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Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition)

Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition)

Titel: Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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ist, kann ich zwar nicht zugeben, weil ich es anders ansehe, aber es ist schon recht so, und jetzt biete ich Euch ein zweites Mal die Hand.«
    Worauf er mir seine beiden Hände reichte und sagte, ich hätte ihn gewiß behext, denn mir könne er alles verzeihen. Dann wurde er sehr ernst und meinte, wir hätten keine Zeit zu vertrödeln, sondern müßten beide diesem Land entfliehen, weil er ein Deserteur sei und Appin jetzt einer Kammer gliche, in der das Unterste zuoberst gekehrt und jeder genötigt werde, ihn, Alan Breck, genau zu beschreiben, und ich müsse mit ihm fliehen, weil ich natürlich mit dem Mord in Zusammenhang gebracht werden würde.
    »Oh«, sagte ich, um ihm eine kleine Lehre zu erteilen, »ich habe keinen Grund, die Gerichte in meiner Heimat zu fürchten.«
    »Als ob hier deine Heimat wäre«, versetzte er, »als ob du hier, im Lande der Stuarts, vor Gericht gestellt werden würdest.«
    »Aber hier ist doch überall Schottland«, erwiderte ich.
    »Junge, manchmal staune ich über dich«, sagte Alan. »Ein Campbell ist getötet worden. So was kommt vors Gericht in Inverara. In der Jury werden fünfzehn Campbells sitzen und auf dem Richterstuhl der großmäuligste von ihnen – das ist ein Herzog. Mit der Gerechtigkeit, David, mit der Gerechtigkeit ist es überall auf der Welt das gleiche. Sie kommt auf das heraus, was dem Roten Fuchs vorhin auf der Landstraße begegnet ist.«
    Was Alan da sagte, erschreckte mich, wie ich gestehen muß, ein wenig, und hätte mich noch mehr erschreckt, wenn ich da schon gewußt hätte, wie nahe Alan mit seinen Prophezeiungen der Wahrheit kam. Er hat tatsächlich nur in einem Punkt übertrieben: Auf der Geschworenenbank saßen später nur elf Campbells. Da aber auch die anderen genauso abhängig von dem Herzog waren, machte das keinen Unterschied. Dennoch empörte ich mich damals laut, er sei ungerecht gegen den Herzog von Argyle, der, obwohl zur Whigpartei gehörig, ein kluger und aufrechter Edelmann sei.
    »Papperlapapp«, sagte Alan, »natürlich ist der Kerl Whiganhänger, und ich würde auch nie behaupten, daß er kein guter Anführer seines Clans ist. Was sollte der Clan auch denken, wenn ein Campbell erschossen und keiner dafür aufgeknüpft würde, wo ihr Häuptling oberster Gerichtsherr ist.«
    »Ich habe oft bemerkt«, fuhr Alan nach kurzer Pause fort, »daß die Menschen aus den Niederungen keine klare Vorstellung von Recht und Unrecht haben.«
    Darüber mußte ich nun wirklich laut lachen und war sehr erstaunt, als Alan ebenso fröhlich mit einstimmte.
    »Nein, nein, David«, sagte er, »wir sind hier im Hochland, und wenn ich dir vorschlage, Fersengeld zu geben, dann befolge meinen Rat und mache schleunigst, daß du wegkommst. Es ist gewiß hart, in der Heide zu sitzen, sich verstecken zu müssen und Hunger zu leiden, aber es ist noch viel härter, bei den Rotröcken gefesselt in einem Kerker zu liegen.«
    Ich fragte ihn, wohin wir denn fliehen sollten, und als er antwortete: »Ins Unterland«, war ich schon eher geneigt, ihm zu folgen, denn ich wurde in der Tat langsam ungeduldig. Ich wollte endlich heimkehren und meinen Oheim zur Rechenschaft ziehen. Außerdem behauptete Alan so hartnäckig, in dieser Angelegenheit gäbe es keine Gerechtigkeit, daß ich zu fürchten anfing, es könne stimmen. Von allen Todesarten wünschte ich mir aber den Galgen am allerwenigsten. Ich stellte mir diese unheimliche Einrichtung mit ungewöhnlicher Deutlichkeit vor – einmal hatte ich bei einer sogenannten Moritat ein Bild davon gesehen. Jedenfalls benahm mir diese Vorstellung die Lust, mit irgendwelchen Gerichtshöfen Bekanntschaft zu machen.
    »Wir müssen es auf alle Fälle versuchen, Alan«, sagte ich. »Ich gehe mit Euch.«
    Er schwieg eine Weile, dann erwiderte er: »Sei dir aber klar, es ist keine Kleinigkeit. Du wirst manche Nacht auf dem kahlen Erdboden schlafen müssen. Du wirst oft einen leeren Magen haben. Dein Nachtquartier wird nicht besser sein als das des Moorhuhns. Du wirst ein Leben führen wie ein gehetztes Wild. Du wirst im Schlaf den Dolch nicht aus der Hand legen können. Junge, dir werden mehr als einmal die Knie wanken, ehe wir am Ziel sind. Ich sage dir das, bevor wir aufbrechen, denn ich kenne dieses Leben zur Genüge. Wenn du mich aber fragst, ob wir eine andere Möglichkeit haben, muß ich dir sagen: Nein. Du mußt entweder mit mir durch die Heide ziehen oder am Galgen baumeln.«
    »Dann ist die Wahl nicht schwer«, sagte ich und gab ihm die Hand

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