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Entfuehrung nach Gretna Green

Titel: Entfuehrung nach Gretna Green Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Hawkins
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Blick, den er Ravenscroft zuwarf, war voll kaltem Zorn und hätte den jungen Lord in größte Unruhe und Angst versetzen sollen. Aber Ravenscroft, ganz der sorglose Lebemann, bemerkte weder den Tadel in dem funkelnden Blick, der in seine Richtung ging, noch die schmallippige Aufmerksamkeit, die ihm zuteil wurde. Alles, was er sah, war ein Bekannter mit besten Verbindungen, der gekommen war, um ihn und Venetia zu retten.
    „Ravenscroft, Sie verdammter Dummkopf“, wandte sich Gregor in strengem Ton an ihn.
    Venetias Freude, Gregor zu sehen, ließ schlagartig nach. Sie hatte angenommen, seine Ankunft würde eine Verbesserung ihrer Lage bedeuten, weil nun ein vertrauter Freund da war, dessen umsichtiges Wesen ihren helfen würde, sich aus ihrer misslichen Lage zu befreien. Stattdessen sah Gregor sie und Ravenscroft an, als wären sie kaum so viel wert wie der Dreck unter seinen Stiefeln.
    Diese Erkenntnis war fast zu viel für sie. Von einer Sekunde auf die andere war sie todmüde, und plötzlich wurde ihr auch bewusst, wie wund ihr Körper sich von dem Sturz aus der Kutsche anfühlte. Sie lehnte sich gegen die Fensterbank und rieb ihre Arme, um die Kälte daraus zu vertreiben, während in ihren Augen Tränen brannten.
    Mit zusammengepressten Lippen kämpfte sie gegen die ungewohnten Gefühle an. Du lieber Himmel, sie war keine zimperliche alte Jungfer, die anfing zu weinen, nur weil Gregor nicht sonderlich erfreut zu sein schien, sie zu sehen. Wütend richtete sie sich kerzengerade auf. Warum hatte der Holzkopf sich nicht einmal die Mühe gemacht zu fragen, wie es ihr ging? Hatte er denn überhaupt keine Manieren?
    Mit vorgeschobenem Kinn wischte sie sich über die Augen und warf Gregor einen kühlen Blick zu. „Wir freuen uns auch, dich zu sehen, MacLean. Ich gehe davon aus, du hattest eine angenehme Reise von London hierher. “
    Er schenkte ihr kaum einen Seitenblick, seine Aufmerksamkeit galt weiterhin seinem ursprünglichen Opfer. „Nun, Ravenscroft? Haben Sie gar nichts zu der Sache zu sagen?“ Ravenscroft ließ seine ausgestreckte Hand fallen, der freudige Ausdruck verschwand von seinem Gesicht. „Lord MacLean! Ich weiß nicht... Was meinen Sie mit ... Wie können Sie ...“ „Setzten Sie sich, Sie Schoßhündchen.“
    Der jüngere Lord erstarrte und stieß hervor: „Ich habe nicht ganz verstanden?“
    „Sie haben mich sehr genau verstanden. Setzen Sie sich und lassen Sie mich nachdenken. Ich bin gekommen, um herauszufinden, was man tun kann, um Sie beide aus diesem Schlamassel zu retten. Wenn ich schon allein an die Dummheit denke, die dazugehört hat, dass Sie mit Ihrer Kutsche gestrandet sind.“
    Ravenscrofts Wangen brannten noch röter als zuvor. „Das war ein Unfall.“
    „Es war schlicht und ergreifend dumm von Ihnen, bei diesem Wetter weiterzufahren. Und noch dazu die Pferde anzutreiben.“ Plötzlich richtete sich Gregors Blick auf Venetia. „Ich hätte gedacht, du zumindest wüsstest es besser.“
    Venetia erstarrte. Verärgert stellte sie fest, dass das überle-gene Glitzern in seinen Augen ihre Nackenhaare dazu brachte, sich noch mehr aufzurichten. „Ich habe mich dagegen ausgesprochen, mit einer derart gefährlichen Geschwindigkeit zu reisen. Und ich habe gebeten anzuhalten, als das Wetter immer schlechter wurde.“
    „Das stimmt“, warf Ravenscroft ein. „Sie war gegen die ganze Sache.“
    Gregor zog eine seiner Augenbrauen hoch. „Dann haben Sie Miss Oglivie nicht nur entführt, Sie haben sie auch in Lebensgefahr gebracht, indem Sie nicht auf ihren Rat gehört haben.“ Ravenscroft ballte seine herunterhängenden Hände.
    In diesem Moment fiel Venetia auf, dass auch ihre eigenen Hände sich zu Fäusten verkrampft hatten. Warum nur, warum hatte sie geglaubt, Gregors Anwesenheit würde eine Hilfe sein?
    „Es besteht keine Notwendigkeit für Ihr Eingreifen“, stieß Ravenscroft hervor. „Miss Oglivie und ich sind in keinerlei Schwierigkeiten. Im Gegenteil“, energisch schob er sein Kinn vor, „uns geht es sehr gut.“
    Er warf Venetia einen flehenden Blick zu. Fast wäre sie beim Anblick von Ravenscrofts Verzweiflung zusammengezuckt, denn sie verstand sie vollkommen. Viele Jahre lang war sie Zeugin gewesen, wie Gregor mit seinem unerbittlichen grünen Blick unverschämte Diener, sich einmischende Mütter, dreiste Mitgiftjäger und aufdringliche Modehändler in Salzsäulen verwandelt hatte. Aber nicht ein einziges Mal in all den Jahren ihrer Freundschaft hatte er ihr einen solchen

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