Entfuehrung nach Gretna Green
verunsicherte. „Allerdings frage ich mich, wie es mir hätte gelingen sollen, die Dinge noch schlimmer zu machen?“
Venetia hasste es, wenn Gregor recht hatte. Sie zwang sich, ihre Aufmerksamkeit wieder Ravenscroft zuzuwenden. „Sie können es ebenso gut gleich hinter sich bringen. Lord MacLean wird nicht gehen, bevor Sie alles gestanden haben.“ Ravenscroft warf Gregor einen grollenden Blick zu, während dieser die Hände hochwarf und lachend erklärte: „Sehen Sie mich nicht so an! Ich bin nicht derjenige, der jeden Mann in Hörweite zum Duell drängen will.“
Es war nicht leicht für Venetia, Gregor zu ignorieren, der sich jetzt lässig auf seinem Stuhl zurücklehnte, seine Stiefel auf dem Teppich weit von sich streckte und es damit für alle Anwesenden schwierig machte, sich im Zimmer zu bewegen. In seiner nassen Kleidung, das schwarze Haar von der Feuchtigkeit ein wenig lockig, die grünen Augen vor Vergnügen funkelnd, war er verführerisch gut aussehend. Sogar die Narbe auf seiner linken Wange wirkte attraktiv und geheimnisvoll und wies auf verborgene Gefahren hin.
„Nun, Ravenscroft?“ Mit hochgezogenen Brauen betrachtete Gregor den jungen Mann. „Wollen Sie Miss Venetia von Ihrer Notlage erzählen? Oder soll ich es tun?“
„Oh, ich werde es ihr sagen“, erwiderte Ravenscroft mit so mürrischer Stimme, dass Venetia fast die Geduld verlor. „Zuallererst, Miss Oglivie, müssen Sie wissen, dass, ganz egal, worum es sonst noch geht, egal worum, ich hier bin, weil ich Sie wie verrückt liebe.“
„Und?“, drängte ihn Gregor.
„Und ich muss das Land wegen eines Duells verlassen, zu dem ich nicht erschienen bin.“
Venetia blinzelte verwirrt. „Wie bitte?“
Unter der großzügigen Polsterung sackten Ravenscrofts Schultern nach unten. „Folgendes ist passiert ... Es war nicht meine Schuld, doch vergangene Woche spielten Lord Ulster und ich bei White’s Karten. Er beschuldigte mich, geschummelt zu haben, und ich ..."
„Haben Sie betrogen?“, unterbrach ihn Gregor barsch. „Nein“, erwiderte Ravenscroft in scharfem Ton. „Mir fiel eine Karte auf den Boden. Ohne nachzudenken, bückte ich mich danach, und Ulster hatte die ... die Stirn zu behaupten, ich würde nicht ehrlich spielen!“
Erneut gingen Gregors Brauen in die Höhe. „Mitten im Spiel hoben Sie eine Karte vom Boden auf?“
„Nun ja! Ich hatte sie fallen lassen, ohne es zu bemerken, und ich weiß, ich hätte sie nicht aufheben sollen, aber "es war eine Königin, die ich besonders benötigte ... was nicht heißt, dass ich es noch einmal tun würde ...“
„Zur Hölle.“ Als Gregor Venetia ansah, schimmerten seine Augen vor Vergnügen. „Willst du diesen Dummkopf wirklich heiraten?“
Ravenscroft ballte die Hände zu Fäusten, und sein Gesicht wurde dunkelrot.
„Ich habe nie gesagt, dass ich irgendjemanden heiraten will, MacLean“, erklärte Venetia, ohne auf Ravenscroft zu achten. „Ich sagte lediglich, Ravenscroft habe sich wie ein Gentleman verhalten. Jedenfalls war es mir so vorgekommen.“
„Es macht Spaß, ihn zu beobachten“, stellte Gregor nachdenklich fest, während er Ravenscroft ansah. „Es ist fast, als hätte man einen zahmen Affen.“
„Mylord!“ Mit vor Wut blitzenden Augen machte Ravenscroft einen Schritt nach vorn.
„Setzen Sie sich hin“, befahl ihm Gregor gelangweilt. „Mylord, ich kann Ihnen nicht erlauben, mich ...“
„ Hinsetzen!“ Dieses Mal donnerte Gregors Stimme durch den Raum, und seine Augen hatten das dunkle Grün des wilden, aufgewühlten Meeres. Draußen tobte wie ein Echo der Sturm.
Entsetzt verzog Ravenscroft das Gesicht und fiel mit einem Plumps auf seinen Stuhl.
Venetia fühlte ihren Herzschlag bis in die Kehle. Gregor wurde selten wütend. Die Gelegenheiten, bei denen er in den vielen Jahren, die sie nun befreundet waren, die Beherrschung verloren hatte, konnte sie an den Fingern einer Hand abzählen.
Und nun war er wütend auf sie, etwas, wovon sie niemals gedacht hatte, dass es geschehen könnte, und es erschütterte sie auf eine Weise, die sie nicht für möglich gehalten hätte. Es ist nur Gregor, sagte sie sich und gab sich Mühe, ruhig und gleichmäßig zu atmen, in der Hoffnung, ihr wild pochendes Herz würde dadurch ebenfalls ruhiger werden. Ich kenne ihn schon seit einer Ewigkeit. Doch aus irgendeinem Grund beruhigte dieser Gedanke sie nicht, wie es früher vielleicht gewesen wäre.
Sie verschlang ihre Hände miteinander. „Ich bitte Sie, Ravenscroft,
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