Entflammt
ist zum Shoppen nach Paris gefahren.«
»Sie ist nicht in Scheiß-Paris!«, tobte Incy und hieb neben Cicelys Kopf die Faust gegen die Wand. Sie versuchte nicht zu zucken. Ich erkannte das Wort, das neben Incys Hand an die Tapete gesprüht war: Hure.
Er sprach von mir, suchte mich. Mir stockte der Atem.
Vage spürte ich Rivers Hände auf mir, aber ich starrte entsetzt auf die Szene vor meinen Augen. »Sie ist nicht in Paris!Niemand hat sie gesehen! Ich kann sienirgendwo spüren! Kapiert ihr das nicht? Ich kann nicht spüren, wo sie ist!« Er sah aus wie ein Wahnsinniger. Incy, der höfliche, weltmännische, gut aussehende Incy mit den wundervollen handgeschneiderten Seidenhemden und dem 400-Dollar- Haarschnitt aus wie ein irrer Obdachloser. Er war unrasiert, seinHaar zerzaust, seine Kleidung zerrissen und schmutzig.
Voller Wut packte er Boz am Revers seines Jacketts und schrie ihm ins Gesicht.
Boz' Gesicht versteinerte und er umklammerte Incys Hand. Ich sah, wie die Haut unter seinen Fingern weiß wurde.
»Vestuvio!«, brüllte er zurück und Incy blinzelte schockiert. Ich konnte nicht atmen. Vestuvio war Incys Geburtsname, den er vor fast vierhundert Jahren erhalten hatte.
»Sieh dich an!«, fuhr Boz ihn an und riss Incys Hände von seinem Jackett los. »Du bist lächerlich! Jämmerlich! Nas ist zum shoppen gefahren, du verdammter Idiot! Vielleicht hat sie jemanden kennengelernt! Vielleicht ist sie mit irgendeinemfranzösischem Arschloch zusammen! Vielleicht hat sie entschieden, woanders hinzufahren! Sie wird zurückkommen!«Innocencio sah Boz mit wilder Hoffnung und einem fast kindlichen Vertrauen an. »Kommt sie wirklich zurück? Bist du sicher?«
»Sie kommt zurück«, sagte Boz entschieden. »Sie kommt zurück. Und was wird sie von dir denken, wenn sie das hiersieht?« Er deutete mit einer verächtlichen Geste auf Incys verwüstete Wohnung. Das Apartment, für das er zwölf—tausend Dollar im Monat hinblätterte.
Incy sah sich um, plötzlich ganz ruhig. Er runzelte die Stirn angesichts der Schäden, als sähe er sie zum ersten Mal.
»Incy«, meldete sich nun auch Cicely zu Wort.
»Das ist übertrieben. Wir alle vermissen Nasty, aber so schlimm ist es nun wirklich nicht. Du weißt, dass sie wieder—kommt. Ihre Wohnung ist noch da und ihre ganzen Sachen. Boz hat recht - was soll sie denken, wenn sie zurück-kommt?«
Innocencio fuhr wutschnaubend zu Cicely herum. »Sie wird gar nichts denken! Sie wird es verstehen! Sie weiß, dass ich sie brauche! Sie braucht mich auch! Sie ist irgendwo und wird verrückt, weil ich nicht da bin!« Sein Blick bekam etwasGehetztes. »Vielleicht hält man sie gegen ihren Willen fest. Vielleicht ist sie entführt worden.«
»Also, bitte «, sagte Cicely und verdrehte die Augen.
Incy stieß sie gegen die Wand. »Du weißt nicht, wie das ist!«, schrie er.
»Fick dich! «, kreischte Cicely zurück. Sie schlug seine Hand weg und ging zur Tür. »Ruf mich an, wenn du wieder normal bist!«
»Cicely, es tut mir leid«, rief Incy verzweifelt. »Es tut mir leid! Geh nicht!«
Sie zeigte ihm den Stinkefinger und knallte die Tür hinter sich zu.
»Diese Schlampe!«, wütete Incy. »Diese widerwärtige Schlampe!«
Boz sah erschöpft aus. Er rieb sich mit der Hand übers Gesicht und ließ sich an der Wand herunterrutschen.
Incy machte den Mund auf, um wieder etwas zu brüllen, doch da sah er Boz. Erschöpft sank er neben Boz. »Boz? Es tut mir leid. Es tut mir wirklich leid. Ich weiß nicht, was mit mir los ist. Ich war nur noch nie so lange von ihr getrennt. Ich ... ich vermisse sie so. Ich will bei ihr sein.«
Boz sprach und er hörte sich sehr alt und sehr müde an. »Du vermisst ihre Kraft.«
Ich zuckte zurück und spürte Rivers Finger, die sich in meine Schultern krallten. Hektisch blinzelte ich und der Klassenraum war wieder da.
Mein Atem ging flach, als ich mich umsah. Es fühlte sich an, als wäre ich aus einer Ohnmacht erwacht. Jess, Daisuke und Rachel sahen mich ernst an. Ihre Metalle lagen unberührt vor ihnen.
Meine Schultern sanken herunter und meine Hände öffneten sich, sodass der Silberklumpen auf den Tisch fiel. Er war so heiß, dass er beinahe glühte. Ich schluckte.
war das?« Rivers Stimme war ruhig, aber hart.
»Meine ...Freunde«, sagte ich und schluckte wieder. »Du hast Incy in dieser Nacht getroffen ... als wir uns zum ersten Mal begegnet sind. Hast du ... hast du sie gesehen? Es
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