder.
    Und jetzt war nichts mehr da. Ich hatte nichts und niemanden mehr.
    In dieser Nacht hatte ich gesehen, wie der Kopf meines Vaters durch den Schornstein gefallen und über den Boden gerolltwar. Ich hatte gesehen, wie meine Mutter jemandem bei lebendigem Leib die Haut abgezogen und wie Sigmundur ihm dann den Kopf abgeschlagen hatte. Ich war zu meiner Mutter gerannt, hatte meine nächstältere Schwester und meinen kleinen Bruder alleingelassen und mich hinter meiner Mutter versteckt und mich an ihren Rock geklammert. Ich erinnerte mich nur noch an Bruchstücke, Eindrücke, Gebrüll, das Geräusch von Dingen, die kaputtgingen. Da waren Männer, so viele Männer, draußen auf dem Gang. Die Burg stand in Flammen, ebenso alles draußen auf dem Burghof. Pferde und Schafe schrien. Kinder - die Kinder der Dienstboten meines Vaters - weinten. Manchmal hörte ich, wie ihr Weinen plötzlich abbrach.
    Der gehäutete Angreifer lag auf dem Boden und aus jeder Pore strömte Blut. Im nächsten Moment brüllte der größere Mann mit dem rotgoldenen Haar und dem bemalten Gesicht auf und griff über die Schulter nach seiner Streitaxt. Es kam mir vor, als geschähe das alles in endloser Zeitlupe, aber ich sah die messerscharfe Klinge herabsausen, sah meinen Bruder leichtfüßig zur Seite springen, um ihr auszuweichen, sah die Klinge so tief in seiner Schulter versinken, dass sie ihm fast den Arm abtrennte.
    Sigmundur schrie auf und dann war der Raum voller Berserker. Einige standen vor der Tür und streckten die Wachen meines Vaters nieder, die uns zu Hilfe kommen wollten. Sigmundur taumelte, hob aber mit der anderen Hand sein Schwert. Doch dann schwang der Angreifer seine Axt erneut und der Kopf meines Bruders fiel auf den Boden, gefolgt von seinem langsam zusammensinkenden Körper.
    Hinter dem Rock meiner Mutter hörte ich ihren harten, dunklen, schrecklichen Gesang, sah Blitze von ihren Händen zucken, die die Angreifer im Gesicht, in den Augen trafen. Sie schrien auf und wichen zurück, aber es drängten immer neue nach.
    Jemand schlug Eydis den Kopf ab und sie fiel zu Boden wie eine geschnittene Blume auf einer Wiese. Ihr Kopf blieb sehr dicht bei ihrem Hals liegen und ihre Augen blinzelten weiter, die Hände zuckten. Ein schwerer Stiefel schob ihren Kopf ein paar Meter weg und nach ein paar Minuten lag sie still da und ihre Augen schlossen sich.
    Tinna war die Nächste. Sie hatte Kämpfe und Waffen immer gehasst und ständig versucht, sich vor dem Unterricht zu drücken. Jetzt stand sie im Nachthemd da, das Gesicht so weiß wie das Leinen, und ihr Schwert fiel nutzlos zu Boden. Ein Mann packte sie und warf sie sich über die Schulter. Er setzte sich in Bewegung, watete durch die Leichen, um sie zuverschleppen, aber einige Männer meines Vaters stürzten sich auf ihn und hieben ihm die Schwerter in den Bauch, dass seine Gedärme herausquollen.
    Eine andere Axt schlug Tinna den Kopf ab. Der größte Mann, der älteste, brüllte Befehle - er war immer noch am Leben, aber so mit Blut besudelt, dass es die Bemalung seines Gesichts verlaufen ließ. Er sprach einen anderen Dialekt als wir, aber er war ähnlich genug, dass ich alles verstehen konnte: »Tötet sie alle! Lasst keinen am Leben! Auch die Kinder nicht! Nur eines von ihnen reicht, uns für immer zu verfluchen!« Haakon sank auf die Knie, den Dolch immer noch in den kleinen Händen. Ein Mann stürmte auf ihn zu und Haakon stach reflexartig zu und traf die Wade des Mannes. Eine Sekunde später war auch mein

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