Entflammte Nacht
den nackten, vor Wut schäumenden Alpha verließ der Diwan das Büro.
Professor Lyall besann sich auf lange Jahre der Übung im Umgang mit seinem leicht erregbaren Alpha und sagte: »Wir müssen Lord Akeldama finden!«
Dieser abrupte Themenwechsel ernüchterte Lord Maccon ein wenig. »Warum ist dieser Vampir nie in der Nähe, wenn man ihn braucht, aber immer dann, wenn man ihn absolut nich’ brauchen kann?«
»Das ist eine Art von Kunst.«
Lord Maccon seufzte. »Nun, ich kann Ihnen nich’ helfen, den Vampir zu finden, Randolph, aber ich weiß, wo der Wesir diese Sache versteckt hat, die Lord Akeldama zurückhaben möchte.«
Professor Lyall wurde hellhörig. »Hat unser Geist etwas von Bedeutung belauscht?«
»Noch besser: Unser Geist hat was gesehen. Einen Plan. Wir könnten das Objekt einfach zurückstehlen, bevor ich aufbreche und meine Frau zurückhole.«
»Sie haben mir immer noch nicht gesagt, wohin Sie Channing geschickt haben.«
»Wär möglich, dass ich zu der Zeit zu betrunken war, um mich jetzt noch daran zu erinnern.«
»Wäre möglich, aber ich glaube es nicht.«
Lord Maccon ließ Lyall einfach allein und ging sich anziehen.
»Also, wegen dieses Diebstahls …!«, rief Lyall, stets darum bemüht, die eigenen Verluste in jeder Auseinandersetzung so gering wie möglich zu halten.
»Das dürfte spaßig werden«, drang Lord Maccons Stimme aus dem kleinen Garderobenraum.
Als der Alpha wieder auftauchte, fragte sich Professor Lyall nicht zum ersten Mal, ob die von den Vampiren stark beeinflusste Herrenmode womöglich nur deshalb so kompliziert war, um auf diese Weise den Werwölfen eins auszuwischen, weil die sich ja ihrer bloßen Natur wegen oft in fürchterlicher Hast aus- und dann wieder anziehen mussten. Er selbst beherrschte diese Kunst, doch Lord Maccon würde es nie lernen.
Lyall trat um den Schreibtisch herum und brachte die schief zugeknöpfte Weste seines Alphas in Ordnung.
»Es dürfte also spaßig werden, diese Wiederbeschaffungsaktion, sagten Sie, Mylord?«
»Besonders, wenn Sie gern schwimmen.«
11
Alexia macht Bekanntschaft mit Pesto und einem geheimnisvollen Gefäß
s ollten wir nicht besser zur hiesigen Luftschiffstation gehen? Monsieur Trouve sagte doch, er würde unser Gepäck dorthin schicken lassen.« Voller Abscheu blickte Alexia an sich herab und auf das orangefarbene Rüschenkleid, das sie trug. »Ich könnte meine eigene Garderobe wirklich gut gebrauchen.«
»Sie sprechen mir aus der Seele.« Madame Lefoux fühlte sich in ihrer rosa gerüschten Version des gleichen Kleides ebenso sichtlich unwohl. »Außerdem würde ich gern ein paar Vorräte organisieren«, sagte die Erfinderin mit einem bedeutungsvollen Blick auf Alexias Sonnenschirm. »Um die notwendigen Reserven aufzufüllen, wenn Sie verstehen.«
»Natürlich.«
Es schien sich außer ihnen niemand im Korridor des Tempels aufzuhalten, doch dass Madame Lefoux solche Umschreibungen verwendete, deutete darauf hin, dass sie dennoch befürchtete, belauscht zu werden.
Sie begaben sich zum Vordereingang des Gebäudes und traten hinaus auf die kopfsteingepflasterten Straßen von Florenz.
Trotz des allgemeinen orangefarbenen Grundtones – Alexias Kleid fügte sich darin perfekt ein – war Florenz tatsächlich eine attraktive Metropole. Sie hatte etwas Weiches, Üppiges an sich, die bildliche Entsprechung dessen, was man empfand, verspeiste man ein warmes Scone mit reichlich Orangenmarmelade und Schlagsahne drauf. Die ganze Stadt war erfüllt von einem Esprit, der von einer Art innerer, köstlicher Zitrusnote herzurühren schien.
Alexia fragte sich, ob auch Städte Seele haben konnten. Florenz, so schien es ihr, hatte vermutlich besonders viel davon. Sogar ein paar kleine Stückchen bittere Orangenschale mischten sich darunter: die Wolken dichten Tabaksrauchs, die aus zahlreichen Cafés drangen, und eine Fülle von Bettlern, die auf den Kirchenstufen um Almosen baten.
Es gab keine Mietdroschken oder irgendeine andere Form von öffentlichen Verkehrsmitteln. Tatsächlich kannte die ganze Stadt anscheinend nur eine einzige Art der Fortbewegung: zu Fuß. Alexia war sehr gut zu Fuß. Auch wenn sie von ihrer Flucht durch die Berge noch leicht mitgenommen war, fühlte sie sich weiterer Leibesertüchtigung wieder gewachsen. Schließlich hatte sie drei Tage lang geschlafen.
Unerschrocken führte Floote ihre kleine Expedition an. Er kannte sich verdächtig gut in der Stadt aus und geleitete sie mit untrüglicher
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