Entflammt
wie ich das ändern konnte. Es überraschte mich, dass ich es überhaupt wollte.
Ich hatte Dray schon ein paar Wochen nicht mehr gesehen und wusste nicht, ob es ihr peinlich war, dass ich sie beim Klauen erwischt hatte oder ob sie sich ärgerte, dass ich sie gezwungen hatte, das Zeug zu bezahlen. Mittlerweile war es zu kalt geworden, um draußen herumzulungern und am Straßenrand Bier zu trinken, und ich fragte mich gelegentlich, wo sie wohl steckte.
Heute stand ich ziemlich unter Stress, als Reyn um vier kam, um mich abzuholen. Ich wartete draußen und vor Kälte lief mir die Nase. Der Pickup bremste vor mir, ich stieg ein und mir fiel die Bemerkung mit dem Stinktier wieder ein. Doch ich schluckte meinen Ärger runter. Ich wollte nur nach Hause, einen heißen Tee trinken und nachsehen, was ich vor dem Abendessen noch tun musste. Vielleicht war ich sogar mit dem Kochen an der Reihe - ich hatte vergessen nachzuschauen. Ich musste mir wirklich angewöhnen, morgens einen Blick auf den Plan zu werfen, damit ich wusste, was ich zu tun hatte. Seufzend lehnte ich mich gegen die Seitenscheibe. Diese ganze Denkweise war total fremd und untypisch für mich.
Reyn warf mir einen Blick zu, sagte aber nichts.
Ich fühlte mich in seiner Gegenwart unbehaglich, aber ich hatte mir eingeredet, dass er nicht der Kerl aus meiner Erinnerungsein konnte - er war zu jung. Schrecklich, dass mein verdrehtes Unterbewusstsein ausgerechnet ein Gesicht, zu dem ich mich hingezogen fühlte, mit einer meiner schlimmsten Erinnerungen verbunden hatte, aber ich war schließlich hier, um all diesen Müll aufzuarbeiten, oder? Vielleicht erklärte das auch, wieso er mir so vage bekannt vorkam - vielleicht erinnerte er mich einfach an einen Typ Mann, den ich schon mal gesehen hatte.
Ich war tatsächlich für das Abendessen eingeteilt, aber zum Glück nicht für den Abwasch danach, was schlimmer gewesenwäre. Also schrubbte ich einen kleinen Berg Pastinakenwurzeln, zerkleinerte zehn Pfund Birnen für einen Auflauf und spielte die kleine Küchenelfe, während es draußen immer dunkler und kälter wurde.
Nach dem Essen sagte River: »Komm mit« und hielt mir die Hand hin.
***
Oh, Gott. Bitte erstmal keine Magie mehr. Jedes Mal, wenn ich irgendwie mit Magie in Berührung kam, ging in meinemUnterbewusstsein irgendeine psychische Handgranate los. River deutete auf meine Daunenjacke, ich schob meine Arme in die Ärmel und dachte, nein, bitte kein Sternenspaziergang, nicht heute. Eigentlich kannte ich mich ganz gut mit Sternen aus - das war eines der Fächer, in denen ich nicht andauernd versagte. Ich hatte die verschiedenen Weltmeere öfter mit einem Schiff überquert, als ich mich erinnern konnte, und zwar zu einer Zeit, als die Überquerung eines Ozeans noch Wochen oder Monate dauerte. Und wenn man nichts anderes zu tun hat, als die dämlichen Sterne anzustarren, dann starrt man die dämlichen Sterne an. Ich hatte nur noch nie von der Bedeutung des Canis Major gehört, das war alles.
Sie führte mich zur Hintertür hinaus und auf die Unterrichtsscheine zu. Wir gingen hinein, den Gang hinunter und zu einerkleinen Treppe am Ende, die mir bisher nie aufgefallen war. Sie führte zu einer Reihe kleinerer Räume im ersten Stock. »Das hier war mal der Heuboden«, erklärte River. »Hier riecht es nach Stroh, vor allem im Sommer,«
»Hm«, machte ich und fragte mich, was sie vorhatte. River öffnete die Tür zu einem sehr kleinen Raum, vielleicht drei mal drei Meter. In der Dachschräge war ein Oberlicht in Brusthöhe und an der höchsten Stelle war der Raum etwas über zwei Meter hoch.
»Wir benutzen die Räume hier oben für kleinere Kreise oder Einzelarbeit«, sagte sie und entzündete eine Gaslaterne.
»Außerdem ist es hier oben wärmer.« Sie bedachte mich mit einem ihrer zeitlosen Lächeln und stöberte dann in einem kleinen, grob gezimmerten Schränkchen an der Wand herum. Sie reichte mir ein Stück normale Kreide. »Hier. Mal damit einen Kreis auf den Boden, groß genug, dass wir beide darin sitzen können.«
Ich sah sie an. »Äh«, hüstelte ich, »um ehrlich zu sein, habe ich mich noch nicht richtig von dem Desaster beim letzten Zirkel erholt. Was tun wir hier?«
»Es ist nicht so eine Art von Zirkel«, sagte River. »Ich glaube nicht, dass dir danach schlecht wird. Aber wenn du willst, kann ich ein paar Beschwörungen in den Zauber einweben, die dafür sorgen, dass es dir gut geht.
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