Entflammt
sich scharfkantig, schmerzhaft angespannt und einfach schrecklich anfühlte.
Manchmal, wenn ich genug trank oder mir etwas einwarf, ließ der Schmerz ein wenig nach, nur um dann brutaler denn je zurückzukommen. Es störte mich nicht wirklich - aber ich bemerkte es natürlich. Ich lebte damit. Manchmal war es schlimmer als an anderen Tagen, aber meistens achtete ich nicht darauf, auf diesen gereizten Knoten und das fiese Brennen tief in mir.
An diesem Morgen fiel mir auf, dass es kaum noch da war. Und ich hatte seit Wochen nichts mehr getrunken - seit meiner Ankunft in Rivers Reha. Es war ein Schock für mich, als ich erkannte, dass ich nun schon fünf Wochen in River's Edge war. Es fühlte sich immer noch alles neu an, aber gleichzeitig auch so, als wäre ich schon Monate oder Jahre hier.
Alles war anders.
Ich nahm jetzt an mehr echten Unterrichtsstunden teil. Bei Anne, manchmal bei Asher, Solis oder auch River. Sie lehrten mich Meditation, Astronomie, Botanik, Geologie und noch vieles andere. Es schien, als bombardierten sie mich mit allem, was trocken und schwer zu begreifen war. Ich lernte vieles über Pflanzen, und nicht nur über die, die auf dem Acker wuchsen. Es gab so viele Pflanzen und Kräuter und Blumen, die. bestimmte Eigenschaften hatten, entweder direkt wirkten oder mithilfe von Magie, und letztere konnte man für Beschwörungen nutzen. Es gibt verschiedene Arten von Magie, bei denen Pflanzen oder Metalle, Edelsteine oder Öle oder Kerzen zum Einsatz kommen. Verschiedene Leute harmonieren mit den verschiedensten Arten von Magie; das bedeutet, dass diese Art der Magie am besten mit den Dingen funktioniert, die ihre Person darstellen. Ich wusste immer noch nicht, womit ich harmonierte. Ich lernte, dass im Prinzip alles, was mich umgab, alles auf der Welt, irgendwie mit Magie verbunden war. Und damit auch mit mir. Es wurde auch wieder über die acht Häuser gesprochen und ich versuchte, nicht zusammenzuzucken oder in Ohnmacht zu fallen, als sie über Island sprachen, über das Haus von Úlfur. Ich sah Veränderungen. Selbst in meinen eigenen Augen sah ich nicht mehr so krank aus. Natürlich verbargen die Schwielen an meinen Händen, Staub und Stroh in meinen Haaren, die Arbeiterklamotten und der ständige Hühnerstallmief, der mich umgab, meine natürliche Schönheit, aber meine Haut und meine Augen sahen gesünder aus.
Außerdem schlief ich gut. Statt der gewohnten vier oder fünf ruhelosen Stunden schlief ich jetzt schon früh ein und wachte erst wieder auf, wenn der Wecker klingelte. Ich war auch körperlich stärker geworden und konnte die Kartons im Drugstore mühelos heben, die Kühe in den Melkstand schubsen und mit den größten und schwersten Töpfen in der Küche hantieren. Meine Träume waren nicht schlecht. Oft konnte ich mich nicht mehr an sie erinnern, aber ich hatte nicht mehr dauernd Albträume und wachte danach halb krank und erschöpft auf.
Dennoch fühlte sich dieses gesunde Leben an, als würde es mich umbringen. Ja, ich weiß, sehr witzig. Ich sah zwar eineVeränderung, aber was ich nicht sah, waren Fortschritte. An einem Sonntag hatte ich Unterricht bei River und wirarbeiteten mit verschiedenen Metallen. Alles (nicht nur mein Amulett), das natürlich oder von Menschen gemacht ist, hateine bestimmte Energie. Es strahlt Schwingungen aus. Ja, das klingt total abgehoben, ich weiß. Aber angeblich ist es so. Ich lernte, mir dieser Energie, dieser Schwingungen bewusst zu werden und meine Wellenlänge darauf einzustellen. Das gehörte zu dieser Tähti-Geschichte - Macht und Magie aus der Arbeit mit Dingen zu schaffen, statt ihnen die Kraft auszusaugen, bis sie starben.
Es ist viel einfacher, sich die Kraft von etwas anderem zu nehmen und sie zu kanalisieren, statt einen weißen Zauber zu bewirken, und innerhalb all der Beschränkungen zu arbeiten, die man sich gesetzt hat – Beschränkungen, um die wir dunklen Unsterblichen uns nicht kümmern, wenn wir überhaupt Magie ausüben.
Nacheinander nahm ich die verschiedenen Stücke aus Eisen, Kupfer und Silber in die Hand und spürte gar nichts, während die anderen vor Verzückung strahlten, weil ihre Metalle praktisch zu ihnen sangen. Plötzlich war mir das alles zu viel.
»Das nervt!«, rief ich und knallte das Stück Kupfer auf den Tisch.
Alle fuhren zusammen.
River kam an meine Seite und legte mir die Hand auf die Schulter. »Was stimmt denn nicht?«
»Das!«Ich zeigte auf das Stück Kupfer, den
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