Entflammte Herzen
glaubte, sie würde Gigs Partei ergreifen und sich gegen ihn stellen. Und sie wurde bei dieser Erkenntnis so ärgerlich, dass sie beinahe außer sich geraten wäre vor Wut.
Aber auch Gig schien die Situation misszuverstehen. »Nun mach schon, Mandy«, versuchte er ihr zuzureden. »Erschieß ihn und hol deinen alten Stiefvater aus diesem widerlichen Loch heraus. Wir können die Vergangenheit ruhen lassen, wenn du mich hier rausholst, das verspreche ich dir.«
Mandy zielte mit dem Gewehr auf eine Stelle dicht neben Currys Kopf und feuerte einen Schuss ab, der die solide Holzwand hinter ihm zersplittern ließ. Mit einem Schrei der Wut und Angst sprang Gig zur Seite. »Was zum ... ?«
»Eher würde ich den Teufel aus der Hölle lassen, als dich hier herauszuholen«, schwor sie, als Erinnerungen in ihr aufstiegen wie ein Schwärm von ihrem Schlafplatz aufgestörter Vögel. Erinnerungen an Gig, wie er ihre Mutter s c hlug, bis sie kraftlos und schluchzend auf dem Boden liegen blieb. Wie Cree, kaum älter als elf oder zwölf, Gig mit einem Fleischermesser angriff und brutal von ihm dafür verprügelt worden war. Erinnerungen an sie selbst, wie sie sich in irgendeinem von Flöhen heimgesuchten Pensionszimmer im Schrank verkrochen, sich ganz klein gemacht und beide Hände über ihren Kopf gelegt hatte, um ihn zu schützen. Plötzlich konnte sie auch den bitteren, galligen Geschmack der Angst von damals wieder auf ihrer Zunge spüren.
»Legen Sie das Gewehr weg, Mandy«, bat Kade ruhig. Er klang so müde, als hätte er eine lange, anstrengende L eise unternehmen müssen, um an diesen Ort zu gelangen. »Sie könnten sich verletzen.«
Mandys Wangen glühten, als sie die Waffe langsam sinken ließ.
»Es tut mir Leid, dass ich Sie falsch beurteilt habe«, sagte Kade.
Sie wandte den Blick ab und zwang sich, Kade nicht wieder anzusehen. Es gab so viel, was sie ihm erzählen wollte, aber er würde nie verstehen, wie es für sie gewesen war. Nicht er, der als Sohn eines reichen R anchers aufgewachsen war, in diesem wunderschönen großen Haus, mit einer Familie, die zu ihm hielt, Büchern, so viel er lesen wollte, Essen, das er nicht zu stehlen brauchte, und Kleidern, die aus einem richtigen Geschäft kamen und nicht aus dem Kleiderlager irgendeiner Missionsgesellschaft. Und sie wollte auch sein Mitleid nicht; allein der Gedanke daran war ihr unerträglich.
Er kam durch den Baum zu ihr herüber und nahm ihr sanft die Waffe aus den Händen. »Mandy...«
Plötzlich sprang krachend die Tür auf, und Jeb und Rafe stürzten mit gezogenen R evolvern in der Hand herein.
»Was, zum Teufel, ist hier passiert ?«, rief Rafe, als er sah, dass noch alle standen und am Leben waren. »Wir haben einen Schuss gehört!«
Kades Mundwinkel verzogen sich zu einem Lächeln, das aber seine Augen nicht erreichte. »Mandy hat auf den Gefangenen geschossen. Doch bedauerlicherweise hat sie ihn verfehlt.«
»Ich habe ihn nicht verfehlt«, widersprach Mandy, obwohl sie sich im Stillen dafür verwünschte, dass sie glaubte, dies überhaupt klarstellen zu müssen. »Ich könnte auf hundert Fuß den Flügel einer Stechmücke zerteilen, und schreiben Sie sich das besser hinter die Ohren, Kade McKettrick!«
Jeb steckte seinen 45er wieder ein und lachte. »Ich will verdammt sein! Die kleine Nonne ist also nicht nur eine exzellente Reiterin, sondern zudem auch noch eine richtige Annie Oakley. Wollen Sie meine Frau werden, Schwester Mandy?«
Kade ignorierte seine Brüder und starrte noch immer Mandy an, als wäre sie für ihn so etwas wie ein Buch mit sieben Siegeln. »Ist Holt in der Stadt?«, erkundigte er sich nach einer Weile bei Bafe und Jeb.
»Er ist drüben im >Bloody Basin<«, antwortete Rafe sichtlich verwirrt. »Ich habe gerade zwanzig Dollar bei einer Partie Poker an ihn verloren.«
Kade erlöste Mandy endlich von seinem durchdringenden Blick, durchquerte den Raum und nahm seinen Hut von dem Haken an der Wand. »Bleibt hier, bis ich zurückkomme«, sagte er zu Rafe und Jeb und nickte in Gigs Richtung. »Und sollte dieser Esel irgendwas versuchen, fesselt ihn.«
»Jetzt warte aber mal einen Moment!«, knurrte Rafe. Er war es gewöhnt, Befehle zu erteilen, und nicht, sie zu befolgen, und Kades Anordnung schien ihm ganz und gar nicht zu behagen. »Du kannst nicht einfach hier herausmarschieren und dich ohne ein verdammtes Wort der Erklärung auf die Suche nach Cavanagh begeben!«
»Wie du siehst«, bemerkte Jeb trocken, als eine Sekunde später
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