Entflammte Herzen
ganze Familien im Laufe eines einzigen Tages durch sie ausgelöscht gesehen. Sie hegte nicht viel Hoffnung, wenn sie ehrlich war, aber sie hielten tapfer durch, die Kleinen, und klammerten sich an das Leben. Wie Mandy waren sie es gewöhnt zu kämpfen und waren so leicht nicht unterzukriegen.
Lange nach Sonnenuntergang, als Mandy mit Harry auf den Eingangsstufen saß, dem Jungen Gesellschaft leistete und sich ein bisschen auszuruhen versuchte, kam Kade in die Stadt geritten und stieg direkt vor ihnen aus dem Sattel. Mandy war so froh darüber, ihn zu sehen, dass sie sich sehr zurückhalten musste, um nicht zu ihm zu laufen und ihm mitten auf der Straße um den Hals zu fallen. Harry, der derartige Bedenken natürlich nicht kannte, lief jedoch sofort zu ihm, und ihr wurde ganz warm ums Herz, als sie sah, wie Kade dem Jungen auf die Schulter klopfte.
»Sie haben Diphtherie!«, entfuhr es Harry. »Sie alle außer mir.«
»Das hörte ich schon«, erwiderte Kade freundlich. Dann blickte er sich nach Mandy um und fragte: »Gibt es was Neues ?«
Nahezu ganz und gar von ihren Empfindungen überwältigt, brachte sie nichts anderes als ein stummes Kopfschütteln zu Stande. Oh, da waren die Trauer um John Lewis und natürlich auch das Mitgefühl für Emmeline und Rafe, aber sie empfand mehr, noch sehr viel mehr, und all diese Gefühle schienen ihren Ursprung in diesem unwiderstehlichen, unerträglich dickköpfigen Mann zu haben. Sie hatte sich ihm vorgestern Abend rückhaltlos geschenkt, und vielleicht hätte sie das nun bereuen sollen, was sie aber absolut nicht von sich behaupten konnte. Nur weil es etwas impulsiv gewesen wär, hieß das noch lange nicht, dass es auch falsch gewesen sein musste.
Mit seiner Reitkleidung, seinem langen Staubmantel und seiner Müdigkeit, die ihn zu umhüllen schien wie eine dunkle Wolke, ließ Kade sich neben ihr auf der Eingangsstufe nieder. Wieder verspürte sie das typisch weibliche Bedürfnis, ihn zu trösten, wie nur eine Frau es konnte, und der Gedanke daran ließ sie heiß erröten und rief ihr in Erinnerung, wie es sich angefühlt hatte, seine Hände und seine Lippen auf ihrer nackten Haut zu spüren.
Er lächelte, als erriete er ihre Gedanken, und möglicherweise erriet er sie ja tatsächlich. Sie waren schlau, diese McKettricks; Mandy kannte sie lange genug, um das zu wissen. »Der Herr Pfarrer ist zu Johns Beerdigung gekommen«, berichtete Kade. »Ich dachte, wir könnten ihn womöglich überreden, uns noch heute Abend zu trauen.« Sein Blick berührte sie an Stellen, die er schon auf viel intimere Weise erforscht hatte. »Ich möchte schließlich nicht, dass es Gerede gibt.«
Mandy schluckte, und eine jähe Hitze begann sie zu durchströmen, worauf sie sich verwundert fragte, ob sie nicht zu alt war, um die Krankheit zu bekommen, die Mamies Kinder heimgesucht hatte. Auf jeden Fall fühlte es sich so an, als bekäme sie ganz plötzlich Fieber. »Heute Abend?«
»Ich dachte, du würdest bestimmt nicht wollen, dass unser Hochzeitstag auf den Tag von Johns Beerdigung fällt«, gab er nüchtern zurück und ohne sich auch nur das Geringste von seinen wie auch immer gearteten Erwartungen anmerken zu lassen. »Ich habe schon mit Pater Herrera gesprochen, und er ist einverstanden, vorausgesetzt, du bist es auch.«
Bei seinen Worten stieg eine unbändige Freude in Mandy auf, trotz allem, was geschehen war und vielleicht noch geschah. Du kleine Närrin , höhnte eine ihr nur zu vertraute innere Stimme. Setz dich auf ein Pferd und sieh zu, dass du von hier verschwindest, so wie du es dir vorgenommen hattest. »Ja«, sagte Mandy laut und deutlich - und unter anderem auch, um diese Stimme zu verärgern. »Ja.« Sie hätte das Lächeln, das um ihre Lippen spielte, genauso wenig unterdrücken können, wie sie den Mond daran hätte hindern können aufzugehen. »Aber ich will immer noch die fünfzig Pferde und das Geld. Und das nächste Mal solltest du mich besser nicht daran hindern mitzukommen, wenn die Männer die Verfolgung der Banditen aufnehmen.«
»Sie sind eine zähe Verhandlungspartnerin, Miss Mandy«, entgegnete er schmunzelnd. »Doch eine Abmachung ist eine Abmachung, und du wirst bekommen, was ich dir versprochen habe.«
Mandys Gedanken überschlugen sich. »Ich habe kein passendes Kleid für eine Trauung«, wandte sie besorgt ein. »Und auch keinen Ring, um ihn dir anzustecken.«
»Es gibt mehr als genug Kleider drüben im Laden«, meinte Kade schmunzelnd, »und um die Ringe
Weitere Kostenlose Bücher