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Entflammt

Entflammt

Titel: Entflammt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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Klassenraum das ganze Gebäude. »Ich spüre gar nichts. Ich gehöre nichthierher.« Vor fünf Wochen wäre es mir damit ernst gewesen - jetzt hatte ich Angst, dass es wahr sein könnte, und das wollte ich nicht. Nicht mehr.
    River sah mich an und sie wirkte so - unerschütterlich. Ich rechnete damit, dass sie versuchen würde, mich zu beruhigen,mir die ganze Prozedur noch einmal zu erklären und mir vielleicht etwas Hilfestellung zu geben, und bereitete mich seelisch darauf vor.
    Aber stattdessen schien sie durch meine Augen direkt in meine Seele zu blicken, so zerfleddert und missbraucht sie war, und sie sagte: »Was willst du, Nastasja?«
    »Ich will diesen ganzen Metall-Energiekram endlich hinkriegen«, erwiderte ich wütend und dachte: Was denn sonst?
    Sie schüttelte den Kopf. »Was willst du?«
    War das eine Fangfrage? Ich verengte die Augen und überlegte hastig.
    »Ich will das hier lernen?«
    »Was willst du?« River sah mich unverwandt an und ich wurde mir vage eines Raums voller faszinierter Zuschauer bewusst, die sich vermutlich noch nie so aufgeführt hatten. »Ich will ... mich besser fühlen?«
    »Nein? Was willst du wirklich?«
    Also, jetzt wurde ich allmählich sauer. Was zum ... wollte sie eigentlich hören? War das irgend so ein Reha-Therapie-Blödsinn? »Ich will mich besser fühlen!«
    »Nein. Was willst du wirklich?« Die Worte waren unerbittlich. »Ich weiß es nicht!«, brüllte ich und sprang so hastig auf,dass meine Bank umkippte.
    River war nicht wütend auf mich - ihre braunen Augen sahen mich ruhig und voller Akzeptanz an. Sie nickte, nahm die Hand weg und kehrte an ihren eigenen Tisch zurück.
    Ich wollte aus dem Raum stürmen, den Gang hinunter und zurück ins Haupthaus. Oben würde ich die große Wannevolllaufen lassen, mich darin einweichen und zusehen, wie sich meine Tränen mit dem heißen Wasser vermischten.
    Das war es, was ich wollte.
    Aber nicht, was ich tat. Ich stellte die Bank wieder auf.
    Mein Gesicht glühte und ich fühlte mich wie ein riesiges Baby. Ich setzte mich wieder hin und entschied, dass Kupfer bei mir nicht funktionierte. Also nahm ich ein großes Stück Rohsilber in die Hand, das verdreht und glatt und unbearbeitet war.
    Da mich immer noch alle ansahen, schloss ich die Augen und brachte meine Atmung unter Kontrolle. Meine Augen brannten und in meiner Nase kribbelte dieses Ich-weine-gleich-Gefühl, aber ich riss mich zusammen. Nach dieser Szene noch in der Öffentlichkeit zu weinen, war echt zu viel.
    Das Silber war schwer und glatt und wurde in meiner Hand schnell warm. Ich konzentrierte mich darauf, so gut ich konnte (was nicht besonders gut war), und versuchte erfolglos, jeden anderen Gedanken aus meinem Kopf zu verbannen.
    Spürte ich Schwingungen? Nein, eigentlich nicht. Ich trug nie Silber - ich fand, dass es auf meiner Haut irgendwie zu kalt wirkte. Meine Mutter hatte es auch nie getragen.
    Incy trug es.
    Incy trug viel Silber und zwar immer. Ketten, Armbänder, einen Ohrring, Manschettenknöpfe, Gürtelschnallen - was man aus Silber machen konnte, trug er.
    Ich spürte, wie River neben mir auftauchte. »Silber hat starke magische Fähigkeiten«, murmelte sie mit ihrer beruhigendenStimme. »Es steht in Verbindung mit dem Mond und mit der weiblichen Kraft und es hat heilende Wirkung. In alter Zeit trugen die Menschen Silber, um böse Geister zu vertreiben.
    »Geister?«, flüsterte ich. »Gibt es die wirklich?«
    River legte mir die Hände auf die Schultern. »Was glaubst du?«
    Plötzlich sah ich Incy ganz deutlich vor mir. Der Klassenraum um mich herum verblasste, und alles, was ich noch spürte, waren Rivers Hände auf meinen Schultern und der schwere Silberklumpen, der in meinen Händen immer wärmer wurde. Ich holte tief Luft. Es war, als hätte sich ein Fenster zwischen seiner und meiner Welt geöffnet. Wo er war, war Nacht, und geschockt erkannte ich seine Wohnung, obwohl sie total verwüstet war. In den Wänden waren riesigeLöcher, aufgesprühte Worte, ein Kronleuchter war heruntergerissen, die Möbel waren umgekippt und zertrümmert. Waswar da passiert?
    Noch während ich zusah, schleuderte Innocencio eine riesige Keramikvase aus dem Iran - die ein Vermögen gekostet hatte - gegen die Wand. Sie zerplatzte in tausend Stücke und er brüllte: »Wo ist sie?« Boz und Cicely standen kleinlaut an der Tür und versuchten, nicht getroffen zu werden.
    »Sie ist nur verreist, Incy«, sagte Cicely. »Sie

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