Entflammte Nacht
gezierten Geste auf ihre Körpermitte.
»Jawoll. Wenn so etwas schon einmal vorgekommen ist, dann werden sie Aufzeichnungen darüber haben.«
Alexia gab sich der romantischen Vorstellung hin, in Conalls Büro zu marschieren und ihm den Beweis ihrer Unschuld auf den Tisch zu knallen – ihn zu zwingen, alles zurückzunehmen, was er ihr vorgeworfen hatte.
»Und was ist mit Ihren Theorien, Monsieur Lange-Wilsdorf?«, fragte Madame Lefoux.
»Ich glaube, wenn ich das Konzept des Untotseins verwerfe, aber meine ätherische Analyse der Zusammensetzung der Seele beibehalte, könnte ich in der Lage sein, diese Schwangerschaft zu erklären.«
»Und das Prinzip des Hautkontakts?«
Der Wissenschaftler wirkte beeindruckt. »Sie sind äußerst vertraut mit meiner Arbeit, Madame. Ich dachte, Sie wären ausgebildete Ingenieurin.«
Madame Lefoux zeigte wieder ihre Grübchen. »Meine Tante ist ein Gespenst, und meine Großmutter war ebenfalls eines. Ich habe großes Interesse daran, das Prinzip überschüssiger Seele zu verstehen.«
Der fürchterliche kleine Hund kam herbei, um Alexias Knöchel anzukläffen, und begann dann, um der Beleidigung noch eins draufzusetzen, an einem ihrer Schnürsenkel zu kauen. Alexia nahm verstohlen ihre Serviette vom Schoß und ließ sie auf Poches Kopf fallen. Das Tier versuchte, rückwärts unter dem Tuch hervorzukrabbeln, jedoch ohne Erfolg.
»Sie glauben, ein Übermaß an Seele zu besitzen?« Der Deutsche bemerkte augenscheinlich nichts von der Zwangslage seines Hündchens.
Madame Lefoux nickte. »Es erscheint mir wahrscheinlich.«
Alexia fragte sich, wie das wohl sein mochte, zu wissen, dass man sein Leben wahrscheinlich als Poltergeist beendete. Sie selbst würde ohne jede Chance auf Erlösung oder Unsterblichkeit dahinscheiden. Außernatürliche hatten keine Seele, die errettet werden konnte, weder von Gott noch Geist.
»Warum streben Sie dann nicht die Unsterblichkeit an, da Sie doch nun in England leben, wo solche Gräueltaten offene Unterstützung finden?« Missbilligend verzog Herr Lange-Wilsdorf den Mund.
Die Französin zuckte mit den Schultern. »Trotz meiner bevorzugten Art mich zu kleiden bin ich immer noch eine Frau, und ich weiß, dass meine Chancen, einen Werwolfsbiss zu überleben – von einem Vampir-Aderlass ganz zu schweigen –, äußerst gering sind. Außerdem will ich nicht mit dem Großteil meiner Seele das wenige, das ich als Erfinderin an kreativen Fähigkeiten besitze, verlieren. Und ich will auch nicht von der Gunst eines Rudels oder Vampirhauses abhängig sein. Nein, danke. Und nur weil meine Verwandten Gespenster wurden, heißt das nicht notwendigerweise, dass ich ebenfalls über ein Übermaß an Seele verfüge. Letztendlich bin ich nicht besonders risikofreudig.«
Das kleine Hündchen hatte es fertiggebracht, den ganzen Tisch zu umrunden, ohne die lästige Serviette abschütteln zu können. Alexia hüstelte und klapperte mit ihrem Besteck, um zu übertönen, wie das Tier blindlings die verschiedensten Gegenstände im Zimmer anrempelte. Als es in Flootes Reichweite torkelte, bückte sich dieser und entfernte das Tuch vom Kopf des Hundes, Alexia einen tadelnden Blick zuwerfend.
Alexia war nie der Gedanke gekommen, Madame Lefoux zu fragen, aber wenn man es genau bedachte, war es tatsächlich eigenartig, dass eine Erfinderin mit ihren besonders ausgeprägten kreativen Fähigkeiten keinen übernatürlichen Gönner hatte. Die Französin pflegte gute Geschäftsbeziehungen mit dem Westminster-Haus und dem Woolsey-Rudel, aber auch Einzelgänger, Schwärmer und Tageslichtler gehörten zu ihren Kunden. Alexia hatte bisher vermutet, dass die Erfinderin die Metamorphose und eine übernatürliche Protektion aus persönlichen und nicht aus praktischen Gründen mied. Nun drängte sich ihr die Frage auf, ob sie selbst ebenfalls diesen Weg wählen würde, wäre sie mit den Möglichkeiten von Madame Lefoux geboren worden.
Der Wissenschaftler war nicht beeindruckt. »Es wäre mir lieber, Sie würden sich aus religiösen Gründen statt aus ethischen dagegenstellen, Madame Lefoux.«
»Ich denke, es ist besser, Monsieur Lange-Wilsdorf, wenn ich so handle, wie es mir und nicht Ihnen gelegen ist, nicht wahr?«
»Solange das Ergebnis nicht übernatürlich ist.«
»Also wirklich! Müssen wir uns denn beim Essen über Politik unterhalten?«, warf Alexia ein.
»Sie haben recht, weibliches Exemplar. Kehren wir mit der Unterhaltung wieder zu Ihnen zurück.« Der Blick des kleinen
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