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Entfliehen kannst du nie: Roman (German Edition)

Entfliehen kannst du nie: Roman (German Edition)

Titel: Entfliehen kannst du nie: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karim Miské
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wirklich Zeit, dass ein Typ wie Sarkozy an die Macht kommt. Keine Arbeit, keine Kohle! Diese drei dort würden vermutlich nicht einmal ein Selbstmordattentat hinbekommen. Wozu sind sie überhaupt zu gebrauchen?
    »He, Abdelhaq! Mal im Ernst: Die Juden hintergehen uns doch, oder?«
    »Weißt du, Robert, der Prophet – Gottes Friede und Segen seien mit ihm – hat einmal gesagt, dass sie alle große Lügner sind. Inch Allah, sobald der Dawla al-islamyya wieder errichtet ist, haben sie in diesem islamischen Staat wieder den Rang der dhimmis . Ich bin aber ziemlich sicher, dass die meisten von ihnen dem Weg der Wahrheit folgen – genau wie du.«
    »Aber ich war nie Jude!«
    »Nein, Robert, natürlich nicht. Der Prophet – Gottes Friede und Segen seien mit ihm – hatte unter den Völkern, die heilige Bücher besitzen, immer eine leichte Vorliebe für die Christen. Ich wollte eigentlich nur sagen, dass du den Weg gefunden und dein Herz dem Licht geöffnet hast. Sie werden eines Tages sicher das Gleiche tun.«
    Antworten wie diese fallen ihm leicht. So hat er schon immer gedacht, so denkt er, seit ihm sein Denken bewusst geworden ist. Trotzdem kann er das Herunterleiern dieser Allgemeinplätze kaum noch ertragen. In dem Augenblick, wo er sie ausspricht, sieht er Aïssas Gesicht vor sich. »Glaubst du nicht auch, dass du mehr wert bist, Abdelhaq? Was bringt es dir, Juden, Christen und andere Spinner wachzurütteln? Würdest du etwa in den Dschihad ziehen? Würdest du dich in die Luft sprengen, um fünf irakische Soldaten und einen Bauerntölpel aus Kansas zu töten? Glaubst du ernsthaft, so etwas macht Sinn? Und sag jetzt bloß nicht, dass in dem großen Kampf jeder seinen Platz hat und dass nicht alle das Glück haben, ein Märtyrer zu werden. Ich sehe in deinen Augen, dass du nicht mehr daran glaubst. Die Jungfrauen, die Flüsse, die köstlichen Früchte und die Häuser aus goldenen Ziegeln – du wünschst dir das alles so sehr, dass du jetzt nicht mehr auf das Paradies warten willst.«
    »He, Abdelhaq, hast du von den Gummibärchen aus Haluf-Gelatine gehört? Wegen des Rinderwahnsinns? Man hat uns also die ganze Zeit absichtlich mit Schwein gefüttert! Und genau das war doch ihr Plan: Sie haben uns hergeholt, damit wir Schwein essen. Um selbst zu werden wie die Schweine. Scheiße, ich schwöre, dass ich eines Tages abhaue. Inch Allah werde ich nach Mekka oder Medina ziehen. Das schwör ich dir, Bruder!«
    » Inch Allah Brahim, inch Allah … «
    Wie lange wird er diesen Quatsch noch ertragen und darauf antworten müssen? Wie lange noch? Scheiße, Aïssa!
    In diesem Augenblick klingelt das Telefon. Mohand.
    »Kann ich kommen?«
    »Gut, dass du anrufst. Ich war so beschäftigt, dass ich unser Treffen beinahe vergessen hätte. Ich komme zu Onur, wie besprochen.«
    »Okay, dann also bei Onur. Bis gleich, ich habe es eilig.«
    »Bis gleich, Bruder.«
    Mit bedauerndem Lächeln wendet sich Abdelhaq an die drei Gläubigen. Sie sitzen oder liegen auf ihren Gebetsteppichen und tragen die vorgeschriebene Uniform: Käppchen, weißes, bis zu den Waden reichendes Kamiss, kurze Jogginghose (von Nike oder Le Coq Sportif) und Turnschuhe (der gleichen Marke). Wie können sie sich das von ihrer Stütze bloß leisten? Klar, sie geben kaum etwas aus, weil sie noch bei ihren Eltern wohnen. Verdammt, warum bin ich bloß als Araber geboren? Bei der Front National wäre ich gut aufgehoben!
    »Brüder, ich habe eine Verabredung. Es geht um einen Bruder, der auf dem richtigen Weg, aber noch nicht vollkommen bereit ist. Leider muss ich den Saal für zwei Stunden schließen. Pünktlich zum nächsten Gebet bin ich wieder da. Es findet heute um dreizehn Uhr siebenundfünfzig statt.«
    Zehn Minuten später kommt Haqiqi bei Onur an. Er lächelt den Wirt freundlich an und winkt einem jungen Mann zu, der im Gastraum vor einem Glas Tee sitzt. Mohand ist fünfundzwanzig, trägt sorgfältig gebügelte Jeans, Mokassins von Burlington und ein Lacoste-Polohemd. Gemeinsam gehen sie in den Parc de la Villette. Der Imam und sein angeblich auf dem Weg zum Glauben befindlicher Bruder schlendern inmitten vieler Spaziergänger über den Mittelweg des Parks. Vor der Grande Halle beginnt Mohand zu sprechen.
    »Warum treffen wir uns nicht wie vereinbart?«
    »Weil da drei Spinner herumsaßen, die ich einfach nicht losgeworden bin. Der Gebetssaal mutiert gerade zu einer Art Eckkneipe. Außerdem gibt es Neuigkeiten. Wir hören eine Weile auf.«
    »Wie – wir hören

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