Entflammte Nacht
mochte zwar ein eifersüchtiger, misstrauischer Schafskopf, ein Schotte und ein Werwolf sein, aber der Mann kannte sich mit weiblichem Flitterkram aus.
In Anbetracht des Umstandes, dass sie allein in der Stadt unterwegs war, versteckte Alexia den finanziellen Erlös in einigen der Geheimtaschen ihres Sonnenschirms und machte sich dann verstohlen auf den Weg.
Professor Lyall musterte die französische Erfinderin mit scharfem Blick. »Warum bezieht Lady Maccon Sie in diese Angelegenheit mit ein, Madame Lefoux?«
»Alexia ist meine Freundin.«
»Das erklärt nicht, warum Sie so darauf bestrebt sind, ihr zu helfen.«
»Sie haben nicht viele Freunde, nicht wahr, Professor Lyall?«
Der Werwolf kräuselte leicht die Oberlippe. »Sind Sie sicher, dass Freundschaft alles ist, was Sie von ihr wollen?«
Darauf reagierte Madame Lefoux ein wenig verärgert. »Das war ein Schlag unter die Gürtellinie, Professor. Ich glaube kaum, dass es Ihnen zusteht, meine Motive in Frage zu stellen.«
Professor Lyall tat etwas für ihn ziemlich Ungewöhnliches. Er errötete leicht. »Ich hatte nicht die Absicht, anzudeuten … Das heißt, ich wollte nicht unterstellen …« Er verstummte und räusperte sich. »Ich wollte auf Ihre Verbindung zum Orden des Messing-Oktopus anspielen.«
Mit einer unbewussten Geste rieb sich Madame Lefoux den Nacken. Versteckt unter ihrem kurzen schwarzen Haar, genau an dieser Stelle, befand sich ein kleiner tätowierter Oktopus. »Ach, der Orden ist nicht direkt darin verwickelt, soweit ich das sagen kann.«
Professor Lyall entging nicht, was diese Formulierung unterschwellig andeutete. Madame Lefoux konnte und durfte möglicherweise nichts über die Interessen des OMO sagen, weil man ihr befohlen hatte, darüber Stillschweigen zu bewahren.
»Aber er ist zweifellos in wissenschaftlicher Hinsicht von Lady Maccon fasziniert?«, drang Professor Lyall weiter auf sie ein.
»Natürlich! Sie ist die einzige weibliche Außernatürliche, die seit der Gründung des Ordens aufgetreten ist.«
»Aber der Hypocras Club …«
»Der Hypocras Club war nur ein kleiner Zweig, und leider Gottes drangen seine Taten an die Öffentlichkeit. Eine ziemliche Blamage letzten Endes.«
»Also, warum sind Sie so eine engagierte Freundin?«
»Ich kann nicht leugnen, dass Alexia als wissenschaftliche Besonderheit eine gewisse Faszination auf mich ausübt, aber die ist, wie Sie sehr wohl wissen sollten, eher theoretischer als biologischer Natur.«
»Also traf ich anfangs unbeabsichtigt ins Schwarze?« Professor Lyall betrachtete Madame Lefoux mit großem Verständnis.
Madame Lefoux schürzte die Lippen, stritt eine romantische Zuneigung für Alexia jedoch nicht ab. »Dann werden Sie mir also gestatten, dass meine Beweggründe, wenn schon nicht rein, so doch wenigstens in Alexias bestem Interesse sind? Zweifellos sorge ich mich mehr um ihr Wohlbefinden als ihr elender Gatte.«
Professor Lyall nickte. »Fürs Erste zumindest.« Er hielt kurz inne, dann meinte er: »Wir sollten sie davon überzeugen, dass sie London verlassen muss.«
In diesem Augenblick rauschte Lady Alexia Maccon höchstpersönlich ins Labor. »Oh, dazu ist keine Überzeugungsarbeit mehr nötig, das versichere ich Ihnen, meine Lieben. Das haben die Marienkäfer bereits erledigt. Tatsächlich ist das der Grund, warum ich Sie hergebeten habe. Nun ja, nicht wegen der Marienkäfer – wegen des Fortgehens.« Sie war eindeutig ein wenig durcheinander. Dennoch streifte sie, die Tüchtigkeit in Person, ihre Handschuhe ab und legte sie zusammen mit ihrem Retikül, ihrem Sonnenschirm und einer rotierenden rosa Hutschachtel auf einem in der Nähe stehenden Arbeitstisch ab. »Es wird höchste Zeit, dass ich einmal dem Festland einen Besuch abstatte, meinen Sie nicht auch? Ich dachte, vielleicht könnte mich der eine oder andere von Ihnen begleiten.« Sie schenkte ihnen allen ein schüchternes Lächeln und erinnerte sich dann wieder an ihre guten Manieren. »Wie geht es Ihnen, Tunstell? Guten Tag, Genevieve. Floote. Professor Lyall. Ich danke Ihnen allen, dass Sie gekommen sind! Entschuldigen Sie bitte mein spätes Erscheinen. Da waren die Marienkäfer, verstehen Sie, und danach musste ich einfach etwas Tee trinken.«
»Alexia!« Madame Lefoux klang ganz besorgt. Lady Maccons Haar war zerzaust, und der Saum ihres Kleides hatte ein oder zwei Risse. Die Erfinderin nahm Alexias Hand in ihre beiden Hände. »Geht es Ihnen gut?«
Gleichzeitig fragte Professor Lyall:
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