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Entflammt

Entflammt

Titel: Entflammt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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umgaben sechs Meter hohe und drei Meter dicke Mauern den Burghof. Jetzt sah ich hier nur noch Bruchstücke und Trümmer.
    Zu jener Zeit war jedes Dorf, das aus mehr als vier oder fünf dicht gedrängten Hütten bestand, von einer Mauer umgeben, die es den Eindringlingen schwerer machen sollte. Aufhalten konnte sie die Feinde nicht, denn nichts konnte sie aufhalten, aber es verlangsamte ihren Einbruch ein wenig. Hinter der Dorfmauer standen die Häuser und Hütten mit den kleinen Grundstücken, auf denen die Leute Ziegen, Schweine, Schafe und manchmal auch ein Pferd hielten und Gemüse anbauten. Oben auf dem Hügel stand unsere Burg - eigentlich eine kleine Burg und doch das größte und aufwändigste Bauwerk im Umkreis von ein paar Hundert Kilometern.
    Mein Vater war der König dieses Landes gewesen, wie schon sein Vater und sein Großvater. Ich war in dieses Königshaushineingeboren worden, zwar ein wesentlich kleineres Königshaus als die anderer Länder, aber dennoch ein sehr mächtiges und einflussreiches Haus - das Vierte Haus der Unsterblichen mit der Macht seiner Magie. Das Haus von Ulfur. Unsere Burgmauer umschloss eine Fläche von etwa zwei Hektar. Sie war höher und breiter als die Dorfmauer und die Krieger konnten auf ihr entlanglaufen. Die riesigen hölzernen Tore mit den eisernen Spitzen öffneten sich nach außen, was es erschweren sollte, sie mit einem Rammbock aufzubrechen. Direkt hinter dem Tor war eine dicke, große Holzplatte unter der Erde verborgen. Wenn man nicht wusste, dass sie da war, lief man einfach darüber hinweg. Aber im Fall eines Angriffs konnte sie weggezogen werden und darunter war ein sehr, sehr tiefes Loch. Und auf dem Grund dieses Lochs warteten Hunderte von angespitztenPfählen. Ich vermutete, dass einige von Reyns Männern in dieser Nacht dort gelandet waren.
    Unsere Burg war aus groben Steinen erbaut und hatte schmale Schießscharten für Bogenschützen. Unsere Dienstboten lebten in kleinen Hütten entlang der Mauer und wir hatten unsere eigenen Pferde, Ziegen, Schweine und Schafe und unsere eigenen Gärten. Wenn die Angreifer kamen, rafften die Dorfbewohner zusammen, was sie greifen konnten, und rannten zur Burg meines Vaters. Die massiven Holztore schlossen sich hinter ihnen und dann gingen wir alle in Deckung und warteten, bis der Angriff vorbei war. Die Berserker hatten die Mauern meines Vaters nicht überwinden können - bis zu dem einen Tag, an dem es ihnen doch gelang.
    Als ich zurückkehrte, waren fast neun Jahre vergangen. Ich wusste nicht, was ich vorfinden würde. Ich dachte, das Dorf wäre vielleicht wieder aufgebaut worden. Vielleicht lebte ein neuer Herrscher in der Burg. Aber was ich an diesem Tag vorfand, war schlimmer als alles, was ich mir vorgestellt hatte.
    Ich sah die Trümmer am Tor zum Dorf und noch mehr Schutt auf unserem Burghof liegen. Das Haus meines Vaters war aus Steinblöcken erbaut gewesen, die aus einem Steinbruch im Landesinnern stammten. Doch alles, was davon übrig geblieben war, war ein Stein von der Größe eines Kürbisses. Als wären die Steine ebenso pulverisiert worden wie Nells Sodalit. Heute weiß ich, dass Reyns Vater versucht hat, das Amulett meiner Mutter zu benutzen, das Werkzeug, das ihrer Magie noch mehr Kraft verlieh. Aber ihm fehlten ihr Wissen und ihre Beschwörungsformeln und so kam es zu einer gewaltigen Explosion der Macht. Reyn hatte mit ansehen müssen, wie sein Vater, seine Brüder und seine Männer zu Asche verbrannten. Und er hatte dabei dieselbe Verbrennung davongetragen wie ich.
    Berserker zerstörten immer die Dörfer - sie steckten sie in Brand, töteten das Vieh oder nahmen es mit und töteten dieMenschen oder verschleppten sie. Aber gewöhnlich blieben Überreste der Hütten stehen, Grundmauern oder Schornsteine.Manchmal waren die Gebäude noch zu retten und die Menschen bauten sie wieder auf, was aber selten geschah. Damals glaubten alle, dass nach den Angreifern gefährliche Trolle kommen würden. Also wurde das alte Dorf den Trollen überlassen und ganz in der Nähe ein neues errichtet. Aber das hier - so etwas hatte ich noch nie gesehen. Es war nichts von dem übrig, was einmal ein großes Steinhaus mit mindestens vierzehn Zimmern gewesen war. Und anders als auf der Straße war hier, wo einmal der Hrokur meiner Familie gestanden hatte, nichts gewachsen. Nicht einmal die Natur hatte sich den Ort zurückerobert. Ich ging um die Grundmauern des

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