Entflammt
gesehen?«
River nickte langsam. »Ja. Ich bin nicht sicher, wieso - ich habe es nicht mit Absicht getan.«
Meine nächste Frage kam sehr leise. »Kann er mich hier finden?«
River schüttelte den Kopf. »Ich werde dafür sorgen, dass er es nicht kann. Wir werden dafür sorgen. Du wirst unsichtbarfür ihn sein, solange du in West Lowing bist.«
»Oh, gut«, entgegnete ich erleichtert.
So einfach kam ich natürlich nicht davon. Nach dem Abendessen warteten Solis, Asher, River und Anne auf mich.
Nachdem ich diese grässliche Vision von Incy gehabt hatte, war mir Reyns Anwesenheit beim Essen kaum aufgefallen. Ja, es gibt verschiedene Stufen des Horrors, der Angst und des Schmerzes. Alles ist relativ. Und im Moment stand Incy im Mittelpunkt meiner Paranoia.
»River hat uns erzählt, was passiert ist«, sagte Solis ohne große Umschweife. »Dass du im Unterricht eine sehr reale Vision hattest.«
Ich nickte und wünschte mir nicht zum ersten Mal, weniger » besonders« zu sein.
»Das waren Freunde von dir?«, fragte Solis.
»Ja. Wir waren viel zusammen.«
»Wieso ist Innocencio so verzweifelt darüber, dass du gegangen bist?«, wollte Anne wissen.
»Ich weiß es nicht«, antwortete ich ehrlich. »Er war - wir haben fast alles zusammen gemacht. Ich dachte, das wäreeinfach, weil wir ... beste Freunde sind. Aber rückblickend habe ich das Gefühl, dass er irgendwie von mir abhängig war.« Ungefähr so wie von der Luft zum Atmen.
»Glaubst du, dass er dir etwas tun könnte? Hat er starke magische Kräfte?« Asher sah besorgt aus.
»Ich hätte eigentlich beides mit nein beantwortet«, sagte ich nachdenklich. »Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass er mir etwas antun könnte. Aber jetzt bin ich nicht mehr sicher. Er ist ziemlich ... wütend.«
»Ist er stark?«, fragte River. Damit meinte sie seine magischen Fähigkeiten.
»Nein, eigentlich nicht, aber kurz bevor ich ging, hat er einen Zauber angewendet, der ... j emandem das Rückgratgebrochen hat. Er hat ihn verkrüppelt. Mit Magie. Ich hätte nie gedacht, dass er so was kann.«
»Was hat der andere Mann gemeint, als er sagte, Innocencio würde deine Kraft vermissen?« River sah mich ernst, aberfreundlich an.
»Boz. Ich weiß es nicht«, sagte ich wieder. »Ich übe nie große Magie aus - ihr habt gesehen, was das mit mir anstellt. Ich benutze gar keine Magie. Ich wusste nicht, dass ich irgendwelche Fähigkeiten habe. Ich weiß nicht, was Boz gemeint hat.«
River nickte und strich mir über den Rücken. Ein kleines Geräusch ließ mich aufschauen und ich sah, wie sich die Küchentür ein wenig bewegte. Nell und Charles hatten Spüldienst. Hatte Nell gelauscht?
»Komm. ich begleite dich in dein Zimmer «, sagte River und stand auf. »Ich mache dir einen Tee.«
Wir gingen die Treppe hoch. Die Stufen fühlten sich vertraut an und der Flur kam mir vor wie zu Hause. »Was ist in demTee?«,fragte ich. »Etwas, das mich schlafen und nicht träumen lässt? «
River lächelte. »Nein, keine große Magie«, sagte sie, als ich meine Zimmertür öffnete. »Abgesehen von den magischenWirkungen der Pflanzen. Das meiste ist Katzenminze, die entspannend wirkt. Katzenminze, Kamille und Baldrian. Kein Zauber, keine künstlichen Drogen.«
Nachdemich den Tee getrunken hatte, blieb River noch ein paar Minuten, vermutlich um sich (und mir) zu versichern, dass ich in Ordnung war.
Dann überwältigte mich der Schlaf wie eine Flutwelle und ich war weg.
19
Am nächsten Morgen waren meine Nerven immer noch zum Zerreißen gespannt. Und es half auch nicht gerade, dass ich gezwungen war, beim grimmigen Wikinger mitzufahren. Ich wollte protestieren und einfach mein eigenes Auto nehmen, aber etwas in Rivers Blick ließ mich schweigen und in den Laster steigen. Wo ich dann so weit wie möglich an der Tür saß und den Griff umklammerte.
Im Wegfahren sah ich, dass Nell uns vom Fenster aus beobachtete, und ich stöhnte innerlich. Super. Sie dachte ohnehin schon, dass ich hinter ihrem Angebeteten her war, und ehrlich gesagt schien sie mir kurz vor dem Durchdrehen zu stehen. Jetzt würde ich also auch noch wegen Nell den ganzen Tag verlegen und paranoid sein.
Und das Traurige dabei? Trotz allem - meiner Erinnerung, Reyns Abneigung gegen mich, der Tatsache, dass wir offensichtlich nicht zusammenpassten, Nells zunehmend bedrohlicher Besessenheit - fand ich ihn körperlich immer noch total anziehend und ich bewunderte auch sein
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