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Entfuehrung nach Gretna Green

Titel: Entfuehrung nach Gretna Green Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Hawkins
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Winkel unseres Herzens nieder. Ihr wisst vielleicht nicht einmal, dass sie da ist, bis jemand euer Herz berührt und sie weckt...
    ...so sprach die alte Heilerin Nora von Loch Lomond in einer kalten Nacht zu ihren drei jungen Enkelinnen.
    Venetia genoss die wunderbare Ruhe im Gastraum, den
    sie im Augenblick für sich allein hatte. Mrs. Bloom
    hatte Miss Platt in ihr Zimmer beordert, wo es wieder einmal Näharbeiten zu erledigen gab, und Elisabeth hatte beschlossen, nach oben zu gehen und dort einen Roman zu lesen.
    Daraufhin war Venetia mit ihrem eigenen Buch unten geblieben. Es handelte sich um ein bildendes Werk, in dem es um den Fall des Römischen Reiches ging. Pflichtbewusst ließ sie sich auf einem Stuhl nieder und schlug ihre Lektüre auf.
    Sie hatte Gregor nicht mehr gesehen, seit er so aufgebracht das Haus verlassen hatte, und Ravenscroft war seit dem Frühstück verschwunden. Die Stimme des Squires war irgendwo im Haus zu hören, aber sie wusste nicht genau, wo er sich aufhielt; vielleicht war er mit Mr. Treadwell im Weinkeller. Der Squire hatte mehrere Mal die Qualität des Brandys gelobt, der im Gasthaus ausgeschenkt wurde.
    Venetia blätterte um und betrachtete das Bild zweier Frauen neben einem Marmorbecken, das auf der nächsten Seite abgedruckt war. Die hochmütig dreinblickende Matrone, die auf einem Sofa ruhte, erinnerte Venetia an Mrs. Bloom. Bei diesem Gedanken runzelte sie die Stirn. Am Morgen, als sich Miss Higganbotham wieder einmal über die Kälte beklagt hatte, war Mrs. Bloom hinauf in ihr Zimmer gegangen und hatte für Elisabeth einen kostbaren, pelzgefütterten Umhang geholt. Das Mädchen hatte vor Entzücken gequiekt und Mrs. Bloom impulsiv umarmt, wobei diese höchst unbehaglich ausgesehen hatte, als wäre ihr der Dank peinlich. Venetia war angesichts der Großzügigkeit der älteren Frau höchst überrascht gewesen, doch erstaunlicherweise schien Miss Platt an dem Geschenk nichts Ungewöhnliches zu finden, sondern erklärte, das sei Mrs. Blooms Art.
    Venetia streckte die Füße in Richtung des Kamins aus und genoss die behagliche Wärme, die durch ihre Schuhe drang und an ihren Beinen heraufkroch. Als sie sich dabei ertappte, wie sie darüber nachdachte, wo Gregor sich in diesem Moment wohl aufhielt, rief sie sich sofort zur Ordnung und verdrängte die Frage aus ihren Gedanken.
    Es war zu dumm, dass sie sich nicht für Ravenscroft erwärmen konnte. Obwohl er nicht gerade ihren Vorstellungen eines idealen Mannes entsprach, wusste man bei ihm doch immer, woran man war. Er hielt mit seinen Gefühlen nicht hinter dem Berg: eine angenehme Abwechslung im Vergleich zu bestimmten Männern, die sie kannte.
    Gregor dagegen war ein Mann voller Geheimnisse, fähig zu großen Gefühlen, die er jedoch niemals auch nur andeutungsweise zeigte. Immerhin konnte er wütend werden und verbarg seine Wut dann auch nicht, aber niemals zuvor hatte er so viel Zorn gezeigt wie in der vergangenen Woche.
    Mit gerunzelter Stirn dachte Venetia darüber nach, ob sie einander jemals wieder anlächeln würden, ohne sich zu fragen, was genau dieses Lächeln wohl zu bedeuten hatte.
    Ihre Hände umklammerten das Buch auf ihrem Schoß. Wie hatte er nur vorschlagen können, dass sie ihre Leidenschaft erforschten, als ginge es um irgendein bedeutungsloses Experiment? Dieser Gedanke brachte ihr Blut zum Kochen. Wie gut, dass ihre Stimmungen das Wetter nicht beeinflussten, denn sonst hätte es in diesem Augenblick einen furchtbaren Sturm gegeben.
    Sie sah aus dem Fenster. Es klarte auf, und der Wind trieb die großen, wattigen Wolken auseinander, hinter denen sich ein reingewaschener blauer Himmel zeigte. Nur noch einige wenige Böen beugten die Äste der Bäume zu Boden. Bei diesem Anblick musste sie an den Spaziergang im Wald denken, den sie mit Gregor unternommen hatte, und an den Küss, der immer noch auf ihren Lippen zu brennen schien. In einem Moment hatten sie sich noch gestritten, und im nächsten Moment hatten sie einander plötzlich leidenschaftlich umarmt. Es war himmlisch gewesen. Und außerdem höchst verwirrend.
    Um sich zu beruhigen, atmete Venetia tief durch und öffnete dann wieder die Augen. Das Buch auf ihrem Schoß hatte sie längst vergessen, viel zu sehr war sie damit beschäftigt, darüber nachzudenken, wie sie einigermaßen heil aus dieser verworrenen Geschichte herauskam. Trotz der Gefühle, die sie jedes Mal überrollten, wenn er in ihrer Nähe war, musste sie bei klarem Verstand bleiben. Bei der

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