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Entfliehen kannst du nie: Roman (German Edition)

Entfliehen kannst du nie: Roman (German Edition)

Titel: Entfliehen kannst du nie: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karim Miské
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›unangenehm gelaufen‹?«
    Germain funkelt Jean unfreundlich an.
    »Genau das, was ich sage, Lieutenant.«
    Hamelot zuckt mit keiner Wimper und wartet ab.
    »Es war die Mutter, die sich ihrem Sohn gegenüber aggressiv gezeigt hat. Hilft Ihnen das?«
    »Wir werden versuchen, das Beste daraus zu machen, Herr Doktor. Wie verhielt sich Ahmed gegenüber den anderen Patienten? War er aggressiv?«
    »Ahmed ist keiner, der andere provoziert. Andererseits lässt er sich auch nichts gefallen. Sein Aufenthalt lief alles in allem recht positiv ab. Wenn ich mich recht entsinne, gab es einmal vorübergehend Querelen mit jemandem, den er aus seinem Viertel kannte. Aber zu Handgreiflichkeiten kam es nicht.«
    »Jemand, den er aus dem Viertel kannte? Wer? Etwa Moktar?«
    Dr. Germain beißt sich auf die Lippen.
    »Hören Sie, Lieutenant Hamelot, ich habe eigentlich schon viel zu viel gesagt. Ich kann hier nicht die Krankengeschichten meiner Patienten preisgeben. Außerdem muss ich jetzt gehen. Mein nächster Patient kommt in einer Viertelstunde.«
    »Herr Doktor, es ist wirklich sehr wichtig. Hier geht es um einen entsetzlichen Mord, der sehr sorgfältig inszeniert wurde. Verbrechen dieser Art finden häufig in Serie statt. Daher bitte ich Sie, mir noch diese letzte Frage zu beantworten: Bei dem Bekannten aus dem Viertel, mit dem es Streit gab, handelt es sich um Moktar, nicht wahr?«
    Ein wenig verunsichert schaut der Psychiater Léna an, die ihn mit einem Blick beruhigt: Das hier bleibt auf jeden Fall unter uns.
    »Ja, es war Moktar. Aber jetzt muss ich wirklich gehen. Angesichts der besonderen Umstände gestatte ich Léna, Ihnen zu diesem speziellen Fall Rede und Antwort zu stehen. Sie hätte es vermutlich ohnehin getan. Auf Wiedersehen, Lieutenant.«
    »Auf Wiedersehen, Herr Doktor. Und vielen Dank.«
    Eine Viertelstunde später ist Jean zu Guinness übergegangen. Léna bleibt bei Cola-Rum.
    »Moktar war damals voll im Mystik-Rausch. Allerdings schien es eher ein bad trip zu sein. Er war stinkwütend und hatte es auf uns alle abgesehen. Außerdem sprach er ununterbrochen von Anna.«
    »Das war die verbotene Freundin.«
    »Stimmt, du kennst ja die Geschichte. Ich weiß sogar noch, wie du sie mir erzählt hast. Erinnerst du dich – wir saßen in der Rue Marcadet bei Mireille la Fine und hatten ziemlich viel Kameruner Bier intus.«
    Unwillkürlich errötet Jean. An diesen Abend hat er nicht die geringste Erinnerung. Am nächsten Morgen war er in Lénas Bett aufgewacht und hatte keine Ahnung, ob zwischen ihnen etwas gelaufen war. Mit rasenden Kopfschmerzen war er aufgestanden und auf der Suche nach einem Aspirin in die Küche geschlurft, wo Léna ausgeruht und lächelnd das Frühstück vorbereitete. Warum musste sie diese beschämende Episode unbedingt noch einmal ansprechen? Und jetzt sogar noch etwas hinzufügen?
    »Es war an dem Abend, nach dem du dich am nächsten Morgen nicht getraut hast, mich zu fragen, was in der Nacht passiert ist.«
    Mit puterrotem Gesicht versucht Jean, einigermaßen die Haltung zu bewahren.
    »Hm, ja … dieser Abend.«
    Léna strahlt ihn an.
    »Willst du es immer noch nicht wissen?«
    Jean nimmt sich zusammen und lächelt.
    »Du, Léna, noch sind wir beim dienstlichen Teil des heutigen Abends. Falls ich dir noch Fragen über die betreffende Nacht stellen möchte, verschiebe ich das zunächst mal auf später. Nach Feierabend sozusagen. Ich erinnere mich übrigens, dass du mir nie etwas über Moktars Aufenthalt in Maison-Blanche erzählen wolltest.«
    »Der dienstliche Teil des Abends …«
    Jean kann die Pünktchen am Ende des Satzes fast hören und begreift, dass er sich heute Abend nicht bis zur Bewusstlosigkeit vollschütten muss. Rachels Neckereien in Bezug auf Léna fallen ihm ein. Woher konnte sie wissen, dass es zwischen dem ehemaligen Liebespaar aus Saint-Pol-de-Léon immer noch knisterte?
    »Zurück zu Moktar.«
    »Schweigepflicht! Wenn ich jetzt anfange, den Bullen zu erzählen, wie sich unsere Patienten verhalten …«
    »Den Bullen?«
    »Du hast mich durchaus verstanden, Jean. Ich mag dich wirklich sehr, aber in unseren Berufen ist es wichtig, gewisse Regeln zu beachten. Und dazu gehört nun einmal die strikte Trennung von Beruf und Privatleben.«
    »Was soll das, Léna? Dein Chef hat dich von der Schweigepflicht entbunden. Wir sind hinter einer Mörderbande her, die offenbar irgendetwas mit Fundamentalisten und korrupten Polizisten zu tun hat. Wenn du mir also etwas über Moktar sagen

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