Entfuehrung nach Gretna Green
ein Dummkopf, wenn Sie glauben, Venetia ließe sich von romantischem Getue beeindrucken. Sie ist nicht wie andere Frauen. Sie war noch nie so.“
„Sie is’ anders, das weiß ich sehr wohl. Aber das heißt nich’, dass sie keine hübschen Dinge mag. Frauen sind sehr empfänglich für Dinge wie Blumen und Gedichte und ..."
„Nicht jede Frau nimmt solche Sachen so furchtbar wichtig.“
„Das tun sie sehr wohl“, beharrte Ravenscroft. „Fragen Sie Chambers.“
Als Gregor sich seinem Reitknecht zuwandte, nickte dieser.
„Es tut mir leid, Mylord, aber in diesem Punkt hat der Mann recht. Frauen finden solchen Sachen unglaublich wichtig - viel wichtiger, als Sie sich vorstellen können.“
„Manche Frauen. Aber nicht Venetia“, verkündete Gregor mit finsterem Blick.
Ravenscroft legte den Kopf auf die Seite und hielt sich dabei krampfhaft an seinem Fass fest, als hätte er Angst, es könnte ihn im nächsten Moment abwerfen. „Warum sollt’ sie so etwas nich’ mögen, wenn andere Frauen es doch mögen? Was unterscheidet sie so sehr von den anderen?“
„Sie ist eben anders“, behauptete Gregor. „Sie kennen Venetia nicht so gut, wie ich sie kenne.“
Ganz hinten in Gregors Kopf meldete sich ein leises Stimmchen, welches ihm zuflüsterte, dass auch er Venetia längst nicht so gut kannte, wie er es sich eingebildet hatte. Ihre Reaktion heute Morgen war Beweis genug.
Bei der Erinnerung an die Szene zwischen Venetia und ihm hatte er plötzlich das Gefühl, einen Stein in seiner Brust mit sich herumzutragen, und er stürzte den Rest seines Grogs mit einem einzigen Zug hinunter, um den bitteren Nachgeschmack fortzuspülen.
Aber in Ravenscrofts Augen war eine verdammte Sicherheit. Was, wenn ... was, wenn Ravenscroft recht hatte? Was, wenn Venetia solche Kinkerlitzchen wie Gedichte und Blumen mochte? War es möglich, dass er sie so falsch einschätzte?
Das war unvorstellbar.
Chambers kratzte sich an der Nase. „Ich nehme an, es ist möglich, dass Miss Oglivie ein bisschen anders ist als andere Frauen. Sie ist eine unerschrockene Reiterin, und ich habe noch nie erlebt, dass sie einen Weinkrampf bekam oder sich so schrecklich aufgeregt hat, wie andere Frauen das tun. Obwohl ihre Mutter ...“ Chambers erschauderte.
„Genau“, stimmte Gregor ihm zu. „Venetia hat oft genug miterlebt, was die Folgen eines so dummen Verhaltens sind, und deshalb ist sie immun dagegen.“ Er griff nach dem Schürhaken, öffnete damit die Ofentür und warf ein großes Holzscheit ins Feuer.
Als er sich wieder umdrehte, stellte er fest, dass Ravenscroft ihn mit zorniger Miene anstarrte. „Was tun Sie da, verdammt noch mal?“, erkundigte sich der junge Lord mit gepresster Stimme.
„Ich habe Holz nachgelegt. Das Feuer war schon fast ausgegangen.“
„Sie sorgen dafür, dass es hier wärmer wird.“ Ravenscroft wandte sich Chambers zu. „Das is’ ungerecht. Ich verlange eine neue Wette! Er hat gerade dafür gesorgt, dass es hier drinnen wärmer wird.“
Chambers warf einige Gewürznelken in den vor sich hin siedenden Grogtopf. „Genau. Das hat er getan. Und es war eine gute Idee, denn mir wurde langsam kalt.“
„Aber nun wird der Eiszapfen schneller schmelzen! “ „Vielleicht.“
„Deshalb verlange ich ’ne neue Wette!“
„Nein.“
„Warum nich’?“
„Als Lord MacLean hier hereingekommen ist, musste er die Tür öffnen, und dadurch ist es kühler geworden. Also gleicht es die Sache nur aus, wenn es jetzt wieder ein bisschen wärmer wird.“
„Oh.“ Vor lauter Anstrengung, sich vorzustellen, was Chambers ihm soeben erklärte hatte, schielte Ravenscroft. „Ich verstehe, was Sie meinen“, erklärte er schließlich. Als sein Blick sich mit Gregors kreuzte, fügte er hinzu: „Ich glaub, ich bin Ihnen nich’ böse. Außer natürlich für die Dinge, die Sie über Venetia gesagt haben.“
„Alles, was ich gesagt habe, ist, dass sie anders ist.“
„Früher habe ich das auch geglaubt, aber jetzt ...“ Ravenscroft runzelte die Stirn. „In letzter Zeit dämmerte es mir, dass sie vielleicht nur den Anschein erweckt, anders zu sein, weil sie nich’ weiß, dass sie wie alle anderen Frauen is’.“
Verblüfft starrte Gregor den jüngeren Mann an. „Was zur Hölle soll denn das bedeuten?“
Ravenscroft errötete. „Es bedeutet, dass sie, wie jede andere
Frau auch, von ’nem Mann einfach nur erobert werden will. Sie weiß es nur einfach nich’.“
„Wie kommen Sie denn auf so einen
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