Entflammte Nacht
»Marienkäfer? Was meinen Sie mit Marienkäfern?«
»Ah, hallo, Lady Maccon!«, rief Tunstell mit einer Verbeugung. »Haben Sie wirklich vor fortzugehen? Wie bedauerlich. Meine Frau wird schrecklich bestürzt sein.«
Floote sagte gar nichts.
Professor Lyall bemerkte die vertraute Weise, mit der die Französin Lady Maccons Hand hielt. »Haben Sie vor, sich freiwillig als Begleiterin anzubieten, Madame Lefoux?« Er dachte wieder daran, dass die Erfinderwerkstatt sauber aufgeräumt war und alle Maschinen abgestellt waren.
Die Idee fand Lady Maccons Zustimmung. »Ausgezeichnet. Ich hatte gehofft, dass Sie einwilligen würden, mich zu begleiten, Genevieve. Sie verfügen über die nötigen Kontakte in Europa, nicht wahr?«
Die Erfinderin nickte. »Ich habe mir bereits ein paar Gedanken über mögliche Routen für Ihre Flucht gemacht.« Sie wandte sich Lyall zu. »Oder dachten Sie, Sie könnten das Woolsey-Rudel so lange verlassen?«
»Woolsey ist es gewohnt, dass es aufgespalten ist. Wir sind eines der wenigen Rudel, die das regelmäßig tun, um unseren Verpflichtungen sowohl dem Militär als auch BUR gegenüber nachzukommen. Aber nein, Sie haben recht. Unter diesen Umständen kann ich nicht fort. Die Situation ist äußerst heikel.«
Hastig hielt sich Madame Lefoux die Hand vor den Mund und täuschte einen Hustenanfall vor, doch sie konnte ihr Kichern nicht ganz verbergen. »Zweifellos können Sie Lord Maccon in seinem gegenwärtigen … Zustand nicht im Stich lassen.«
»Zustand? Mein abscheulicher Ehemann ist in einem ›Zustand‹? Gut! Das geschieht ihm nur recht!«
Professor Lyall hatte das Gefühl, seinen Alpha dadurch irgendwie zu verraten, doch er konnte nicht anders. »Er trinkt Formaldehyd«, gestand er. »Inhaliert es regelrecht in dem Bemühen, betrunken zu bleiben.«
Lady Maccons selbstgefälliger Gesichtsausdruck schlug unvermittelt in Besorgnis um.
»Machen Sie sich keine Gedanken«, beruhigte er sie hastig. »Es kann ihm nicht schaden, nicht ernsthaft jedenfalls, aber natürlich sorgt es verflixt gut dafür, dass er in der Zwischenzeit vollständig außer Gefecht gesetzt ist.«
»Gedanken!« Lady Maccon wandte sich ab, um an der Hutschachtel herumzufummeln, die sich langsam, aber sicher zur Tischkante vorgearbeitet hatte. »Wer macht sich hier um wen Gedanken?«
Eilends fuhr Professor Lyall fort. »Er benimmt sich schlicht und einfach nicht wie ein Alpha. Woolsey ist ein Rudel, das man schon unter den besten Umständen schwer im Griff hat, mit sehr rastlosen Mitgliedern und zu viel politischem Einfluss, um keine verlockenden Aussichten für opportunistische Einzelgänger zu bieten. Ich werde hierbleiben und die Interessen des Earls wahren müssen.«
Lady Maccon nickte. »Natürlich müssen Sie bleiben. Ich bin sicher, dass Genevieve und ich schon zurechtkommen werden.«
Hoffnungsvoll sah die Erfinderin Professor Lyall an. »Ich währe Ihnen sehr verbunden, wenn Sie die Zeit finden würden, hin und wieder in meinem Labor nach dem Rechten zu sehen, solange ich fort bin.«
Der Beta war erfreut über diese Bitte. »Es wäre mir eine Ehre.«
»Wenn Sie gelegentlich abends vorbeischauen könnten, um mögliche Eindringlinge zu vertreiben und sich zu vergewissern, dass ein paar der empfindlicheren Maschinen geölt und gewartet werden … Ich schreibe Ihnen eine Liste.«
An diesem Punkt der Unterhaltung wurde Tunstell munter. »Ich bin überzeugt davon, dass sich meine Frau liebend gern um die tagtäglichen Aufgaben in Ihrem Hutladen kümmern würde, wenn Ihnen das recht ist, Madame Lefoux.«
Schon der bloße Gedanke entsetzte die Französin, und das sah man ihr auch an.
Professor Lyall konnte es sich bildlich vorstellen: Ivy, verantwortlich für einen ganzen Laden voller Hüte. So etwas konnte nur Unheil und Chaos zur Folge haben, so als betraute man eine Katze mit einem Schlag voller Tauben – eine Katze von türkisfarbenem Brokat mit sehr ungewöhnlichen Vorstellungen, was Farbe und Arrangement von Taubenfedern betraf.
Begeistert rieb sich Lady Maccon die Hände. »Das war einer der Gründe, warum ich Sie hergebeten habe, Tunstell.«
Madame Lefoux bedachte Alexia mit einem äußerst despektierlichen Blick. »Ich nehme an, es wäre besser, wenn zumindest dem Anschein nach ein normaler Geschäftsbetrieb aufrechterhalten wird, solange ich fort bin. Am besten wäre es, wenn die Vampire nicht genau wüssten, wer Ihre Freunde sind.« Sie wandte sich an Tunstell. »Denken Sie, dass Ihre Frau
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