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Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition)

Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition)

Titel: Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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werden. Das war sein unverrückbares Ziel. Und da diejenigen, die den Standesherrn in seiner Verbannung am Leben erhielten, nicht gutwillig das Feld räumten, beschloß er, sie mit Gewalt zu vertreiben. Er ließ Advokaten kommen, Schriftstücke aufsetzen und sorgte, daß immer genug Rotröcke zu seinem Schutz da waren. So mußten die braven Leute ihre Habe zusammenpacken und davonziehen, die Söhne aus dem Vaterhaus, wo sie geboren und aufgewachsen waren, wo sie als kleine Buben gespielt hatten. Und wer kam an ihre Stelle? Armseliges barfüßiges Bettelvolk. König Georg kann jetzt sehen, wie er zu seinem Pachtzins gelangt. Er wird eben mit weniger auskommen, sich die Butter dünner aufs Brot streichen müssen. Was kümmert das den roten Colin? Sein einziger Wunsch ist es, Ardshiel zu schädigen.` Wenn er dem Häuptling das Fleisch vom Teller wegreißen, wenn er den Kindern das Spielzeug aus den Händen nehmen kann, dann kehren er und sein Troß singend heim nach Glenure.«
    »Darf ich mal etwas dazu sagen?« bat ich. »Sicherlich hat die Regierung dabei die Hand im Spiel. Wenn sie weniger Pachtzins nimmt, dann ist es doch nicht die Schuld dieses Mannes. Campbell handelt gewiß auf Befehl. Und wenn Ihr diesen Colin morgen umbrächtet, was könntet Ihr dabei gewinnen? Im Handumdrehen käme ein anderer Verweser an seine Stelle.«
    »Geschlagen hast du dich brav, David, zum Kämpfen taugst du, aber sonst bist du ein hoffnungsloser Whiganhänger.«
    Er brachte das ganz freundlich heraus, aber es mischten sich doch so viel Groll und Verachtung in seine Worte, daß es mir besser schien, das Thema zu wechseln. Ich sagte ihm, daß ich es erstaunlich fände, wie er in seiner Lage nach Belieben kommen und gehen könne, obgleich es im Hochland von britischen Truppen wimmele und das ganze Gebiet wie eine belagerte Stadt verteidigt werde.
    »Das ist einfacher, als du denkst«, sagte Alan. »Das baumlose, kahle Hügelland ist ebenso leicht zu übersehen wie eine Landstraße. Wenn da irgendwo ein Posten steht, suchst du dir ganz einfach einen anderen Weg. Dabei helfen dir auch die Heidekrautbüsche, sehr sogar. Dann habe ich überall Freunde, und überall gibt es Scheunen, Heuschober und Ställe. Und außerdem, wenn es heißt, es wimmele von Truppen, dann ist das so ein Gerede. Auch ein Soldat kann nicht mehr Land hinter sich bringen, als seine Stiefelsohlen es zulassen. Ich habe schon mit Wachposten im gleichen Wasserlauf gefischt und eine fette Forelle gefangen, nur waren die Rotröcke auf der anderen Seite des Hügels. Ein andermal habe ich höchstens sechs Fuß von einem Posten entfernt im Heidekraut gesessen; dem habe ich ein munteres Liedchen abgelauscht, das er gerade vor sich hin pfiff. Es ging etwa so«, fuhr Alan fort und begann die Melodie zu pfeifen.
    »Übrigens ist es jetzt nicht mehr so schlimm wie Anno sechsundvierzig«, erzählte Alan weiter. »Das Hochland ist heute sozusagen ›befriedet‹. Kein Wunder, da von Cantyre bis Cap Wrath kein Schwert mehr aufzutreiben ist, ausgenommen die Waffen, die fürsorgliche Leute im Strohdach versteckt haben. Aber eines möchte ich wissen, David, wie lange das so gehen wird! Nicht lange, meine ich, mit Männern wie Ardshiel in der Verbannung und mit Schurken wie dem Roten Fuchs, die sich voll Wein laufen lassen und das arme Volk bedrücken. Aber es ist eine kitzlige Sache, vorherzusagen, wieviel die Menschen ertragen können; wie sollte sonst der Rote Fuchs durch das Land Appin reiten, ohne daß sich ein tapferer Bursche fände, der ihm eine Kugel in den Leib jagt.«
    Danach kam Alan ins Grübeln; lange Zeit saß er bekümmert und schweigend da.
    Ich will nur noch berichten, was ich sonst von meinem Freunde zu sagen habe. Er spielte allerlei Musikinstrumente, vornehmlich aber den Dudelsack. In seiner Muttersprache war er ein anerkannter Poet. Er hatte mehrere englische und französische Bücher gelesen und war ein ausgezeichneter Schütze, ein leidenschaftlicher Angler, ein großartiger Fechter, besonders mit dem kurzen Degen, aber auch mit seiner eigenen langen Waffe. Seine Schwächen konnte man ihm vom Gesicht ablesen, und ich kannte sie bald alle. Die schlimmste war seine kindische Neigung, sich bei dem geringsten Anlaß beleidigt zu fühlen und einen Streit vom Zaun zu brechen, die er bei mir aber stark unterdrückte. War es nun, weil ich mich selber bewährt hatte oder weil ich Zeuge seiner viel größeren Tapferkeit gewesen war, das vermag ich nicht zu sagen. Obwohl er

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